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Beliebtheit und Aufmerksamkeit sind in der reizüberfluteten Informationsgesellschaft zu einem kostbaren Gut geworden. In den sozialen Netzwerken entsteht ein regelrechter Kampf um Likes, Follower und Views. Sie sind die harte Währung im Kampf um Aufmerksamkeit und Beliebtheit.
Nicht nur für den Verkauf von Produkten ist jedes einzelne „gefällt mir“ ein wertvoller Multiplikator, auch wenn es darum geht einer Idee oder einer Initiative mehr Öffentlichkeit zu verschaffen, führt der Weg heute unweigerlich über die sozialen Netzwerke Twitter, Facebook und Co. Der Kampf um Aufmerksamkeit zeigt sich momentan besonders schön an der Auseinandersetzung in Sexten. Der skurril anmutende Streit um den Bau einer Skipiste eskalierte nicht nur am Tresen der Dorfbar, auch virtuell hauen sich die beiden Fronten seit mehr als einem Monat die Köpfe ein.
Als die beiden Facebook–Seiten „Gegen die Verbindung Helm Rotwand“ und „Verbindung Helm Rotwand“ am 12. August ihren Betrieb aufnahmen, hatten beide innerhalb kürzester Zeit jeweils mehr als 1.000 Unterstützer gesammelt. Bei den Gegnern des Projekts kam der Erfolg aber quasi über Nacht. Während die Befürworter fast nur User aus Italien und Österreich hinter sich versammelten, kommen die Unterstützer der Gegner laut Facebook Like Check von Stern-TV zu zwei Dritteln aus Ländern wie Mexiko, der Türkei oder Brasilien. Das legt den Verdacht nahe, dass Fans gekauft oder getauscht wurden. Wie funktioniert so was?
Likes, Views und Follower kaufen
Gibt man bei Google „Facebook Likes kaufen“ ein, wirft die Suchmaschine mehr als 18 Millionen Ergebnisse aus. Bei social-sponsor.com gibt es ein Like für 16 Cent, kauft man gleich mehr als 2.000 davon, halbiert sich der Preis. Mit dem Preis sinkt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass meine gekauften Fans aus der Region kommen, für die meine Seite relevant sein könnte. Genau hier liegt das Problem des künstlichen Aufpeppens: Fans in Mexiko bringen meiner Initiative gegen ein Skiliftprojekt im Hochpustertal wenig bis gar nichts. Denn ein Like für meine Seite ist deshalb interessant, weil die Freunde der likenden Person meine Seite in ihrer Chronik sehen und so animiert werden könnten, ebenfalls auf „gefällt mir“ zu klicken.
Ähnlich wie bei Facebook funktioniert das Geschäft mit der Zuneigung bei Twitter oder Youtube. Der Anbieter twitter.followerskaufen.de garantiert für 15 Euro 500 Follower; Lieferzeit: 24 Stunden. 10.000 „deutsche views“ gibt es für 179 Euro, Versandkosten inklusive.
Das Geschäft mit den Likes blüht schon seit mehreren Jahren. Vor einem Jahr hat Facebook versucht dem einen Riegel vorzuschieben und hat damit begonnen User, deren Accounts als Spam oder Fake-Accounts entlarvt wurden, zu löschen. Viele Seiten verloren daraufhin Tausende Anhänger. Hinter den Accounts, mit denen gefollowed, geliked oder geviewt wird, sitzen seither zwar häufiger echte Menschen, einen wirklichen Mehrwert für die eigene Seite haben sie aber trotzdem nicht. Die Profiklicker sitzen in Ländern wie Bangladesch, Pakistan, Mexiko, der Türkei und vielen mehr. Über ihre Accounts klicken sie die Beliebtheit von Facebook-Seiten, Twitterkanälen oder Youtube-Videos für einen geringen Lohn in die Höhe. Nach dem Klick auf den „gefällt mir"-Knopf haben sie ihre Arbeit getan. Die für den Betreiber der Fanseite so wichtige Interaktion findet nicht statt.
Fans tauschen
Die günstigere Variante um an viele Likes zu kommen ist der Fantausch. Das Prinzip dahinter ist ebenso einfach wie beim Kauf: Wenn ich einer Seite ein Like gebe, bekomme ich im Gegenzug Hunderte auf meiner eigenen Seite zurück. Das Tauschgeschäft ist kostenlos.
Verzichtet man auf gekaufte oder getauschte Beliebtheit im Netz, kann es trotzdem passieren, dass sich Profiklicker auf meine Seite verklicken. Die Facebook-Fans von barfuss.it etwa, kommen laut Stern-Tool zu 91 Prozent aus Italien, viele unserer Leser leben außerdem in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Jeweils ein Like haben wir aus Ländern wie Kongo, Singapur oder Indien. Gehen wir davon aus, es handelt sich um Fans die weder Deutsch sprechen noch ein Interesse an unseren Inhalten haben, dann geht es diesen Nutzern darum, sich ein glaubwürdiges Profil zu verschaffen, um ihre Likes besser verkaufen zu können.
Ob die Fans der Sextner Skiliftgegner von alleine gekommen sind oder ob sie gekauft oder sogar getauscht wurden bleibt offen – die Betreiber der Seite wehren sich vehement gegen derlei Vorwürfe. Abgesehen davon ist die Diskussion um die Seite ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Internetcommunity für gepimpte Fanzahlen rächt: Der Shitstorm ist perfekt.
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