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Veröffentlicht
am 17.08.2017
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Zweiter Hand als erste Wahl

Veröffentlicht
am 17.08.2017
Anna Gruber verzichtete ein Jahr lang völlig auf den Kauf neuer Kleidung. Vieles näht sie selbst um, das, was sie nicht mehr trägt, nimmt sie auf Tauschpartys mit.
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Manchmal wäre ihr lieber mehr egal. Aber wenn Anna Gruber daran denkt, was alles weggeworfen wird, und hört, wie Menschen bei der Kleiderproduktion ausgebeutet werden, kann sie kein T-Shirt mehr um drei Euro erwerben. Früher hat sie das getan. Heute möchte sie am liebsten gar nichts mehr kaufen. 2014 hat die Erziehungswissenschaftlerin aus St. Pankraz gänzlich auf den Kauf von Kleidern verzichtet. Im Jahr darauf hat sie einen Pullover und ein Paar Schuhe gekauft, 2016 zwei Hosen, ein paar Schuhe, einen Pullover und ein T-Shirt. „Damit bin ich für die kommenden Jahre versorgt“, ist sie überzeugt.

Die 27-Jährige baut mit ihrem Freund Daniele Piscopiello auf dem Stecherlihof in St. Valentin auf der Haide Gemüse an und verteilt es im Freundeskreis. Die beiden haben elf Bienenstöcke und vor, weniger in Supermärkten einzukaufen. Sie möchten künftig sich selbst und andere mit biologischem Gemüse versorgen.

Auch wenn manche Leute Anna Gruber als mutig bezeichnen, die Kindergärtnerin hat Angst: Angst wegen der schwindenden Ressourcen der Erde, Sorge über den Bezugsverlust der Menschen zu Natur und Boden, Bedenken wegen der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit.

„Ich überlege, ob mir der Schuh die Zeit wert ist, die ich brauche, um das Geld dafür zu verdienen.”

„Viel kann ich nicht tun“, sagt sie. Aber sie hält die Kreisläufe klein, verzichtet soweit als möglich auf Kunststoff, kauft fairen Kaffee und wägt ständig ab. Sie will keinen Schuh kaufen, nur weil er ihr gefällt: „Ich überlege, ob mir der Schuh die Zeit wert ist, die ich brauche, um das Geld dafür zu verdienen.“

Anna Gruber wirkt stilsicher, trägt selbstgenähte Kleider, umgeschneiderte Blusen, geflickte Hosen. Als ihr im Jahr ohne Kleiderkauf nach etwas Neuem war, lud sie zu einer Kleidertauschparty oder setzte sich an die Nähmaschine. „Ich möchte der Kleidung den Wert zugestehen, den sie hat“, sagt die junge Frau. Das heißt für sie, etwas so lange zu tragen, bis es kaputt ist oder zu tauschen, wenn es langweilig wird.

Beim Thema Einwanderung rät sie zu differenzieren, auch wenn sie selbst keine zufriedenstellenden Antworten findet. Es habe zwar immer Wanderungsbewegungen gegeben, aber der heutige Landraub, die derzeitigen Kriege und Ausbeutung suchten ihresgleichen in der Geschichte. Immer wieder stößt Gruber auf Dokumentationen zu internationalen Zusammenhängen, liest Reportagen über giftigen europäischen Elektroschrott auf westafrikanischen Müllhalden, begegnen ihr Fotos von Bergen gebrauchter Kleider in Kenia oder Uganda. Das zieht runter, sie möchte nicht nur schlechte Nachrichten konsumieren, sondern sich am Guten orientieren.

Einmal sagte ein Professor bei einer Vorlesung, dass heutige Kinder zu Funktionsmenschen für die Arbeitswelt herangezogen werden und fragte: „Wer macht Kinder, die es zu leben schaffen?“. Sie wusste: Das Leben hat Priorität. Letzthin ist Anna Gruber gelassener geworden, kann Sachen und Menschen sein lassen. Wenn sie etwas aufregt, sagt sie sich höchstens: „Nicht ärgern, nur wundern“.

von Maria Lobis

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