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Trudi Matzneller
Veröffentlicht
am 10.06.2025
LeutePorträt Jakob Messner Windschnur

Vom Gufidauner Green Screen auf die Südtiroler Bühne

Veröffentlicht
am 10.06.2025
Influencer, Comedian, Podcaster: Jakob Messner hat in etwas mehr als nur einem Jahr das geschafft, wovon viele träumen. Doch der 28-Jährige aus Gufidaun bleibt auf dem Boden – auch wenn er längst dabei ist, über die Landesgrenzen hinaus zu „fliegen“.
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Es ist Anfang Mai, als ich Jakob Messner Windschnur zum Interview in einem Klausner Gasthaus treffe. Draußen schüttet es in Strömen, der Donner grollt. „Ich habe heute kurz überlegt, zu Fuß von Gufidaun hierher zu laufen“, sagt Jakob grinsend zur Begrüßung. „Aber bei dem Wetter …“ Der 28-Jährige kommt unaufgeregt lässig daher, er trägt ein rot-schwarzes Karohemd, darunter blitzt ein schwarzes T-Shirt hervor. Die widerspenstigen Haare stecken unter einer umgedrehten Schirmmütze. Er bestellt einen Kaffee, lehnt sich zurück – und beginnt zu erzählen. Über Instagram, den Spagat zwischen kreativer Freiheit und Businessdruck, seinen berühmten Vater, das Leben in der Südtiroler Content-Bubble – und was es heute heißt, als junger Comedian ernst genommen zu werden.

Mehr als nur „der Sohn von …“
Jakob Messner hat schon früh Bühnenluft geschnuppert, damals, als er als kleiner Knirps ein paarmal mit seinem Vater Sepp Messner Windschnur, dem Südtiroler Liedermacher, vor Publikum auftrat. Dass sein Vater bekannt ist und er oft als „der Sohn von …“ betitelt wird, stört ihn nicht. Im Gegenteil: Er ehrt den Vater – mit dem Künstlernamen „Windschnur“, den er von ihm übernommen hat. Und trotzdem: Dass er in die Fußstapfen seines Vaters tritt, kam nie wirklich infrage. Auch wenn dieser ihn öfters dazu aufforderte, „was aus seinen Liedern zu machen“. „Es war ein bisschen so, wie wenn ein Zimmermann zu seinem Bub sagt: Übernimm die Zimmerei!“, erzählt Jakob. Musik war dann zwar der Anfang – mit einem Cover von „’s Motorradl“. „Aber das war nicht meins. Ich habe gespürt: Das bin ich nicht.“ 

Aus „einfach mal machen“ wird „eppes Gscheits“
Anschließend hat Jakob Messner seine Ideen für kreative Projekte für längere Zeit auf Eis gelegt. Als jedoch seine beiden Eltern nacheinander schwer erkrankten, war dies der Schlüsselmoment, in dem er sich dachte: „Wenn sich das Leben von heute auf morgen so grundlegend ändern kann, warum sollte ich dann weiter Dinge aufschieben? Warum nicht einfach mal machen? Es ist ja wurscht.“ Aus dem anfänglichen Hobby ist heute Jakob Messners Nebenberuf geworden. Hauptberuflich arbeitet er als Web-Programmierer in einer Werbeagentur. Daneben spielt er noch in der Gufidauner Musikkapelle, aus seiner Band „Partyvolk“ ist er ausgestiegen, dafür fehlte ihm irgendwann einfach die Zeit.

Nahezu seine gesamte Freizeit steckt er in seinen Comedy-Kanal, produziert Videos, schneidet, schreibt, plant. Zum Ausgleich geht er laufen, das ist ihm wichtig. „Ich bin praktisch nur in meinem Studio, da leidet schon auch das soziale Leben drunter“, gibt Messner nachdenklich zu. Der junge Gufidauner ist jedenfalls niemand, der sich beschwert. Trotzdem wäre durchatmen manchmal auch nicht schlecht, lässt er durchklingen. Aber sogar im Urlaub fällt das Abschalten schwer. Auch da postet er noch Stories – aber er möchte das unbedingt ändern. „So wichtig isch man nor a wieder net“, sagt er bescheiden. 

Die Leute denken vielleicht oft: Der macht da kurz ein Video, fertig. Aber da steckt stundenlange Arbeit dahinter.

Jakob Messner

Ein Blick ins Windschnur-Universum
Scrollt man durch seinen Instagram-Kanal „windschnur_comedy“, begegnet man Figuren, die jedes Klischee bedienen – und genau deshalb so gut funktionieren: Der hochnäsige Bozner Maximilian Leander von Grafenstein, der grantige Hütten-Kassier Kalle, der Tiroler Skilehrer Kufsteiner Klausi mit charmantem Macho-Vibe – ja sogar Donald Trump oder Jannik Sinner werden gekonnt von Jakob Messner parodiert.

Sein erstes virales Video als Bozner Snob war eigentlich nur als simple Ankündigung für etwas anderes gedacht. Daraus sind heute, etwas mehr als ein Jahr später, über 100 Videos geworden, dem Content Creator folgen mittlerweile über 23.000 Menschen auf Instagram. Comedy ist für Messner nicht mehr bloß Spaß, sondern Handwerk. „Die Leute denken vielleicht oft: Der macht da kurz ein Video, fertig. Aber da steckt stundenlange Arbeit dahinter. Und ich bin auch richtig pingelig!“ Messner sagt auch: „Wenn mir meine alten Videos noch gefallen würden, wäre das ein schlechtes Zeichen. Ich will mich weiterentwickeln. Besser werden.“

Jakob parodiert Trump in Toms Kellershow.

„Kill your Babys“: Strategie trifft Bauchgefühl
Mittlerweile denkt er als Content Creator auch viel strategischer, was Reichweite, Zielgruppen und Inhalte betrifft. Seine Figuren – wie der Bozner – funktionieren gut in Südtirol, weil die Rolle hier jeder versteht. Aber um Menschen über die Landesgrenzen hinaus zu erreichen, braucht es mehr. Vor allem Strategie, ein ordentliches Konzept. „Einen Tiroler Skilehrer zum Beispiel kennt man überall – einen Bozner aber nicht.“ Deshalb wird ihm eines nicht erspart bleiben: „Kill your Babys“, wie er es nüchtern nennt. Formate, die nicht über Südtirol hinaus funktionieren, müssen also vielleicht gehen, wenn sie die Reichweite blockieren. 

Vor einem Jahr wusste Messner genau, wer seine Inhalte sieht: hauptsächlich die Südtiroler Mittelstandswelt, zwischen Bozner Schickeria und dörflicher Stammtischrunde. Doch mittlerweile hat sich das geändert: Rund 25 Prozent der Follower:innen kommen inzwischen aus dem Ausland, aus Deutschland, Österreich, der Schweiz. Manche Videos, etwa jene mit Donald Trump, erreichen sogar Menschen in Syrien oder Israel. „Aber das bringt einem nix“, sagt Messner. „Wenn du ein reines Trump-Video machst, erreichst du alle – und niemanden.“ Deshalb versuche er, gezielter zu arbeiten. Sketche, die wie bei einem seiner Trump-Videos etwa die Zölle für Südtirol, Tirol und Bayern aufs Korn nehmen, sollen helfen, diese Brücke aus der Südtiroler Bubble hinaus zu schlagen.

Auf meiner Seite möchte ich eher ein Zusammenkommen ermöglichen.

Jakob Messner

Ein bisschen „Fame“
Auf die Frage, wo Messner Inspiration für seine Figuren findet, antwortet er: „Ich muss gar nicht rausgehen, um mir Ideen zu holen. Die finde ich im Internet. Dieses Feld ist endlos.“ Mit wachsender Reichweite wächst auch die Aufmerksamkeit. Heute wird er oft erkannt, auf der Straße angesprochen. Meistens höflich, interessiert, wertschätzend. Doch nicht alle sind begeistert. „Eine Frau hat mir bestimmt zehnmal gesagt, dass sie sich bei meinen Videos immer fremdschämt. Ein paar Tage später hat sie sich entschuldigt, nachdem wir miteinander geredet haben.“ Hater gibt’s zwar, aber wenige: „Das sind meist Menschen, die ihre eigene Unzufriedenheit auf andere projizieren“, glaubt Messner. Wichtig ist ihm aber eines: Als Künstler will er Haltung zeigen, ohne zu spalten. „Auf meiner Seite möchte ich eher ein Zusammenkommen ermöglichen.“ Menschen mit schwierigen (politischen) Meinungen auszugrenzen, bringe nichts. „Man muss miteinander reden. Vielleicht können genau solche Comedy-Seiten ja dafür gut sein.“

Jakob Messner Windschnur mit Luis von Ulten.

Der Sprung auf die Bühne
Im Herbst geht’s auf die Bühne, „windschnur_comedy“ geht auf Tour. „Ich will ausprobieren, ob meine Figuren live genauso viel Anklang finden.“ Erfahrung gesammelt hat er schon, als er mit Luis von Ulten aufgetreten ist, als „Vorgruppe“ sozusagen. Da hatte er nur zehn Minuten Bühnenzeit, jetzt sollen anderthalb Stunden daraus werden. Messner hat sich beim Schreiben des Bühnenprogramms zwar Unterstützung von anderen Autor:innen geholt, ein Management für sein Business hat er bisher aber nicht. „Das Baby aus der Hand geben“, sagt er, falle ihm schwer.

Stillstand – ein Fremdwort
Und dann gibt es ja auch noch den Podcast „Der Wind schnurt“. Dort plaudert Messner mit Gästen wie Sarah Bernardi oder Max von Milland, bald soll auch der Schauspieler Thomas Hochkofler zu Gast sein. Auf Instagram entstehen außerdem gerade erste Kooperationen, durch die er zum ersten Mal Geld als Influencer verdient. Zudem vernetzt er sich mit anderen Südtiroler Content Creators wie Buono Memes oder Wolfgang Dibiasi. Geld zu verdienen sei schon wichtig in diesem Job, aber das Bauchgefühl bleibe trotzdem wichtiger, meint Messner. „Wenn’s nicht passt, dann mach ich’s nicht“, sagt er, dafür habe er schon lange ein Feingefühl entwickelt.

Jakob Messner Windschnur wirkt wie jemand, der ständig in Bewegung ist – nicht weil er muss, sondern weil er es will. Und doch sagt er, bevor er wieder zurück nach Gufidaun fährt: „Eine Woche mal nur chillen, ganz ohne Content – das wäre schön. Aber um weiterzukommen, musst du dranbleiben.“ Und weitermachen wird er, das zeigt er schon im kommenden Herbst, wenn er die Bühnen Südtirols mit seinem Charme und Humor erobert.

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