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Veronika Felder
Veröffentlicht
am 17.09.2015
LebenBienen in Südtirol

Das große Bienensterben

Veröffentlicht
am 17.09.2015
Umweltbelastung, importierte Parasiten und Pestizide in der Landwirtschaft bedrohen die Honigbiene auch in Südtirol – mit verheerenden Folgen für den Menschen.
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Zwei Männer buddeln am Vigiljoch eifrig ein Loch in den Waldboden, um einen Weißdornbusch zu pflanzen. Ein kleiner Junge sitzt vor seiner frisch gepflanzten Blume und strahlt in die Kamera, ein Mädchen lehnt sich an die Schaufel, mit der sie gleich einen kleinen Baum einpflanzen wird. Auf der Facebook-Seite trees4bees geht es geschäftig zu, User posten Videos und Fotos und teilen mit der Facebook-Community ihr Engagement für Bienen. Die Südtiroler Initiative wurde vor ein paar Monaten gegründet und will dazu anregen, Bäume für Bienen zu pflanzen. Menschen sollen eine bienenfreundliche, also möglichst winterfeste und blühende Pflanze pflanzen und Freunde auf Facebook nominieren, es ihnen nachzumachen.

Diese Sensibilisierungskampagne soll klar machen, wie wichtig Bienen sind. Bienen sorgen dafür, dass Pflanzen bestäubt werden und in Folge Früchte bilden können. Dadurch werden sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Nahrungskette. So sind Bienen etwa auch im Apfelanbau für ein qualitativ hochwertiges Ergebnis verantwortlich. Erfolgt die Bestäubung nämlich durch Hummeln, dem Wind oder andere Insekten, bleiben die Äpfel klein und haben wenig Geschmack. Dies liegt daran, dass Bienen die fleißigeren Bestäuber sind, sich dadurch mehr Zellen im Apfel bilden und der einen besseren Geschmack hat.
Ein Großteil der Nutzpflanzen, die wir als Menschen brauchen, muss also von Bienen bestäubt werden. Nur dann produzieren wir einen Ertrag an Endprodukten, der ausreicht, um die Menschheit ernähren zu können. Doch vielerorts haben Bienen kein leichtes Leben – auch in Südtirol.

Das Los der Biene

Georg Eller, Imker und offizieller Vertreter für Trentino-Südtirol in der ANAI (Associazione Nazionale Apicoltori Italiani), ist mit den Risiken vertraut, denen Bienen ausgesetzt sind. Er nennt mehrere Faktoren, die für das Bienensterben verantwortlich sind: Die allgemeine Umweltbelastung etwa, die sich durch Strahlung von Strom- und Funkmasten zeigt und die Orientierung der Bienen stört. Oder ein Schädling, der vor 30 Jahren von Asien nach Europa importiert wurde: die sogenannte Varroamilbe. Sie lebt als Parasit an den Bienen, schwächt sie und macht sie krank. Außerdem leiden Bienen unter den Pestiziden, die man in der Landwirtschaft einsetzt.
Besonders gefährlich wird es, wenn die Tiere allen Risikofaktoren ausgesetzt sind: „In Südtirol ist dies der Fall“, so Eller. Doch das Bienensterben muss nicht sein, davon ist Eller überzeugt.

Georg Eller

Für die Bekämpfung der Varroa braucht die Biene die Hilfe der Imker – sonst ist sie zum Aussterben verurteilt. Eller ist davon überzeugt, dass viele Imker den richtigen Umgang mit der Varroamilbe jedoch noch nicht erlernt haben. „Den Imkern müsste etwa von offiziellen Stellen mitgeteilt werden, dass ein solcher Parasit nicht nur mit ein bis zwei Behandlungen im Jahr bekämpft werden kann, sondern dafür in den Zyklus der Milbe eingegriffen werden muss“, so Eller. Um die Varroa richtig in den Griff zu bekommen, muss das Bienenvolk das ganze Jahr über immer wieder mit biologischen Mitteln behandelt werden. Erst dann ist es im Hochsommer von der Milbe befreit. „Gegen chemische Behandlungen sind Bienen oft schon resistent, außerdem kann man anschließend Rückstände davon im Bienenvolk nachweisen“ so Eller.

Gift-Cocktails auf Südtirols Wiesen

Zu viel Chemie wird auch im konventionellen Obst- und Gemüseanbau eingesetzt. Hier hat der Imker keinen Einfluss mehr, die Bienen sind auf sich alleine gestellt. Bis Ende Juni wird auf Südtirols Wiesen und Hängen ein Gift-Cocktail gespritzt, der dem Bienenvolk stark zusetzt: Die Bienen, die für den Transport des Honigs zuständig sind, sterben frühzeitig und die Versorgung des Volkes mit ausreichend Nahrung kann nicht mehr gewährleistet werden. Die Königin legt in der Folge weniger Eier. In Summe können diese Folgen zu einer erheblichen Verkleinerung des Bienenvolks führen. Der Verlust an Bienen kann Ausmaße von bis zu 30 Prozent annehmen.

„Wir dürfen nicht vergessen, dass wir nicht nur der Umwelt wegen, sondern auch gegenüber unseren Mitbürgern und Konsumenten Verantwortung tragen,“ Georg Eller.

Südtirols Bauern greifen zur Bekämpfung von Apfeltriebsucht oder Läusen nach wie vor auf Mittel zurück, die als bienenschädlich gelten. Auch im Heft des Beratungsrings für Obstbau sind sie als solche aufgelistet. Einer Studie des nationalen Referenzzentrums für Imkerei zufolge leidet Südtirol im Vergleich zu anderen norditalienischen Regionen an einer stärkeren Belastung von Spritzmittelrückständen. Dies betrifft nicht nur die unmittelbare Umgebung der mit Pestiziden behandelten Pflanzen. In Vöran etwa wurden elf verschiedene Rückstände von Pestiziden in den untersuchten Bienen gefunden.

Verantwortung übernehmen

Eller, selbst konventioneller Bauer, glaubt, dass man auch in konventioneller Landwirtschaft einen anderen Weg einschlagen kann. So können etwa für bestimmte Zwecke biologische Spritzmittel verwendet werden, die für Bienen nicht gefährlich sind, „oder aber konventionelle Mittel, die Bienen nachweislich weniger Schaden zufügen als andere, aber denselben Zweck in der Landwirtschaft erfüllen“, fordert Eller. „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir nicht nur der Umwelt wegen, sondern auch gegenüber unseren Mitbürgern und Konsumenten Verantwortung tragen.“

Verantwortung zu übernehmen steht auch bei „trees4bees“ im Vordergrund. Den Menschen sollen die Augen geöffnet werden und „sie sollen zum Denken angeregt werden“, meint Gründerin Monika Reinthaler. „Die Wichtigkeit der Biene muss bekannt werden!“ Deshalb hat sich die Initiative ein weiteres Projekt einfallen lassen: Ein Wanderpokal soll von Gemeinde zu Gemeinde, von Schule zu Schule gereicht werden. Die jeweiligen Besitzer sollen sich intensiver mit dem Thema Bienen und Bienensterben beschäftigen.

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