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„Abbiamo un problema“, so der italienische Landesrat für Bildung und Vize-Landeshauptmann Marco Galateo in seinem Facebook-Post vom 10. Mai. Ja, wo liegt denn das Problem, Herr Landesrat?
Einst waren es die gefährlichen Künstler:innen und Kulturschaffenden mit ihrem bitterbösen Brief vom Dezember 2023, in dem sie ihren Unmut kundtaten, weil sie sich aufgrund der damaligen Koalitionsverhandlungen zwischen SVP und Fratelli d’Italia um die Demokratie sorgten. Und nun? Nun gibt es eine neue invasive Bedrohung für die Menschheit: eine Lehrerin, die auf Facebook offen ihren Unmut über Galateos Arbeit geäußert hat. Die sagte, er sei eine Schande und ein Faschist des dritten Jahrtausends, wie seine Freunde von CasaPound. Die sagte, sie schäme sich für ihn. Die sagte, er repräsentiere die Lehrkräfte in keinster Weise.
Na hoppla, wie konnte eine Bürgerin nur ungefragt Gebrauch von ihrer Meinungsfreiheit machen? Dabei lässt Galateo doch selbst alle seine Äußerungen und Handlungen unter den Deckel der Meinungsfreiheit laufen. Dass er am 10. Februar dieses Jahres bei einer CasaPound-Demo mitgelaufen ist und er immer wieder mehr oder weniger subtile Drohungen äußert? Ach das. Ma nooo, non c’è problema. Tutto a posto.
Otscho, liebe Südtiroler:innen: Die demokratischen Grundrechte gefallen offensichtlich nicht jedem.
Nun denn: Das große Problem für das Mitglied der Fratelli d’Italia ist aktuell eine Lehrerin, die Galateo in seiner Funktion als Landesrat für Bildung eher – na sagen wir mal – etwas fehl am Platz findet. Tut ihm sicherlich weh – das muss man doch verstehen! Und außerdem: Ein gestandener Mann aus der Politik darf doch wohl noch einschüchtern, wenn jemand nicht seiner Meinung ist. Er darf doch wohl androhen, finanzielle Mittel zu streichen, weil manch einem sein nächtlicher Spaziergang mit den rechten Fackelträgern sauer aufstößt. Und: Er wird wohl noch ordentlich die Kolleg:innen beleidigen dürfen – den Grünen-Kollegen Zeno Oberkofler nämlich als maleducato und ignorant –, denn das macht man im Kindergarten, pardon im Landtag wohl so. Herr Galateo hat – so scheint es – einen guten Draht zu Anwälten, so liest es sich halt zwischen den Zeilen. Otscho, liebe Südtiroler:innen: Die demokratischen Grundrechte gefallen offensichtlich nicht jedem.
Diese erneute öffentliche Androhung – dieses Mal gegenüber einer Lehrperson – ist unser Aufreger des Monats Mai. Bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht die nächsten auf Galateos Liste sind. Aber wie die Grünen den jüngsten Vorfall so treffend kommentiert haben: „Institutionen sind kein Sprachrohr zur Einschüchterung von Andersdenkenden.“ Hoffentlich müssen sie für diese Aussage (und wir für diesen Kommentar) nicht beim nächsten Fackelzug durch Bozen vorher den roten Teppich ausrollen. Als Strafe, falls das mit den Anwälten nicht klappt.
Aber zumindest bei einer Sache stimmen wir Herrn Galateo zu: Abbiamo un problema. Und zwar ein gewaltiges.
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