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Freiheit ist ein großes Wort. Ein Wort, schwierig zu klassifizieren und trotzdem so gerne von uns verwendet. Nicht besser könnte man das Lebensmotto einer ganzen Generation auf den Punkt bringen als durch diese acht Buchstaben. Frei zu sein, ist nämlich das Wichtigste für uns Ypsiloner. Frei von Arbeitsverträgen, frei in unserer Zeiteinteilung, frei von Bindung. Doch wenn wir über eines immer und immer wieder jammern, dann darüber, dass die Stücke zu klein sind, die wir von diesem großen Freiheitskuchen abkriegen. Schwachsinn! Schaut man nämlich genauer hin, stellt man fest, dass wir so viel Freiheit genießen, wie kaum eine Generation vor uns.
Während Philosophen, Künstler und Denker seit Jahrhunderten versuchen, das Wort Freiheit zu definieren, hat dieser Begriff für uns eine ganz klare Bedeutung: Freiheit ist für Ypsiloner das Gefühl von Unabhängigkeit und Autonomie, das uns zu jeder Zeit erlaubt, das zu tun, wozu wir Lust haben und was wir als richtig empfinden.
„Zu viel Freiheit macht uns auch wieder unsicher und wenn es dann einmal hart auf hart kommt, trauen wir uns meistens doch nicht, die Nabelschnur zu Mutter Staat ganz durchzusäbeln.”
Trotz der ganzen Freiheit, die unsere Generation jedoch bereits genießt, haben wir doch höchst selten das Gefühl, diese im Hier und Jetzt auch wirklich zu leben, frei zu sein. Und wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum wir immer und immer wieder aufbrechen in die große, weite Welt. Fernab von der einschränkenden Heimat scheint es nämlich einfacher zu sein, diese Freiheit zu spüren. Keine Post, keine E-Mails, kein Internet. Kein Steuerberater, keine Kontoauszüge, keine Rechnungen, kein Zeitdruck. Und damit keine Sorgen. Flugmodus und der Fluss des Lebens, der einen Tag für Tag in neue Abenteuer treibt, das ist Freiheit nach Ypsiloner-Geschmack.
Doch eigentlich ist das Reisen nichts anderes als die Flucht aus einem System, von dem wir denken, dass es uns unserer Freiheit beraubt und nichts anderes als Unzufriedenheit, Krieg und Terror in unser Leben bringt. Einem System, in dem wir uns gefesselt fühlen und eingeschränkt. Einem System, dem wir vermeintliche Rebellen uns aus Feigheit aber trotzdem immer wieder unterwerfen. Denn zu viel Freiheit macht uns auch wieder unsicher und wenn es dann einmal hart auf hart kommt, trauen wir uns meistens doch nicht, die Nabelschnur zu Mutter Staat ganz durchzusäbeln. Also versuchen wir es immer wieder mit kleinen Schnitten, um die Freiheitsbalance in unserem Leben aufrecht zu erhalten.
Die Freiheit, unser Grundzustand
Um dieses Gefühl endlich wieder in meinen Adern pochen zu spüren, habe auch ich vor zwei Monaten meine Koffer gepackt und bin meiner Freiheit in 26 Stunden Flugzeit ans andere Ende der Welt hinterher geflogen. Zwei Monate lang habe ich auf knappen vier Quadratmetern fahrbarem Untersatz gelebt, auf einer Gasflamme gekocht, in eiskalten Flüssen und Seen geduscht und auch meine Wäsche darin gewaschen. Ich bin mit der Sonne aufgestanden und mit dem Mond schlafen gegangen, habe im Rhythmus der Natur gelebt und dadurch nicht nur zu mir selbst, sondern auch zu meiner Freiheit zurückgefunden. Und was ich dabei verstanden habe, ist, dass diese nirgendwo anders liegt als in unseren Ursprüngen. Freiheit ist unser Grundzustand. Von unserer Geburtsstunde an sind wir freie Menschen, was wir aus dieser Freiheit jedoch machen, liegt einzig und allein bei uns.
„Vom Freiheitskuchen naschen wir Tag für Tag. Nur haben wir uns mittlerweile an seinen Geschmack gewöhnt und nehmen ihn deshalb gar nicht mehr wahr.”
Das ganze Ypsiloner-Jammern über fehlende Freiheit ist also umsonst. Dass wir nämlich nicht frei sind, ist bloße Illusion. Im Gegenteil, vom Freiheitskuchen naschen wir Tag für Tag. Nur haben wir uns mittlerweile an seinen Geschmack gewöhnt und nehmen ihn deshalb gar nicht mehr wahr. Nicht das Reisen ist es also, was uns das begehrte Gefühl zurückbringt, sondern das aufmerksamere Konsumieren, um die Freiheit so in unserem stressigen Alltag wiederzufinden. Frei sind wir im Prinzip nämlich immer.
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