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Inzwischen sind fast zehn Jahre vergangen, seitdem ich das erste Mal von Couchsurfing gehört habe. Damals kam mir die Idee fast utopisch vor: Leute aus aller Welt bieten Reisenden einen gratis Schlafplatz bei sich zuhause an und können auf das Angebot zurückgreifen, wenn sie selbst mal reisen. Warum sollten Leute so viel Vertrauen in Fremde haben und diese in ihren privaten vier Wänden beherbergen? Und das auch noch ohne dafür etwas im Gegenzug zu verlangen? Ich hegte meine Zweifel, fand es aber doch interessant genug, um einmal einen Blick auf die Webseite zu werfen. Diese ist bereits seit 2002 online und wurde von einer Gruppe offener Kosmopoliten gegründet. Auf dieser erstellt man sich ein nettes Profil, welches dann von anderen Nutzer*innen (meist nachdem man bei diesen übernachtet hat oder diese hat bei sich übernachten lassen) mit Referenzen versehen wird. Kurz gesagt: Es basiert auf dem Vertrauen der ganzen Couchsurfing Community. Da ich allgemein an das Gute im Menschen glaube, wollte ich Couchsurfing natürlich unbedingt ausprobieren.
Wenige Wochen nach meiner Matura wurde ich also in Brüssel von meinem ersten Gastgeber Benjamin gehostet. Um die Begriffe hier gleich mal zu klären: In der Welt der Couchsurfer surft man eine Couch oder man hostet. „Surfen” ist gleichbedeutend mit besuchen/unterkommen, „hosten” mit beherbergen. Zusätzlich finden oft noch Couchsurfer-Treffen statt, wo sich diese zu wöchentlichen Stammtischrunden oder manchmal sogar jährlichen größeren Festen treffen, für die Couchsurfer aus vielen Ländern anreisen und mehrere Tage mit Gleichgesinnten über vergangene und zukünftige Reisen, Weltprobleme und sonstigen Smalltalk quatschen.
Auf meinen eindrucksvollen und durchwegs positiven Aufenthalt in der belgischen Hauptstadt folgten unzählige weitere Erlebnisse mit Couchsurfing. Wie von einem Fieber besessen, surfte ich auf Sofas, Matratzen, Hängematten oder auch mal normalen Betten auf der ganzen Welt und hatte ebenso tolle Gäste von verschiedenen Kontinenten bei mir daheim zu Gast. Ein großartiges Reiseerlebnis toppte das nächste. So wurde ich in der Slowakei mit der Dressur von Haflingern (sie waren die ersten Bauern, die Haflinger in ihr Land brachten und züchteten!) vertraut gemacht, kam in Japan in klaustrophobisch kleinen Studentenwohnungen unter, landete in Rom auf einem Free-Hugs-Event und wurde in Portugal von einem jungen Architekten gehostet, den ich aber nie zu Gesicht bekam, weil er die ganze Zeit nur arbeitete. [[{“fid”:”25201″,”view_mode”:”teaser”,”fields”:{“format”:”teaser”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3EMit%20Host%20Minami%20in%20Kyoto%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Lukas Clara”,”field_license_type[und]”:”_none”,”field_url[und][0][url]”:””,”field_tags[und]”:”Couchsurfing, Kyoto”},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:240,”width”:320,”style”:”font-size: 16px;”,”class”:”media-element file-teaser”}}]]Ein anderer Reisender öffnete mir die Tür und zeigte mir meinen Schlafplatz und die Architekten-Wohnung. Ich könnte hier noch unzählige weitere Geschichten erzählen: vom kleinen Hund des koreanischen Gastgebers, der allen Gästen die Zehen ableckte, von den Ukrainerinnen, bei denen ich von der Presse mit der Frauenmannschaft von Lwiew abgelichtet wurde, von einem britischen Poeten in meiner Wohnung, der schnarchte, als würde er einen Wald abholzen, oder von Couchsurfer Kalang, der mich mit Flipflops in den Dschungel führte – aber das ist eine andere Geschichte…
Von Lukas Clara
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