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Veröffentlicht
am 04.09.2025
MeinungTagebuch eines jungen Alkoholikers

100 Tage ohne dich

Veröffentlicht
am 04.09.2025
Aaron wagt den Schritt in die Öffentlichkeit: Er nennt erstmals seinen Namen und erzählt, wie er den Alkohol hinter sich gelassen hat.
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Hallo du, Robin hier.

Nein. Von vorne.

Mein Name ist Aaron Kerschbaumer, ich bin 30 Jahre alt und komme aus Südtirol. Und ich bin Alkoholiker. Heute sind es 100 Tage und ich habe dir versprochen, dass ich dir meinen Namen verrate.

Heute sitz ich nicht mal mehr in der Bar, von wo aus ich dir immer geschrieben habe. Vielleicht ist es nicht mehr wichtig. Ich weiß es nicht.

Was ich weiß: Ich habe lang damit gekämpft, ob ich das mache oder nicht. Aber es ist mir wichtig. Weil es mich nicht definiert. Ich bin immer noch derselbe. Nein, ich habe gelogen (ein letztes Mal): Ich bin die viel bessere Version von mir.

Ich möchte dir danken. Danke, dass du mir zugehört hast und danke, dass ich dir meine Geschichte erzählen durfte. Danke auch an das Team von BARFUSS, die von Anfang an hinter meiner Idee gestanden sind.

Fürs Erste war’s das mal. Aber ich möchte mit einer kleinen Sache abschließen. Ich möchte dir einen Text zeigen, den habe ich am Tag nach der Entscheidung geschrieben, mit dem Alkohol abzuschließen.

Vielleicht melde ich mich irgendwann wieder. Bis dahin schau auf dich und deine Mitmenschen.

100 Tage ist erst der Anfang.

Dein Aaron oder Robin oder welcher Name dir auch immer gefällt.

Fürs Erste war’s das mal. Aber ich möchte mit einer kleinen Sache abschließen. Ich möchte dir einen Text zeigen, den habe ich am Tag nach der Entscheidung geschrieben, mit dem Alkohol abzuschließen.

Ich bin 13 Jahre alt. Irgendwo im Dorf bei uns. Da haben wir uns zum ersten Mal kennengelernt, lieber Alkohol. Es war aufregend, es hat geprickelt und irgendwo war es wohl auch Liebe auf den ersten Blick. Ab diesem Moment warst du jedes Wochenende für mich da, hast mir geholfen und hast mich für eine Nacht unsterblich gemacht. Mit dir hab ich die schönsten Geschichten des Lebens geschrieben.

Bis zum Moment, wo du angefangen hast, die Geschichten mit mir zu schreiben. Das ist nicht von heute auf morgen passiert. Es kam schleichend. Und aus dieser ersten Liebe wurde über die Jahre eine toxische Beziehung. Wir haben uns so oft abgestoßen und haben uns doch wieder geliebt. Du hast mich angelogen und du hast mich manipuliert, trotzdem bin ich immer wieder zu dir zurück.

Weil ich mir nicht eingestehen wollte, was du mit mir machst. Das war wohl diese rosarote Brille, von der alle reden. Wir haben angefangen, eine Wochenendbeziehung zu führen. Immer habe ich mich gefreut, dich freitags zu sehen. Und jedes Mal ist es eskaliert. Vor ca. 1 Jahr wollte ich mich endgültig von dir trennen. Aber du, lieber Alkohol, hast dich immer wieder angeschlichen, du hast mir immer wieder gesagt: Lass es uns nur einmal noch probieren. Ich verspreche dir, es ist nur dieses eine Mal.

Und ich bin jedes Mal drauf reingefallen. Weil ich dich halt brauchte. Weil ich dich liebte.

Und ich bin jedes Mal drauf reingefallen. Weil ich dich halt brauchte. Weil ich dich liebte.

Ich habe in diesem letzten Jahr jeden Tag an dich gedacht, mit der Hoffnung, dass wir uns jeden Freitag, jeden Samstag das letzte Mal sehen würden.

Am 25. Mai 2025 haben wir uns zum letzten Mal gesehen. Ich wollte dich eigentlich meiden, wollte eigentlich nach Hause. Du hast mich wieder mal überredet zu bleiben. Eine Nacht noch zusammen, nur wir beide, immer dasselbe. Ich bin geblieben. Aber weißt du was?

Am Tag danach habe ich es endlich verstanden. Und ich habe all meinen zerbrochenen Mut zusammengenommen, lieber Alkohol.

Schon bald nach unserer letzten Begegnung bin ich nämlich zu einem Treffen gegangen. Und da waren Menschen, die mir erzählt haben, dass du mich ganz schön oft mit denen betrogen hast. Und dass sie auch von dir loskommen wollten und vor allem, dass sie es schafften. Und das hat mir die Augen geöffnet. Und guess what: Ich habe jemand Neues kennengelernt. Abstinenz. Und die ist richtig fein zu mir. Wir lernen uns grad langsam kennen, aber sie gibt mir mehr Sicherheit, als du es je gekonnt hättest. Ich brauche dich nicht mehr.

Mein alter Freund, mach es gut. Und ich danke dir – nicht dafür, was du mit mir getan hast, sondern dafür, dass du mir dein wahres Gesicht gezeigt hast.

Zum Wohl – aber zum Wohl für mich.

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