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Laut dem deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ernährten sich im Vorjahr 10% der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren vegetarisch und 2% vegan. Das waren doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Tendenz weiter steigend. Für Daniel Felderer eine gute Botschaft. Der Meraner Videograph und Blogger hat vor sieben Jahren durch Zufall den Speiseplan ohne Fleisch und Fischprodukte für sich entdeckt. Inzwischen hat er eine Vision: die gesamte Menschheit sollte auf das Töten von Tieren verzichten und sich rein pflanzlich ernähren. Felderer wird seine Forderungen bei den Toblacher Gesprächen bekräftigen, die heuer den Umgang des Menschen mit Tieren aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten.
Wann haben Sie zu diesem veganen Lebensstil gefunden? Gibt es da einen konkreten Anlass, ein Ereignis?
Daniel Felderer: Ich hatte mich zuvor einige Jahre vegetarisch ernährt, bevor ich Veganer wurde. Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass mich das Thema überhaupt Null interessiert hat. Ich dachte sogar: ich werde nie ein Veganer! 2019 aber war ich in Australien und bin dort auf eine Gruppe Aktivisten gestossen, die mich aufgeklärt haben, was in den Industriebetrieben, die Milch, Eier oder Fleischprodukte verarbeiten, alles geschieht. Mir wurde erst bewußt, dass jedes Tier von Menschen ausgebeutet wird, bevor es geschlachtet wird. Da geht es nie und nimmer um das Tierwohl, wie es heute so schön heißt. Seitdem bin ich ein überzeugter Veganer und versuche, Menschen durch meine Aktivitäten in dieser Sache aufzuklären. So habe ich auch begonnen Videos und einen podcast in Südtiroler Dialekt zu gestalten, um auch die Menschen hier zu erreichen.
Weshalb sind es gerade Jugendliche, die sich für einen veganen Lebensstil entscheiden?
Daniel Felderer: „Das hängt damit zusammen, dass es heute viel einfacher ist, sich über die digitalen Medien zu informieren. Auch darüber, was in Schlachthäusern und auf Farmen passiert, die auf Massentierhaltung setzen. Vielen Menschen ist es bewußt: so wie bisher kann es nicht weiter gehen, denn die klimatischen Veränderungen sind auch in Europa immer mehr spürbar. Aber es ist sicherlich ein Mix aus mehreren Faktoren, weshalb gerade Jugendlich zu Veganern werden.
Spielt der Faktor Gesundheit auch eine Rolle?
Daniel Felderer: Das ist ein zweischneidiges Schwert: denn, ich kann vegan leben und mich gesund ernähren, aber ich kann auch vegan sein und jeden Tag Pommes und Cola zu mir nehmen. Das ist eine persönliche Entscheidung, die jeder für sich treffen muss, aber der Kernpunkt des Veganismus ist die Tierethik.
Wie definieren Sie Tierethik? Wie sollten sich Menschen verhalten?
Daniel Felderer: Die Kernfrage für mich ist: weshalb missbrauchen wir immer noch Tiere für unsere Zwecke, obwohl wir sie für die Ernährung überhaupt nicht mehr brauchen. Vielfach werden Veganer als zu radikal abgestempelt. Ich behaupte das Gegenteil und sage: Es ist weitaus extremer Tiere auszubeuten, zu missbrauchen und zu ermorden. Und ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass die Menschen, denen ich begegnet bin, das auch verstehen und den Gedankengang nachvollziehen können. Wenn ich sie mit der Frage konfrontiere, weshalb legt eine Henne ein Ei, weshalb gibt eine Kuh Milch, dann bleibt nur mehr die logische Schlussfolgerung, dass die vegane Ernährung die einzig sinnvolle Art sich zu ernähren und zu leben ist.
Sie betreiben einen podcast und produzieren Videos zum Thema, die online zu sehen sind. Verfolgen Sie eine Mission?
Daniel Felderer: Ja, das kann man durchaus sagen. Mein Ziel ist es, dass Menschen sich Gedanken über ihr Verhalten machen, auch über ihre Ernährungsweise. Denn es gibt kein Argument, nicht vegan zu sein. Mir wäre allerdings lieber, ich könnte Videos auch zu anderen Themen produzieren. Es ist manchmal schon krass, dass man Menschen erklären muss, dass Tiere leidensfähige Lebewesen sind, und dass ein Wiener Schnitzel auf dem Teller Teil eines Lebewesens war. Logisch kann ich nicht die Welt verändern, aber ich kann dazu beitragen, andere zu inspirieren, meinem Beispiel zu folgen, die dann auch andere Freunde oder Bekannte aufzuklären.
Das eine betrifft das Konsumverhalten des Einzelnen. Aber es geht auch um politische Rahmenbedingungen: welche Forderungen stellen Sie der Politik?
Daniel Felderer: Die Milchwirtschaft besteht heute nur deshalb, da sie von der öffentlichen Hand subventioniert wird. Wenn aber die Gelder in innovative Konzepte fliessen würde, und nicht zur Aufrechterhaltung dieser Industrie eingesetzt würden, dann könnte sehr wohl viel verändert werden. Die Politik sollte aufwachen und Tiere mehr Rechte zugestehen. Ich bin aber kein Politiker. Mein Ziel ist es, das Bewusstsein der Menschen zu stärken und die Menschen zum Nachdenken zu bringen.
Mit der Ernährung eng verbunden ist auch die Klima-Thematik.
Daniel Felderer: Natürlich ist es auch damit verbunden. Wenn ich über den veganen Lebensstil spreche, halte ich allerdings die Klimaproblematik aussen vor. Denn es sollte nicht der Grund sein, vegan zu werden. Wenn heute noch die Sklaverei bestehen würde, und wir beide der Meinung sind, man muss damit aufhören, dann würde aber das Argument nicht gut ankommen, wenn ich sagen würde, das ist schlecht für die Umwelt.
Wir töten 74 Mrd. Landtiere pro Jahr für den menschlichen Konsum. Und die müssen ja gefüttert werden. Deshalb roden wir den Regenwald, um die vielen Tiere zu füttern. Das hat natürlich große Auswirkungen auf die Natur und wird über kurz oder lang den Planeten zerstören. Wenn alle Menschen dieser Erde vegan ernähren würden, würden wir extrem viele landwirtschaftlich genutzten Flächen wieder anders nutzen oder der Natur zurück geben. Dass der Veganismus sich positiv auf die Umwelt und die Landwirtschaft auswirkt, das ist klar.
Welche Tiere sind Ihnen am nächsten?
Daniel Felderer: Ein Tier ist ein Lebewesen wie ich und will respektiert werden. Ans Herz gewachsen sind mir Schweine, weil sie extrem intelligent sind und auch extrem ausgebeutet werden. Schweine werden in CO2-Gaskammern vergast, nach Südtirol importiert und hier verkauft. Wenn man so einem Schwein in die Augen schaut, sieht man, dass es intelligent genug ist, zu erkennen, dass sein Leben in Gefahr ist. Kein einziges Tier hat es verdient, nur gezüchtet zu werden, um ausgebeutet zu werden.“
Daniel Felderer wird an der Podiumsdiskussion im Rahmen der Toblacher Gespräche teilnehmen. Mit am Podium: Matthias Gauly, Prof. an der Freien Universität Bozen, Silvia Schroffenegger, Tierschutzpolizistin, Julia Tonner, Jägerin.
Beginn: Freitag, 30. September, 20.00 Uhr, Grand Hotel Toblach
Mehr Infos: www.toblacher-gespraeche.it
Quelle: Akademie der Toblacher Gespräche/redSupport BARFUSS!
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