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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 21.06.2017
LeutePorträt einer Reisenden

Die Abenteurerin

Veröffentlicht
am 21.06.2017
Masseurin, Hostel-Leiterin, Nordlichtführerin: Stefanie Kofler sucht sich ihre Jobs passend zum Ort aus, an dem sie gerade leben möchte.
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Im kalten Norwegen

Ja zum Leben sagen, Niederlagen akzeptieren und daraus lernen, Gefühle ausleben, Respekt zeigen und Vertrauen in das haben, was passiert. Das sind die Prinzipien, nach denen Stefanie Kofler ihr Leben gestaltet. „Solange man sich selbst treu bleibt, kann nichts schief gehen“, meint die 1,60 große Passeirerin und wischt sich mit ihrem T-Shirt etwas schwarzes Öl von den Fingern. Auf dem Weg zu ihrem aktuellen Projekt im oberen Vinschgau hat der VW-Bus der Abenteurerin plötzlich schlapp gemacht und Steffi ist kurzerhand in die Rolle der Mechanikerin geschlüpft. Neue Jobs anzunehmen, liege ihr ohnehin. In den letzten Jahren hat sie nämlich die Welt erkundet und dabei alle sechs Monate sowohl Wohnort als auch Beruf gewechselt. Den einzigen Anhaltspunkt, den sie bei der Wahl ihres nächsten Zieles hat, sei ihr Gefühl. „Dem vertraue ich blind. Es war oft so, dass sich alles dagegen wehrt“, erzählt Steffi, „dann lasse ich die Finger davon.“ Die Panne an ihrem Bus interpretiert sie gerade nicht als Gegenanzeige, steigt barfuß in mein Auto und dreht die Fensterscheibe etwas hinunter. Dann machen wir uns auf nach Mals, wo die Abenteurerin gemeinsam mit einer Freundin gerade ein Festival organisiert. Ihre blonden, langen Haare fangen während der Fahrt an, im Wind zu wehen und Steffi reist erzählend zurück an die Ursprünge ihrer Abenteuerlust.

„Man braucht nicht die beste Ausbildung oder ein jahrelanges Studium. Wenn man eine Sache wirklich will, sind Kommunikation und ein starker Wille das Ausschlaggebende. Dann kann man alles machen, was man will.“

Bereits mit elf Jahren hatte sie die Nase voll vom kleinen Südtirol. Mit dem Argument, dass sie hier bereits jeden kenne, hat sie ihre Eltern darum gebeten, verreisen zu dürfen. Diese haben sie auf eine Alm in die Schweiz geschickt, wo sie schließlich den ganzen Sommer verbracht hat. Gestillt wurde ihr Drang zum Ausbruch dadurch nicht, im Gegenteil. Weil man ohne Geld beim Reisen jedoch nicht weit kommt, hat die Passeiererin zuerst eine Lehre zur Kosmetikerin und Masseurin abgeschlossen und dann fünf Jahre in diesem Beruf gearbeitet. „Eigentlich habe ich aber immer schon gemerkt, dass das überhaupt nicht meins ist“, erzählt Steffi. Heute ist sie 29, lebt zur Zeit entweder in Hall in Tirol oder irgendwo in ihrem weißen VW-Bus und arbeitet in einem Skate-Shop. Nebenher organisiert sie Festivals.

Wenn man sie nach ihrer ersten größeren Reise fragt, muss die junge Frau eine Weile überlegen. „2010 bin ich vier Monate nach Amerika, Mexiko und auf die kleinsten Inseln der Karibik gereist“, meint Steffi schließlich. Dort habe sie einen Monat lang mit niemandem gesprochen. „Weil man dort eben niemanden trifft“, erklärt die Abenteuerlustige. Nach ihrer Rückkehr hat sie kurze Zeit in einer Rezeption gejobbt und dann endgültig für sich entschlossen, dass sie Südtirol hinter sich lassen will. Eine Entscheidung, die die Passeiererin schließlich nach München gebracht hat. „Dort habe ich aber gemerkt, dass ich immer ein Dorfkind bleiben werde. Im Winter in einer Stadt zu leben, ist schrecklich“, resümiert sie. Mit dieser Erkenntnis ist sie, der Liebe wegen, also doch noch einmal in die Heimat zurückgekehrt. „Weil die Liebe dann doch nicht gehalten hat, bin ich aber bald schon für acht Monate nach Frankreich gereist“, erzählt Steffi weiter.

„Zuerst suche ich mir immer ganz intuitiv die Orte aus, an denen ich gerade gerne leben würde, dann bewerbe ich mich dort für verschiedene Stellen und dann breche ich auf.“

Als „Knackpunkt“ beschreibt sie diese Zeit in Hossegor, im Südwesten des Landes. Dort habe sie das erste mal das Gefühl in sich gespürt, für das sie sich entschlossen hat, zukünftig zu leben. „Man braucht nicht die beste Ausbildung oder ein jahrelanges Studium. Wenn man eine Sache wirklich will, sind Kommunikation und ein starker Wille das Ausschlaggebende. Dann kann man alles machen, was man will“, da ist sich der Blondschopf sicher. Solange man sich wirklich vorstellen könne, einen Beruf auszuüben, sei es auch möglich, diesen zu erlernen. Und so wurde aus Steffi, der Masseurin, Steffi, die Leiterin eines Surf-Hostels. Wellenreiten, Leute kennenlernen und organisieren liegt Steffi ohnehin. Den Sommer hatte sie am Ende der Saison jedoch so satt, dass sie ins Schweizer Skigebiet Laax geflüchtet ist, wo sie die folgenden fünf Monate als Snowboardlehrerin gearbeitet hat. „Zuerst suche ich mir immer ganz intuitiv die Orte aus, an denen ich gerade gerne leben würde, dann bewerbe ich mich dort für verschiedene Stellen und dann breche ich auf“, erklärt Steffi das Procedere, nach dem sie ihr Leben gestaltet.

Steffi im Hostel in Hossegor

Obwohl sie es nicht im Sinn hatte, ist sie der Liebe wegen schließlich doch wieder nach Südtirol zurückgekehrt und noch einmal in die „Massage-Szene“ eingetaucht. „Das war eine totale Katastrophe“, erinnert sich Steffi, „dort habe ich einfach verstanden, dass ein fünf-Sterne-Hotel niemals der Ort sein wird, an dem ich bleiben will.“

„Nach dem Absenden meiner Bewerbungen im neuen Land gilt für mich das Prinzip: Der erste, der antwortet, gewinnt.“

Steffi mit einer Reisegruppe

Im Hohen Norden zu wohnen, konnte sich die Passeiererin hingegen schon lange vorstellen und ist blindlings für ein halbes Jahr nach Tromsø gezogen. „Dort war ich Nordlichtführerin“, erzählt Steffi und muss kurz selbst über diese Aussage lachen. „Nach dem Absenden meiner Bewerbungen im neuen Land gilt für mich das Prinzip: Der erste, der antwortet, gewinnt.“ In diesem Fall war das eine Firma, die Nordlichttouren für Touristen organisiert. Aus ihrer Vorstellung mit einem Mikrofon in einem Bus zu sitzen und den Touristen die Nordlichter zu erklären, wurde jedoch nichts. Was Steffi im Hohen Norden wirklich machen musste, nennt sie selbst „die krasseste Erfahrung in meinem Leben“. Noch nie sei sie mit so viel Verantwortung auf sich selbst gestellt gewesen. Nach einer zweiwöchigen Vorbereitungsphase wurde sie mit einem eigenen VW-Bus ausgestattet und auf tägliche Expedition mit acht Touristen geschickt. Ihre Touren musste sie sich selbst zurechtlegen. Ziel dabei: Den klarsten Himmel Norwegens zu finden, um die Nordlichter zu beobachten. „Damals war mir nicht bewusst, dass dort oben den ganzen Winter über immer Nacht ist und ich zusätzlich auch noch Nachtdienst machen muss“, erzählt sie und fasst sich heute noch entsetzt an die Stirn. Um den klarsten Himmel zu finden, musste sie ab und an sogar mit der NASA telefonieren. „Manchmal war dieser Himmel an diesem Tag aber auch in Finnland und wir mussten dann einfach stundenlang durch die Wildnis fahren“, staunt Steffi immer noch. Bei -38° Celsius galt es dann, die Menschen zu unterhalten, bis die Nordlichter endlich auftauchten.
Heute fehlen ihr diese Momente manchmal, genauso wie die schönsten Sternenhimmel, die sie je in ihrem Leben gesehen habe. Dafür blickt sie nun vom Dach des Bunker23 in Mals auf die hohen Bergketten, die das Vinschgau säumen. Weil das Leben als Shop-Mitarbeiterin zu langweilig wäre, organisiert Steffi nebenher gerade zwei Festivals mit.
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Hier heroben steht ein orangefarbenes Karussell, das um eine Bar herum gebaut ist. In den Mauern des Bunkers steckt ein alter Wohnwagen. „Da drinnen schläft Benni“, meint Steffi nachdem sie mich vom Dach direkt in die wirren Gänge des Bunkers geführt hat, „ihm gehört der Laden hier.“ Als inspirierende Kraft hilft der verrückte Besitzer des Malser Bunkers Steffi und ihrer Freundin Nadja gerade dabei, hier ein Festival zu organisieren.[[{“fid”:”22813″,”view_mode”:”teaser”,”fields”:{“format”:”teaser”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3EDie%20Location%20des%20aktuellen%20Festivals%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Lisa Maria Kager”,”field_license_type[und]”:”_none”,”field_url[und][0][url]”:””,”field_tags[und]”:””},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:213,”width”:320,”class”:”media-element file-teaser”}}]] „Sound of Arctic“ soll der Bruder von „Sound of Marañhao“ werden, das die beiden vor vier Jahren bereits gemeinsam organisiert haben. Wenn es damals darum ging, Gitarren für ein Kinderprojekt in Brasilien zu bezahlen, wollen Steffi und Nadja diesmal sensibilisieren. „Die Situation mit der Klimaerwärmung, den Ölbohrungen und dem Walfang hat mich in der Arktik sehr beschäftigt“, meint sie. Wirklich wissen, würde aber kaum jemand etwas darüber. Um zu sensibilisieren, wird es daher neben einem Greenpeace-Aktivisten, der auf dem Festival einen Vortrag hält, auch eine Ausstellung zum Thema geben. Als Sponsoren will die 29-Jährige Südtirols Politiker gewinnen. „Wenn jemand wie Landesrat Theiner, der für Umwelt zuständig ist, ein Festival, das die Menschen mit verschiedensten Aktionen sensibilisiert, nicht unterstützt, ist er in meinen Augen fehl am Platz“, meint die junge Frau selbstbewusst und zuckt mit den Schultern. Spenden wolle sie diesmal nichts, aber Erfahrungen mit Menschen teilen, die zuhören. „Wenn man erst einmal versteht, worum es geht, dann wächst die Motivation, dagegen oder dafür, etwas zu tun“, meint sie.

Das Ende ihrer großen Reise soll weder Mals noch Hall sein. „Ich bin momentan so motiviert, viele neue Berufe zu lernen“, schwärmt Steffi. Das Reisen und der ständige Wechsel zwischen Wohnort und Beruf habe sie zu einer Flexibilität gebracht, die jemand in einem geregelten Leben, in ihren Augen, nie haben wird. Ob sie ewig so leben können wird, weiß sie noch nicht. „Jedenfalls habe ich momentan noch nicht die Intention, eine Familie zu haben“, meint Steffi. Planen könne sie aber sowieso nichts, darum schaue sie einfach, was kommt.

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