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„Irgendwie habe ich gedacht, es könnte immer so weiter gehen“, stelle ich mit meinen Freundinnen enttäuscht fest. Semester um Semester würde in unserer Traumwelt vergehen. Wir hätten das Studium, das uns beschäftigt, wir hätten uns für die Freizeit und wir wären glücklich damit. Wunschlos glücklich.
Doch das Leben will es anders. Es will, dass wir erwachsen werden. Irgendwann klopft es nämlich an unsere WG-Tür, stellt uns vor eine hell beleuchtete Weggabelung und verlangt, dass wir uns entscheiden. Links oder rechts. Steine oder Asphalt. Und wir müssen losmarschieren. Am besten direkt in Richtung der Ideale unserer Gesellschaft. Ideale, die ein Studium nach der Matura, ein Praktikum nach dem Studium, einen Job nach dem Praktikum, ein Kind während dem Job und am Ende ganz viel ekliges Geld vorsehen, das man am besten direkt seinen Kindern vererbt, weil man die Zeit verpasst hat, es für das auszugeben, was einen glücklich macht.
Unser ganzer Ausbildungsweg folgt einem Lebensplan, den wir nicht einmal selbst entworfen haben, dem wir normalerweise aber blindlings folgen. Und irgendwann sitzen wir dann doch da, nippen an unserem Bier und fragen uns: „Und, was willst du mal so werden?“ Und während wir vor einigen Jahren noch mit kindlicher Unschuld Feuerwehrmann, Traktorfahrer, Ballerina oder doch Prinzessin geantwortet hätten, läuft es uns jetzt eiskalt den Buckel runter. Die kindliche Unschuld hat sich verpisst und so stehen wir da. Auge in Auge mit dem Ernst des Lebens. Und, was wollen wir denn jetzt eigentlich so werden?
Die einstigen Träume sind der Realität gewichen. Einer Realität, vor der uns keiner gewarnt hat. Steigende Arbeitslosenquoten, sinkende Bezahlungen und ein Haufen un(ter)bezahlter Praktika. Und mitten drin wir Ypsiloner auf dem Weg zu unserem Traumjob. Einem Idealbild unserer Zukunft, dem wir alle wie Verrückte hinterherjagen.
Mit dem Wort Traumjob ist nämlich beim besten Willen nicht ein Beruf gemeint, durch den wir am Ende wie Dagobert Duck in unsere Münzen tauchen. Nein, reich werden wollen wir Ysis nicht. Alles, was wir wollen, ist glücklich sein. Mit acht Stunden Arbeit pro Tag in einer Fünf-Tage-Woche und 21 Urlaubstagen pro Jahr geben wir uns bestimmt nicht mehr zufrieden. Schließlich arbeiten wir seit der Grundschule hart dafür, irgendwann einmal das zu unserem Beruf machen zu dürfen, was uns Spaß macht.
Die Berufsbilder unserer Vorgängergenerationen haben sich gewandelt, genauso wie wir, genauso wie unsere Ideen dazu. Wurden zu Zeiten unserer Eltern Arbeit und Leben noch streng getrennt, feiern diese zwei Worte bei uns Hochzeit. Am liebsten wollen wir Ypsiloner unsere Hobbies zum Beruf machen und auf die Work-Life-Balance scheißen. Denn die brauchen wir dann nicht mehr, wenn wir uns im Job selbst verwirklichen können. Wenn Work und Life eines werden.
Also träume ich weiterhin davon, irgendwo eine Almhütte zu bewirtschaften, ein Buch zu schreiben, mit meinen Worten die Welt zu verändern. Oder vielleicht werde ich ja doch einfach Prinzessin. Eines steht jedoch fest. Ich für meinen Teil habe keine Lust meine Fähigkeiten in einer staubigen Prakitkantenschatulle verrotten zu lassen, nur weil es der Weg zum vermeintlichen Traumjob gerade so vorsieht. Ich weiß, was ich Wert bin und was ich mir in den letzten Studienjahren erarbeitet habe. Ich habe Lust die Schaufel in die Hand zu nehmen und mir meine eigene Zukunft zu bauen. Das zu machen, was mir gefällt und was mich glücklich macht. Denn unser Leben ist doch viel zu kurz, um acht Stunden am Tag vor irgendeinem Bildschirm zu sitzen und Zahlen einzutippen. Viel zu kurz, um unser ganzes Fernweh in mickrige 21 Urlaubstage zu packen. Und vor allem viel zu kurz, um unglücklich zu sein.
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