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Illustrations by Sarah
Teseo La Marca
Veröffentlicht
am 06.08.2015
MeinungKommentar zur Einwanderung

Wo ist der Nutzen?

Zu viele Flüchtlinge oder zu wenige: Es ist an der Zeit, das Problem der Einwanderung einmal aus rein ökonomischer Sicht zu betrachten.
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Auf der einen Seite diese als „Gutmenschen“ Betitelten, die in lederbesetzter Kleidung zu mehr Empathie und Humanität aufrufen und die nicht zögern, jeder feinfühligen Argumentation der Gegner mit einer noch subtiler argumentierten Antwort („Sie sind ein Nazi!“) zu begegnen; auf der anderen Seite hingegen jene selbsternannten „Asylskeptiker“, die um ihr schönes Vaterland große Angst und Sorge haben und die letztendlich vor lauter Heimatliebe die Heime anderer anzünden.
Der Diskurs ist sichtlich dominiert von Emotionen, zwischen beiden Fronten trifft in jedem Wortgefecht Gefühl auf Gefühl. Ich finde: das führt nirgendwo hin. Vielleicht sollte man die ganze Geschichte einmal vom rein ökonomischen Standpunkt aus betrachten. Schließlich ist Geld beziehungsweise der Nutzen im Gegensatz zu Patriotismus oder Mitgefühl ein Konzept, das der Pegida-Anhänger genauso gut wie der militante Antifa-Vertreter versteht.

Als Student der Volkswirtschaft kann ich es mir oft nur schwer verwehren, verschiedenste Fragen menschlichen Handelns als Nutzenmaximierungsprobleme zu betrachten. Wenn es um Moral geht, ist dieser mathematische Denkansatz sehr negativ besetzt. Zu Unrecht. Aber zugegeben: Auch jetzt wieder, angesichts des gestrigen Bootsunglücks, mag eine solche Herangehensweise zynisch klingen: Von dieser Debatte, die hier weiter auf dem Trockenen geführt wird, haben die mehreren hundert ertrunkenen Menschen ohnehin nichts mehr – sie treiben noch irgendwo in den Fluten, wahrscheinlich schon so tot wie ihre Hoffnungen und Pläne, aufgrund derer sie diese Reise ins Ungewisse wagten. Die ökonomische Frage nach dem Nutzen ist aber notwendig, vielleicht gerade deshalb, um dem Phänomen der Einwanderung anders begegnen zu können, und um weitere solche Mittelmeertragödien künftig zu verhindern.

Ein Nutzenmaximierungsproblem

Die Frage klingt auch anders, wenn man sie nicht in ihrer gewohnten Form stellt: „Was bringt UNS Migration?“ Oft wird die Frage so gestellt, und dann bekommt man von einigen Studien zu hören, dass wir Einwanderung brauchen, um die demographische Struktur unserer Gesellschaft langfristig zu stabilisieren; andere Studien wiederum belegen mit Zahlen, dass jeder Migrant für unsere Staaten immer noch ein Verlustgeschäft darstellt. Das Ergebnis ist letztlich egal, denn jede dieser Studien geht am Kern der Sache vorbei, wenn nur der europäische Nutzen berücksichtigt wird. Die Frage muss lauten: Was bringt Migration, schlicht und allgemein?

Auch in den wichtigen Fragen der Volkswirtschaftslehre geht es darum, den Gesamtnutzen zu optimieren. Nie darf es nur darum gehen, den Nutzen eines einzelnen Individuums oder einer bestimmten Gruppe von Individuen zu optimieren, wenn dabei eine andere Gruppe vernachlässigt oder gar benachteiligt wird. Wenn wir das Konzept der Gesamtnutzenmaximierung also einführen in die Frage „Was bringt Migration?“, dann haben wir eine sehr einfache Nutzengleichung: Auf der einen Seite steht der Nutzen des Flüchtlings, Krieg, Perspektivlosigkeit und Armut hinter sich gelassen zu haben und die Chance entgegenzunehmen, ein neues Leben anzufangen. Auf der anderen Seite steht der negative Nutzen, also der Schaden des Europäers, einen weiteren Einwanderer als Nachbarn aufzunehmen und gegebenenfalls seine Andersartigkeit tolerieren zu müssen (manchen fällt das ja anscheinend ziemlich schwer).

Wenn nun in dieser Gleichung der Nachteil, der dadurch entsteht, den Flüchtling aufzunehmen, für alle Beteiligten größer ist, als der Vorteil, dann ist weitere Einwanderung nicht mehr sinnvoll. Aber ist dieser Nachteil bereits so groß?

Einfache Mathematik

Ohne auf genaue Fakten und Zahlen einzugehen (diese Aufgabe kann eine wissenschaftliche Studie übernehmen), ist davon auszugehen, dass wir noch weit davon entfernt sind, von Einwanderern so überflutet zu sein, als dass der Schaden durch einen weiteren Flüchtling den Nutzen des Flüchtlings (und auch den seiner Umgebung) in der Gleichung übersteigt. Und solange dies der Fall ist, ist Migration in ökonomischer Hinsicht definitiv sinnvoll!

Zu diesem Schluss kann man also offensichtlich auch ohne das Einsetzen von Mitgefühl und Toleranz, sondern durch einfaches mathematisch-ökonomisches Verständnis gelangen. Insofern auch der „Asylskeptiker“ über ein solches verfügt, müsste er daher zum selben Schluss kommen. Wenn nicht, kann das eigentlich nur noch an der Geringachtung des Gesamtnutzens zugunsten des ganz eigenen Nutzens, also an simplem Egoismus liegen, und der lässt sich auch durch keine schönen Worte mehr verdecken (Heimatliebe und Sorge ums Vaterland am Ar***).

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