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Vera Mair am Tinkhof
Veröffentlicht
am 27.11.2013
MeinungOne Song One Story

Schüttel deinen Speck

Veröffentlicht
am 27.11.2013
Karl Lagerfeld legt sich mit dicken (sorry - vollschlanken) Frauen an.
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Karl Lagerfeld ist toll. Wollt ihr euch mal gut unterhalten, schaut euch ein Interview mit ihm an. Das ist stets Unterhaltung auf höchstem Niveau.

Der Chanel-Designer wurde im Oktober von einer Gruppe französischer Aktivistinnen verklagt, weil er etwas sehr Unvorsichtiges gesagt hatte. Er meinte, niemand wolle dicke Frauen auf dem Laufsteg sehen. Das ist natürlich eine skandalöse Aussage – sofern man körperliche Voraussetzungen für gewisse Berufe als Diskriminierung sehen will. (Dass Flugbegleiterinnen groß genug sein müssen, um an die Stauräume an der Flugzeugdecke zu gelangen, ist dieser Logik zufolge natürlich auch sehr frech.)

„Das Loch in den Sozialkassen kommt auch von Krankheiten, die sich zu dicke Leute eingefangen haben", sagte Lagerfeld weiter. Die beiden Statements, wage ich mal zu behaupten, sind nicht totaler Schmarrn. Ich würde sogar so weit gehen und dem guten Herrn Lagerfeld Recht geben, aber so was ist gefährlich in einer politisch korrekten Welt, wo genau festgelegt ist, wen man für seinen ungesunden Lebensstil öffentlich ein wenig lynchen darf.

Rauchern etwa darf man ständig unter die Nase halten, wie ungesund ihr Laster ist, dass man davon Krebs und Falten kriegt, wie viel sie den Krankenkassen kosten und so weiter. Da schimpft der nichtrauchende Steuerzahler laut und innig. Sagt man aber einem Dicken, dass Übergewicht der eigenen Gesundheit nicht besonders zuträglich ist, dann drehen alle durch. Dass eine schlanke Frau auch schöner ist als dieselbe mit zwanzig Kilos mehr auf den Hüften, wird auch nur hinter vorgehaltener Hand getuschelt. Man darf sagen, jede Zigarette ein Sargnagel – aber jeder Schokoriegel eine Cellulite-Delle? Das geht natürlich nicht.

Auf die Zigarettenschachteln will die EU nun riesengroß schwarze Lungen drucken und Raucherbeine und was weiß ich. 65 Prozent der Verpackungsoberfläche werden bald bedeckt sein mit den abschreckenden Bildern, damit auch kein Raucher darüber im Unklaren gelassen wird, welches Gift er sich da in die Atemwege pumpt. Wenn ich aber wissen will, wie viel Zucker der scheinbar so gesunde Fruchtsaft hat, der mir im Supermarkt aus dem Regal entgegenlacht, muss ich erst mal mit der Lupe nach der Nährwerttabelle suchen. Dann steht da was von Aromen und anderen Zutaten, die einem auch nicht weiterhelfen, und die meisten Begriffe klingen wie aus dem Chemie-Leistungskurs.

Man setzt auf den mündigen Konsumenten. Coca Cola muss keine Warnhinweise und Menschen mit Hang zu Adipositas auf seine Flaschen drucken und auch nicht schreiben, dass auf einen Liter 36 Stück Zuckerwürfel kommen – wem das bislang noch entgangen ist, kann auf der Rückseite ja auf dem Etikett nachsehen. Nur bei Zigaretten glaubt das EU-Parlament, das Elend muss von der Verpackung lachen.

Die französischen Aktivistinnen fühlen sich also sehr gekränkt von Karl Lagerfeld. Der hat Glück, dass russische Männer nicht genauso empfindlich sind. Über die zog er nämlich auch her: „Wenn ich Russin wäre, wäre ich lesbisch. Die russischen Männer sind nicht sehr attraktiv.“ Keine Vereinigung stolzer Russen hat ihn dafür angezeigt, weil sie sich in ihrer Eitelkeit gekränkt fühlten. Das ist ja nochmal gut gegangen.

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