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S4F begrüßen die Verfassungsänderung, mit der Umwelt-, Biodiversitäts- und Tierschutz in der Verfassung verankert werden und fordern einen intensiven und sachlichen Dialog auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zwei aktuelle Beispiele sind die Wolfsproblematik sowie Gespräche zu einem Projektentwurf eines Erlebnisparks in Obereggen.
Der Senat hat eine Verfassungsänderung zum Schutz von Biodiversität, Ökosystemen und Umwelt im Interesse der künftigen Generationen sowie zur Verpflichtung des Staates, den Tierschutz gesetzlich zu regeln, beschlossen. Dieser Beschluss stellt eine richtungsweisende Entscheidung dar und ein Zeichen der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen. Von entscheidender Bedeutung ist es, dass dem Beschluss zur Verfassungsänderung auch eine Sensibilisierung der Gesellschaft für diese dringlichen Anliegen folgt. Sowohl aus wissenschaftlicher wie auch aus ethischer Perspektive erachten wir auch in Südtirol einen breit angelegten, intensiven und sachlichen Dialog auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen für notwendig. Beispielhaft nennen wir zwei aktuelle Themen:
1. Rückkehr der Großraubwildtiere Seit vielen Jahren führt die Rückkehr des Großraubwilds in den alpinen Raum für kontroverse und emotionale Diskussionen. Bei einer internationalen EU-finanzierten EURAC-Tagung zur Problematik des Wolfes haben am 27. Mai internationale Projektpartner die Situation des Wolfes in Frankreich, Italien, Slowenien und Österreich dargestellt und geplante koordinierten Aktivitäten zur Verbesserung des Wissens und der Koexistenz mit dem Wolf aufgezeigt. Die Tagung hat zu kritischen Reaktionen im Besonderen seitens von Vertretern der Bergbauern geführt, die Lösungen in Richtung Koexistenz mit dem Wolf für die Berglandwirtschaft als grundsätzlich inakzeptabel ablehnen. Der Anlassfall zeigt die Notwendigkeit auf, direkt und indirekt Betroffene in die Auseinandersetzung einzubeziehen. Zugleich appellierte Roland Psenner, Präsident der EURAC, dass sich alle der Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen stellen und für einen lösungsorientierten Dialog offen zeigen müssen. Die S4F schließen sich dieser Forderung ausdrücklich an. Das Verharren auf unrealistischen Maximalforderungen auf allen Seiten untergräbt nicht nur das gemeinsame Bemühen um realistische Lösungen, sondern vertieft auch gesellschaftliche Gräben und Spannungen.
2. Gespräche: Projektentwurf Erlebniswelt in Obereggen Für Obereggen wurde der Entwurf eines Projektes vorgestellt, das als Mahnmal an den Sturm Vaia im Jahr 2018 dienen soll, der in dieser Region besonders schwere Schäden verursacht hat. Das Vorhaben einer Liftgesellschaft stößt jedoch auf Kritik. Marlene Erschbamer von den S4F bemängelt, dass die Idee, wie sie schriftlich präsentiert wurde, dem Projekt „ACHTSAM unterwegs in den Eggentaler Dolomiten“ widerspricht. Die Initiative war als Folge der Sturmschäden gestartet worden, um für die Bedeutung der Nachhaltigkeit und eines achtsamen Umgangs mit der Natur und Landschaft zu sensibilisieren. „Erhalt von Naturraum, Umwelt- und Naturschutz dürfen nicht als leere Worthülsen gebraucht werden, um wirtschaftliche und marketingstrategische Ziele zu verfolgen“, kritisiert Erschbamer. Sie fordert einen breiten Dialog darüber, inwieweit der Mensch immer tiefer in die Natur eingreifen und den Lebensraum von Tieren und Pflanzen weiter zurückdrängen darf: Was ist vertretbar? Welche Motive sind gerechtfertigt? Wie wird es nach außen präsentiert und vermarktet? Nach dieser Kritik fand ein konstruktives Gespräch mit Vertreter*innen der Liftgesellschaft statt, in dem Widersprüche geklärt werden konnten. Auch wurden gemeinsame Interessen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz besprochen, sowie ein zukünftiger Austausch zugesagt.
Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung
Als Wissenschaftler*innen sehen wir es als unsere gesellschaftliche Verantwortung an, aktuelle Entwicklungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu bewerten, auf die Folgen unzureichenden Handelns hinzuweisen und Handlungsoptionen aufzuzeigen. Mit umso größerer Sorge beobachten wir die oft festgefahrenen Diskussionen und verhärteten Standpunkte in Fragen des Schutzes von Umwelt, Biodiversität und der Ökosysteme, aber auch des Tierschutzes. Die verfassungsrechtliche Verankerung dieser Güter sehen wir deshalb als willkommenen Anlass, die Südtiroler Gesellschaft zu einem Denkprozess über diese Themen einzuladen. Dies ist aus unserer Sicht der einzige Weg, um langfristige und nachhaltige Lösungen zu finden.
Quelle: S4F/redSupport BARFUSS!
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