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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 02.11.2016
LeutePorträt einer Steinmetzin

Stein um Stein

Veröffentlicht
am 02.11.2016
Als Bildhauerin und Steinmetzin bearbeitet Sandra Heidenwolf in der Zeit um Allerheiligen vor allem Grabsteine. Über ihren Beruf in einer Männerdomäne.
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Sandra Heidenwolf macht am liebsten Skulpturen und liebt es, frei zu arbeiten.

Sie braucht nur einen Fäustel und einen Meißel und formt damit aus einem Steinblock ein Kunstwerk für die Ewigkeit. Sandra Heidenwolf nimmt ein Schrifteisen in die rechte Hand, einen Fäustel in die linke. Fünfmal klopft sie das Eisen auf den Steinblock, hält kurz inne und klopft weiter. Auf dem Stein hat die 31-Jährige Name und Nachname einer Verstorbenen vorgeschrieben, jetzt macht sie sich an die Feinheiten der Linien. Der Stein ist gestockt – natürlich bearbeitet, die Oberfläche rau. Ihr Blick konzentriert. „Die Kante muss richtig scharf sein, sonst könnten Teile vom Stein absplittern“. Später wird Heidenwolf die Buchstaben ausmalen. Acht Stunden braucht sie noch dafür.

Sandra Heidenwolf ist seit drei Jahren selbstständige Steinmetzin und Bildhauerin. Seit acht Jahren arbeitet sie zudem bereits für einen Betrieb in Terlan. Dort ist sie für die Grabmalsparte zuständig und hat sich auf Grabinschriften spezialisiert. Sie spricht mit Angehörigen, macht Entwürfe und schreibt neue Namen auf Grabsteinen dazu. Vor allem jetzt, zu Allerheiligen, hat die Meranerin viel zu tun.

Immer abwechslungsreich

Klassische Grabsteine sind am meisten gefragt. Auch, weil viele Friedhöfe spezielle Vorgaben haben, an die sich die Bildhauerin halten muss. Maße, Art des Steins, Schriftart – in vielen Ortschaften ist das alles genau geregelt. Es gibt zwar auch ausgefallene Gräber, „sie sind aber die Ausnahme, weil sie besonders teuer sind“, erklärt Heidenwolf. Eines, an dem sie zurzeit arbeitet, ist ein Grabmal mit einem Jesus aus Stein von einem Grödner Bildhauer. Heidenwolf macht die passende Sandsteinplatte dazu. „Das wird toll“, sagt sie. Heidenwolfs Arbeit ist abwechslungsreich und manchmal auch außergewöhnlich. Eintönig wird es nie. Denn auch wenn Schriften einzumeißeln mittlerweile zur Routine gehört, macht ihr die Arbeit Spaß. Den ganzen Tag im Büro sitzen, könnte sie eh nicht.

Heidenwolf beim Schiesl-Denkmal.

Neben Grabsteinen macht Heidenwolf auch Brunnen mit Reliefs, Altäre oder Skulpturen. Sie hat etwa auch das Denkmal für Anton Schiestl in Bozen wiederhergestellt. Ihr bisher „coolster Auftrag“ als Bildhauerin.

Nach der Mittelschule besuchte die junge Frau das Kunstlyzeum in Bozen. In der Abschlussklasse sollte sie etwas aus einem Brocken Beton formen. Ihr erstes Werk wurde ein Kopf ohne konkrete Züge, aber der Beginn eines Traumberufs. Sie besuchte die Berufsfachschule für Steinverarbeitung in Laas, die erste und einzige Fachschule für Bildhauer und Steinmetze in Südtirol. Damals war sie das einzige Mädchen in der Klasse. „Mein Vater hat sich anfangs Sorgen gemacht, Mama war ganz gelassen“, sagt Heidenwolf und lacht. Vorurteile vonseiten ihrer Klassenkameraden oder ihrer jetzigen Arbeitskollegen gab es nie. „Mit den Jungs ist es schon super.“ Heidenwolf grinst.

Skulpturen Leben einhauchen

Heute gibt es mehr Frauen in Südtirol, die als Bildhauerinnen arbeiten. Zehn bis 15 Prozent der Südtiroler Bildhauer sind weiblich. Viele sind es nicht, der Beruf ist immer noch eine Männerdomäne. Auch, weil einige Arbeiten körperlich anstrengend sind, „und man als Frau einfach nicht alles machen kann.“

Heidenwolf pendelt zurzeit zwischen Terlan und Laas, wo sie eine Wohnung und eine kleine Werkstatt gemietet hat. In ihrem Fiat Sedici hat sie immer Werkzeug und Steine dabei. Sie arbeitet mit allen möglichen Steinen, die Südtirol zu bieten hat. Mit Passeirer Gneis, Porphyr aus Terlan und Montiggl, dem Vulkanstein Seiser Passalt und natürlich dem berühmtesten: dem Laaser Marmor.

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Heidenwolf restauriert gerne Skulpturen an Grabsteinen, aber am liebsten arbeitet sie frei an einer Skulptur. Dann schnitzt sie sich zuerst ein Modell, eine genaue Vorlage. 30 Zentimeter groß war das Holzmodell bei ihrem lebensgroßen Buddha aus Möltner Sandstein, der im Lido in Schenna ausgestellt ist.

Mit der Diamantseilsäge hat sie die Konturen ausgeschnitten und dann mit einem Spitzeisen für die erste Bearbeitung angefangen. Später kamen Zahneisen und Scharriereisen zum Einsatz. In jeder freien Minute arbeitete Heidenwolf am Buddha, insgesamt 250 Stunden. Den Buddha hat sie für sich selbst gemacht. Aufträge dieser Art sind selten und wenn, dann bestellen die meisten nur kleine Skulpturen – eine Geldfrage.

Wenn Heidenwolf irgendwann ihre eigene Werkstatt besitzt, möchte sie mehr Skulpturen für sich anfertigen. Im Moment geht das nicht. Zwar ist das Wohnzimmer ihrer Wohnung ein halbes Atelier, aber mit Stein arbeiten kann sie dort nicht. „Zu staubig“, sagt sie. Dann widmet sie sich wieder dem Grabstein. Dieses Mal mit dem Luftdruckhammer. Damit geht es schneller und Heidenwolf möchte heute Abend damit fertig sein.

Nach Allerheiligen beginnt sie mit dem Modell für einen Brunnen in Terlan. „Das wird eine schöne Arbeit für den Winter“, sagt die junge Frau und lächelt.

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