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Illustrations by Sarah
Wolfgang Mayr
Veröffentlicht
am 09.03.2023
MeinungKommentar

Bomben trotz Erdbeben

Die Erdogan-Türkei lässt in Nord-Syrien kurdische Dörfer bombardieren und unterbindet Erdbebenhilfe für die alevitischen Gemeinden in der Türkei.
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Sido Kamal
Sido Kamal, Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)

Zwei Tage nach dem Erdbeben bombardierte die türkische Luftwaffe kurdisch kontrollierte Gebiete in Nordsyrien. Betroffen waren kurdische Vertriebene aus der von der türkischen Armee besetzten kurdischen Enklave Afrin. Der Islamist Erdogan setzt auch in einer Katastrophe seinen antikurdischen Krieg fort. Und die NATO schweigt, peinlich.

Die islamistische Türkei hält auch weiterhin an ihrer Blockade Nordsyriens fest. Deshalb gibt es kaum westliche Hilfe für die Erdbebenopfer, die sich selbst überlassen sind. Gleichwohl ist die türkisch abgeschottete Grenze zu Syrien durchlässig, für von der Türkei protegierten islamistische Killer. „Aus Rücksicht auf den Nato-Partner Türkei hat auch die deutsche Bundesregierung keine humanitäre Hilfe an die von Kurden besiedelten Gebiete zugelassen“, kritisiert Kamal Sido von der Gesellschaft für bedrohte Völker den deutschen Kniefall vor Erdogan.

Sido fordert die Öffnung aller Grenzübergänge aus der Türkei nach Nordsyrien. Hilfsorganisationen, Medienschaffende und unabhängige Beobachtungsmissionen müssten uneingeschränkten Zugang zu allen Betroffenen im Katastrophengebiet bekommen. Laut Sido beschlagnahmte die türkische Besatzungsmacht und ihre Söldner in der ehemaligen kurdischen Großstadt Efrin in Nord-Syrien Hilfsgüter für kurdisch kontrollierte Gebiete.

„Trotz islamistischer Besatzung und Erdbeben wollen viele Menschen in ihrer Heimat bleiben.”

„Trotz islamistischer Besatzung und Erdbeben wollen viele Menschen in ihrer Heimat bleiben. Sie wollen ihr Land nicht der Türkei und ihren islamistischen Söldnern überlassen. Ihnen direkt in Nordsyrien zu helfen, wäre auch für Deutschland einfacher und finanziell günstiger“, ist Sido überzeugt. Oder verfolgt Erdogan den perfiden Plan, Nordsyrien von der kurdischen Nation zu säubern, sie aus dem Land zu drängen?

Der türkische Kriegspräsident, Islamist und Protege einer durch und durch korrupten Bauwirtschaft sorgt auch dafür, dass es in der Türkei trotz Erdbebens ethnische Diskriminierung gibt. So beklagen alevitische Gemeinden in Pazarcik und Elbistan im Südosten der Türkei systematische Diskriminierung bei Hilfsgütern, Nothilfen und der Bergung von Erdbebenopfern.

Alevitisch-kurdische Quellen und die Kurdische Gemeinde in Deutschland zitieren Augenzeugen, wonach der staatliche türkische Katastrophenschutz insbesondere die alevitischen Dörfer um Pazarcik erst Tage nach dem Erbeben aufgesucht hat. Die Dörfer, in denen Menschen noch in den Trümmern lagen, wurden systematisch ignoriert. Zivile Hilfen werden behindert, die türkische Regierung nutzt offensichtlich die Katastrophe, um Minderheiten im Land auszulöschen.

In der alevitischen Gemeinde in Pazarcik hat der Gouverneur von Maraş (Kahramanmaraş) Helfende dazu aufgefordert, ihre Arbeit zu beenden und Hilfsgüter beschlagnahmt. Ein staatlicher Verwalter soll nun die Verteilung organisieren. Diese Hilfsgüter sind Spenden alevitischer Exil-Gemeinde aus Deutschland. Also Raub und Diebstahl.

In einem Offenen Brief schreibt Kamal Sido: Soll ich mich in diesen schwierigen Zeiten mit Kritik an der Türkei zurückhalten?

Für den Menschenrechtler Kamal Sido, er stammt aus dem nordsyrischen Afrin, ist das westliche Schweigen zu Erdogan unverständlich. Erdogan agiert ähnlich wie der russische Kriegspräsident. In einem Offenen Brief schreibt Kamal Sido: Soll ich mich in diesen schwierigen Zeiten mit Kritik an der Türkei zurückhalten?

Erdogan hätte vor die Kamera treten und erklären können, dass er
– allen Erdbebenopfern in der Türkei und in Syrien freien Zugang zu humanitärer Hilfe gewährt. Wer kann, soll helfen,
– alle politischen Gefangenen aus den Gefängnissen freilassen will,
– mit den Kurden in der Türkei und außerhalb der Türkei einen Dialog beginnen will, um alle Konflikte friedlich durch Verhandlungen zu lösen,
– alle Angriffe auf Kurdistan, Nordsyrien, Nordirak einstellen und die Truppen nach Hause holen will, damit sie sich um die Erdbebenopfer kümmern können,
– mit Griechenland in Frieden leben will,
– mit Armenien eine gute Nachbarschaft aufbauen will, sich bei den Kurden, Armeniern, Assyrern/Aramäern, Griechen, bei allen Christen, Yeziden, für das Leid, das ihnen in der Vergangenheit angetan wurde, entschuldigen will,
– die volle Glaubensfreiheit für alle Religionen, Aleviten, Christen, Yeziden, Juden und andere, in der Türkei anerkennen will,
– Frauen sollen gleichberechtigt werden,
– alle Ethnien in der Türkei, Kurden, Assyrer und Aramäer und andere, erhalten das Recht auf kulturelle Autonomie, Selbstverwaltung innerhalb der Türkei,
– Kurden und andere Ethnien in der Türkei sollen für das ihnen zugefügte Leid entschädigt werden.

Dann würde ich mich schämen, Herrn Erdogan und den türkischen Staat zu kritisieren.

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