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Vera Mair am Tinkhof
Veröffentlicht
am 03.09.2013
MeinungOne Song One Story

Something Good

Veröffentlicht
am 03.09.2013
Wenn uns Ironie vor jedem Gefühl und aller Romantik abschirmt.
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Am Wochenende war ich auf der ersten Hochzeit meines Lebens. Das war so schön, wie man es sich vorstellt. Da versprechen sich zwei Leute einander den Rest ihres Lebens, den Rest ihrer Tage – ewig Mein, ewig Dein, die ganz großen Worte. An solchen Tagen bin ich froh, dass meine liebe Verwandtschaft katholisch ist, und keine, sagen wir mal, Calvinisten. Eine katholische Messe weiß, wie man Pathos zelebriert – was super ist für unsere Generation, weil wir ja kein Pathos kennen. Wir sind ironieversaut. Nichts ist ernst genug, um es ernst zu nehmen, wir blödeln rum zwischen Popkultur-Referenzen und spielen mit Klischees, weil niemand ein Klischee sein will. Stefan Raab lacht in „TV Total“ über alles und wir lachen mit, Politik verfolgen wir durch die „heute-Show“ und dem „Postillon“, und „South Park“ macht sich eh über alles und jeden lustig. Das ist unser Kulturkosmos. Wir sind nie aufgebracht. Wir sind stets amüsiert. Ein Grinsen ist unsere universelle Antwort auf alle Fragen.
Und dann knien plötzlich zwei Menschen in der Kirche, ohne jedes Augenzwinkern und zweideutigen Seitenhieb, und sprechen all die Sätze nach, die Millionen vor ihnen schon gesagt haben, und allen kommen die Tränen. Das kann einen schon ein wenig fertig machen.

Derart Pathos sind wir nicht mehr gewöhnt. Verpönt ist es mittlerweile sowieso. Ich war mit einem deutschen Freund (die Deutschen als Ironiefetischisten – das ist zwar ein Klischee, aber auch ein bisschen wahr) mal in einem Laden, DVDs stöbern, und er fragte mich nach einem guten Film. Noch während er fragte, dachte ich mir: Komm, sag was Intellektuelles, Arthouse vielleicht, etwas Subtiles, wo man Emotionen mit der Lupe suchen muss – aber dann schlug ich doch einfach Gladiator vor, weil das nun mal ein super Film ist, der einen Liebe und Leid und Leidenschaft nur so um die Ohren wirft. Großes Pathos eben. Da sah ich schon, wie in den Augen meines Begleiters etwas starb. Ach, das hätte doch was aus uns werden können, las ich da, und dann steht das Mädchen auf solch simplen Mainstreamscheiß.

Emotionen sind in ihrer Einfachheit dem modernen Bildungsbürger nicht mehr komplex genug. Liebe ist nur ein Konstrukt, die klassische Vorstellung von Mann und Frau laut Gendertheorie sowieso – so denken wir uns die einfachsten Dinge kaputt, und unser Verstand schirmt uns vor jedem Gefühl und aller Romantik ab. Ich bin davon auch schon infiziert: Als es bei der Trauung zu emotional zu werden schien, sagte ich mir: Komm, hab dich nicht so, morgen ist bei den beiden Brautleuten eh wieder Alltag und alles beim Alten, jede zweite Ehe wird geschieden und solche Sachen, wer wird denn da gleich heulen. Als die Band „Power of Love“ spielte (eine Schnulze, wo einem sonst das leichte Gruseln kommt) dachte ich, ich kann doch jetzt nicht in Tränen zerfließen wegen einem Lied von Céline Dion. Aber da war es schon zu spät, und allen ging es gleich. Da blieb endlich mal kein Auge trocken.

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