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Die lange Serie von Mittelmeertiefs sorgte in Südtirol für einen ungewöhnlich frühen und heftigen Wintereinbruch. Mancherorts wie in Pfelders oder Sulden türmt sich der Schnee jetzt über einen Meter hoch und der Winter hat noch nicht einmal offiziell begonnen. Zwei Wochen lang blieb die Großwetterlage nahezu unverändert. Kalte Luft gelangte über Frankreich in den Mittelmeerraum, traf dort auf das noch relativ warme Wasser, über dem sich dann laufend neue Tiefdruckgebiete entwickelt haben. Ein solch früher Wintereinbruch kommt in Südtirol nicht alle Jahre vor und ist auf den ersten Blick ein Widerspruch zur allgemeinen Klimaerwärmung. Aber stimmt das?
Zunächst muss man die beiden Begriffe “Wetter” und “Klima” voneinander trennen. Das, was wir letzte Woche erlebt haben, fällt unter die Kategorie “Wetter”, wenn auch in seiner extremsten Form. Normalerweise ist jeder Tag anders, mal ist es wärmer, mal kälter, mal regnet es und mal scheint die Sonne. Wetter ist der kurzfristige Zustand der Atmosphäre. Das Klima bezieht sich im Gegensatz dazu auf einen deutlich längeren Zeitraum von mindestens 30 Jahren. Erst wenn sich in einer derart langen Periode eine Änderung feststellen lässt, kann man von einer Klimaänderung sprechen. Diese ist, was die Temperaturen betrifft, ja mittlerweile unbestritten. Es wird kontinuierlich wärmer, sowohl in Südtirol auch als weltweit.
Aber zurück zur ursprünglichen Frage: Steht der frühe Wintereinbruch im Widerspruch zum Klimawandel oder ist er sogar eine Folge davon?
Ein einzelnes Extremereignis lässt sich nicht direkt mit dem Klimawandel erklären. Auch schon lange vor der Industrialisierung und damit vor dem menschengemachten Klimawandel gab es extreme Wettereignisse, von Hochwasser über Stürme bis zu massiven Wintereinbrüchen. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten aber darauf hin, dass stationäre Wetterlagen häufiger werden. Die allgemeine Westströmung (Jetstream) schwächt sich ab. In der Folge bedeutet das: Hat sich mal eine Wetterlage eingestellt, dann bleibt sie länger bestehen. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: Dürresommer 2018 in Mitteleuropa, extreme Schneefälle an der Alpennordseite im Jänner 2019 und aktuell die großen Niederschlagsmengen an der Alpensüdseite. Ein weiterer und wesentlicher Faktor ist, dass das Mittelmeer sich immer weiter erwärmt. Dadurch kann mehr Wasserdampf aufsteigen, welche die Entwicklung von Tiefdruckgebieten verstärkt.
Fazit: Für die jüngsten Starkniederschläge kann man nicht direkt den Klimawandel verantwortlich machen. Aber in einer stetig wärmer werdenden Umgebung werden solche Extremereignisse begünstigt.
Der Gastautor Dieter Peterlin ist Meteorologe beim Landeswetterdienst.
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