Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus
Am 14. Dezember 2022 hat die Südtiroler Sanität gemeinsam mit dem Versuchszentrum Laimburg eine Studie zum Thema “Langzeiterhebung zu Pestizidrückstände auf Spielplätze in der Periode 2018-2022” vorgestellt. Die Ergebnisse stehen zum Teil in Widerspruch zu der bereits im September 2022 vorgestellten Studie der internationalen Forschungsgruppe PAN-Europe und BOKU.
Folgende Punkte sind zu bemerken:
Zeitpunkt der Probenentnahme
Im Jahr 2021 wurden viele Grasproben im Monat Februar (Winter) und während der Erntezeit (August / September) gezogen. Dies könnte statistisch betrachtet zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen.
Immerhin beobachtete man, dass die Belastung im Monat Mai über den Jahren unverändert hoch ist. Über 90% der untersuchten Spielplätze / Schulhöfe sind mit Pestiziden belastet. Auf einen Spielplatz in der Gemeinde Kurtatsch wurden sogar 5 verschiedene Pestizide nachgewiesen.
In der Studie wurde auch nicht detailliert auf die Eigenschaften der gefundenen Wirkstoffe eingegangen (Krebserregend, Reproduktionstoxizität, Umwelttoxizität, ). Am häufigsten wurden folgende Wirkstoffe nachgewiesen: (Information gemäss EU Pesticide Database)
Fluazinam – “Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen”
Captan – “Kann vermutlich Krebs erzeugen”
Phosmet – “Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen”
Folpet – “Kann vermutlich Krebs erzeugen”
Bei den gefundenen Wirkstoffen handelt es sich zum Teil auch um hormonell wirksame Substanzen. Hier gilt die These “Die Menge macht den Gift” (Paracelsus-These vor 500 Jahren) nicht, und wurde bereits wissenschaftlich nachgewiesen, dass bereits kleinere Konzentrationen negative gesundheitlichen Effekte hervorrufen können.
Diese Effekte werden sich erst in Jahren bis Jahrzehnte zeigen, was ein Monitoring essentiell macht um das potentielle Risiko nachhaltig zu erfassen um ggf. schnell Reduktions und Schutzmaßnahmen ergreifen zu können.
Vergleich mit MRL Salat versus MRL Äpfel / Blaubeeren
In Vergangenheit wurde einen Vergleich mit MRLs für Lebensmitteln mehrmals kritisiert.
Bei unseren Studien wurde die gefundenen Konzentrationen mit dem erlaubten Grenzwert für Salat verglichen, weil zum Zeitpunkt der Probenentnahme (April bis November) in den Privatgärten und Bioanlagen Salat geerntet wurde und weil die Blattstruktur von Gras bzw. Wildsalat wie Löwenzahnblätter ähnlich ist.
Bei der vorgestellten Studie wird einen Vergleich mit MRL für Äpfel / Blaubeeren gemacht, welche wesentliche höhere Grenzwerte erlauben, und somit scheinbar in Ordnung sind. Würde man die Ergebnisse wie zuvor schon mit MRL für Salat vergleichen, würde das Ergebnis anders aussehen.
Bei der Laboranalyse wurde nur nach 92 Wirkstoffe gesucht, obwohl das angewandte Analyseverfahren, so wie es in vorangegangenen Studien angewandt wurde, über 300 Substanzen nachweisen kann und auch dem Anwendungsspektrum eher entsprechen würde. Wir vermuten, dass einige Substanzen nicht nachgewiesen wurde, da sie nicht im Analysespektrum aufschienen.
Auf eine mögliche Aufnahme über die Atemwege wurde zu wenig eingegangen.
Das Ziel der Studie war es unter anderem festzustellen, ob die von der Südtiroler Landesregierung getroffenen Maßnahmen tatsächlich zu einer Reduktion des Abdriftes geführt haben. Es konnte zwar eine signifikante Reduktion der Rückstandsbelastung von sensiblen Orten festgestellt werden, allerdings sollte das Monitoring mit einer verbesserten und transparenteren Standortauswahl und Probenahmezeit fortgeführt werden.
Es wäre begrüßenswert, wenn unabhängige Wissenschaftler gemeinsam mit den Landesinstitutionen in Zukunft ein vollständiges und transparentes Monitoring durchführen würden.
Hinweise:
Pesticide drift mitigation measures appear to reduce contamination of non-agricultural areas, but hazards to humans and the environment remain – Science of the Total Environment, 2022 https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.158814
Year-round pesticide contamination of public sites near intensively managed agricultural areas in South Tyrol – Environmental Sciences Europe, 2021, https://doi.org/10.1186/s12302-020-00446-y
Pesticide contamination and associated risk factors at public playgrounds near intensively managed apple and wine orchards – Environmental Sciences Europe, 2019, https://doi.org/10.1186/s12302-019-0206-0
Quelle: pan/redSupport BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support