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Vera Mair am Tinkhof
Veröffentlicht
am 17.05.2013
Leben

Topmodel, die Zweite

Veröffentlicht
am 17.05.2013
Die wahre Schönheit einer Sache offenbart sich ja selten auf den ersten Blick. Wir schauen deshalb weiter, bis der Funken überspringt.
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Innere Werte springen einem nie einfach so ins Gesicht. Da muss man dranbleiben, man darf nicht aufgeben und sich abfinden mit der eigenen Oberflächlichkeit. Vielleicht haben wir bisher nur nicht erkannt, was alles in dieser Sendung steckt, denn einen Grund muss es doch haben, dass das Format bisher in über vierzig Ländern läuft. Wir wollen also nicht zu schnell urteilen und nur motzen. Germany´s Next Topmodel schrecklich zu finden ist mittlerweile intellektueller Mainstream, und da machen wir nicht mit. Wir schauen lieber nochmal zu.

Wenn man vom Anfang gleich zum Ende springt, Fast Forward durch zweieinhalb Stunden Tränen und Träume, dann bleibt schlussendlich nicht viel hängen von den großen Emotionen, die die Vorschau stets inszeniert. Es ist immer dasselbe: Casting, Fotoshoot, Lifewalk, dazwischen ein bisschen Streit und viele Lästereien. Auf langen Beinen kredenzen uns die Mädchen Zickenkriege und semiprofessionelles Posing, und Heidi flirrt durch die Szenerie wie die Allmächtige (sie sieht für ihre 39 Jahre wirklich gut aus, haben wir das schon mal erwähnt?).

Mit preußischer Tugend

In keinem anderen Land hat das Format den Beinamen der Moderatorin, das allein ist schon bezeichnend. Americas Next Topmodel hatte nie den Zusatz „by Tyra Banks“. Nur Heidi Klum will schon beim Titel der Sendung keinen Zweifel daran lassen, wer Germanys One and Only Topmodel ist. Um sie geht es hier, das ist wichtig. Sie ist der Maßstab, an ihr müssen sich die Mädchen messen. Keine Kandidatin kann sich bei einem Fotoshooting aus der Verantwortung stehlen, indem sie einfach mal nicht kann oder nicht mag. Heidi schwingt dann preußische Tugenden wie eine Peitsche über den Kopf der Unwilligen und predigt immer wieder, wie wichtig Fleiß und Willen seien. Egal ob Sprünge aus zwanzig Metern Höhe, Fotos mit wilden Tieren oder unter Wasser: Alles machbar, wenn man nur will. Hinterfrage nicht, was das für deine Modelmappe bringt. Mach einfach mit, und habe Spaß dabei!

Heidi bringt dann immer wieder Beispiele aus ihrer eigenen Modelvergangenheit, erzählt von wahnwitzigen Shootings, und scheint damit nur sagen zu wollen: Und seht, wo ich jetzt bin! Sie selbst war nie eines dieser Models, die von der Straße weg gecastet wurden und dann in kurzer Zeit die ganze Modewelt in Begeisterungsstürme versetzten. Sie war nie in Paris („Die kennen wir hier nicht“, meinte Karl Lagerfeld) und spielte nie in einer Liga mit Claudia Schiffer oder Kate Moss. Die Rheinländerin verbrachte Jahre in New York als ein Model unter vielen, rannte von einem Casting zum nächsten und wartete auf den großen Durchbruch. Der kam dann mit dem Sports-Illustrated Cover 1998. Auf dieser einen Titelseite baute Heidi Klum eine Karriere auf. Irgendwie hat sie sich den Ruf Topmodel erarbeitet, obwohl sie nie für eine der großen Marken über den Laufsteg lief. Sie war meist zu klein und kurvig, sagt sie heute selbst.

Graues Mäuschen

Aber anstatt sich demütig der Tatsache zu beugen, dass man nun mal nicht die Physiognomie eines Models hat, hat die Deutsche mit Fleiß und Ehrgeiz aufgewogen, was ihr an körperlichen Voraussetzungen fehlte. Wer sie bei ihrem ersten TV- Auftritt 1992 sieht, erkennt sie heute kaum wieder. Die Frohnatur, die allen ihren Kandidatinnen gute Laune bis zum Überdruss einbläut, war damals noch fast ein graues Mäuschen. Mit dieser Attitüde hätte sie sich in ihrer eigenen Show kein Foto gegeben.

Deshalb kann man verstehen, warum sie keine Gnade kennt. Wo wäre sie denn heute, wenn sie immer gejammert hätte, dass sie schon wieder so schlechte Laune hat. Die Sendung ist für den aufmerksamen Zuseher eine Lehrstunde in Willenskraft und Selbstdisziplin, dass es dem gepflegten Couchpotato den Spaß verdirbt. Wir haben also was gelernt vom abendlichen Fast-Food-Fernsehen. Vermutlich bleibt es trotzdem Trash-TV, aber das ist doch nicht so schlimm.
Ach und ja: Marie ist raus.

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