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Bioland Südtirol und über 100 andere Organisationen haben einen offenen Brief an die EU-Kommission verfasst, in dem sie den neuen Gesetzesentwurf zur Gentechnik wegen fehlender Transparenz und fehlender Regulierungen kritisieren.
Der Gentechnik Gesetzesentwurf der EU Kommission vom 5. Juli hat eine breite Diskussion um eine De-facto-Deregulierung dieses heiklen Bereichs losgetreten. In Zukunft könnten also KonsumentInnen beim Einkaufen nicht mehr zwischen gentechnikfreien Produkten und jenen mit neuer Gentechnik (CRISPR/Cas) unterscheiden. Auch die EU Mitgliedsstaaten sollen kein Mitspracherecht über die Zulassung gentechnisch veränderter Organismen auf ihrem Staatsgebiet mehr haben. „Bislang wurde die gentechnikfreie Kennzeichnung von Lebensmitteln als Gütesiegel wahrgenommen,“ so Walter Steger, Vorstand von Bioland Südtirol. Für die gentechnikfreie Bio- aber auch konventionelle Landwirtschaft wäre das ein herber Schaden, denn der freie Zugang zu Saatgut, Sorten und genetischem Material würde stark eingeschränkt, und zwar durch die Deregulierung, die den Weg frei macht für neue Patente.
„Dass die großen Saatgut-Unternehmen sich künftig massenweise neue Patente auf Pflanzeneigenschaften sichern können, ist für sie so etwas wie die vergoldete Kirsche auf der Sahnetorte“, kommentiert Jan Plagge, Präsident von Bioland und IFOAM den Kommissionsentwurf. Denn der Gesetzesentwurf lässt die Frage der Patente völlig außer Acht. Über 100 Organisationen, darunter auch Bioland, haben Anfang Juli 2023 einen offenen Brief an die EU-Kommission geschrieben, in dem sie große Sorge vor einem undurchschaubaren Patent-Dickicht äußern. Doch nicht nur die Intransparenz ist ein Problem: es entsteht ein lukratives Geschäftsmodell, indem Saatgut-Konzerne Daten von genetischem Material sammeln und besitzen.
Bislang war es so, dass für Pflanzen-Sorten keine Patente erteilt werden. Jedoch gilt das nicht für Pflanzen-Eigenschaften. Somit gelten Pflanzen welche durch gentechnische Methoden hergestellt werden, oder wenn eine genetische Veränderung in einer Pflanze mit technischen Mitteln hervorgerufen wird, als „biotechnologische Erfindung“ und sind somit patentierbar.
Die Argumente der Nachhaltigkeit bzw. Klimaresistenz, welcher von den Befürwortern der neuen CRISPR-Gentechnik ins Feld geführt werden, sind vernachlässigbar, da es dieses „Klimawandel-Gen“ nicht gibt, das man mithilfe neuer Gentechnik einsetzen könnte; wir brauchen demgegenüber wirklich robuste Sorten, die sich standortangepasst entwickeln können. Im Zentrum der Ernährungssicherung stehen fruchtbare und wasserspeichernde Böden. Die Verharmlosung der neuen CRISPR Gentechnik und ein Abschied vom Vorsorgeprinzip durch Risikoprüfung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung, wie es bislang in der EU gültig ist, sind für Bioland der falsche Weg einer verantwortungsvollen zukünftigen Landwirtschaft.
Was ist CRISPR/Cas?
Die CRISPR/Cas-Technik ist eine von mehreren vergleichsweise neuen Methoden, das Erbgut von Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen zu verändern. Gemeinsam ist den neuen Techniken, dass sie den natürlichen Reparaturmechanismus der Zellen ausnutzen, um die gewünschten Änderungen am Erbgut zu erreichen. Behauptet wird, CRISPR/Cas sei viel präziser und effizienter als die herkömmliche Gentechnik, bei der die fremde DNA mit Metallpartikeln in die Zelle geschossen oder von Bakterien eingeschleust wird. Allerdings belegen Studien, dass auch bei den neuen Gentechnikverfahren ungewollte Effekte und nicht vorhergesehene Veränderungen im Erbgut stattfinden.
Quelle: Gen. Bioland Südtirol landw. Ges.Support BARFUSS!
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