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Eine Papierbrille? Die kann doch nicht stabil und schon gar nicht wasserfest sein. Kann sie eben doch. Zumindest, wenn es sich um eine Brille von Papperlook handelt. Papier sei sogar besser als Holz, behaupten zwei der vier Macher der außergewöhnlichen Brillen. Sie sitzen im oberen Stock des Geschäftes „Optic Mimic“ in der Stadelgasse in Brixen an ihrem Werktisch. Hier haben sie sich ein kleines Büro eingerichtet: schmale Tische voller Werkzeug, Brillenteile an der Wand und ein Radio, aus dem leise Musik ertönt. Mehr gibt es noch nicht.
„Bei Regen passiert der Brille gar nichts. Sie ist zu hundert Prozent wasserfest“, erklärt der 36-jährige Markus Kirchler aus St. Lorenzen, der gerade dabei ist, die kleinen Federscharniere an die Brillengehäuse zu montieren. Diese Frage müssen die Uhrendesigner wohl am häufigsten beantworten. „Und sie ist feuerfest. Zertifiziert“, ergänzt der 37-jährige Michael Brugger. Er sitzt am Tisch und bearbeitet die Kanten einer Brille mit handelsüblichem Schleifpapier und Optikerwerkzeug. Beim Anfassen des Brillengehäuses glaubt man den beiden. Die bunt bedruckten Brillen sind komplett hart und mit einem durchsichtigen Lack beschichtet. Wüsste man nicht, dass sie aus Papier sind, würde man es wohl auch nicht vermuten.
Hinter dem Unternehmen stehen neben den zwei Optikern auch der 28-jährige Brixner Gabriel Doro, der für die Umsetzung des Designs zuständig ist, und der 30-jährige Alexander Wild, der sich um die Buchhaltung kümmert. In jahrelangen Versuchen haben die vier die Herstellung der Brille bis heute perfektioniert. Anfang Februar gründeten sie Papperlook.
Eine Lampe aus Papier und 120 verschiedene Brillenkombinationen bieten die vier an – zurzeit nur Sehbrillen, ab Januar sollen aber auch Sonnenbrillen folgen. Der Kern einer jeden Brille besteht aus 14 Schichten dünnem Papier. Sie werden mit Spezialkleber verleimt und durch eine Maschine gepresst. Sechs Firmen in Deutschland und Südtirol sind insgesamt nötig, um die drei Einzelteile, aus denen jede Brille besteht, zu produzieren. Dann werden die Nasenteile aus Holz und die Metallscharniere montiert. „Wir stellen sie zusammen und machen den Feinschliff“, erklärt Kirchler. Jede Brille wird noch per Hand nachbearbeitet. Viel „Futzelarbeit“, sind sich die Macher einig.
Heraus kommen vier verschiedene Designlinien: „PAPPER“, die rein aus Papier besteht, und „dreamfellers“, deren Kern aus Papier, die Innenschicht aus Holz und die Außenschicht aus einem strukturierten Papier besteht. Die dritte im Bunde ist „Dinna Keen“. Sie besteht außen aus Holz, ihr Kern ist aus Papier und das Innenteil aus Leder. Verkauft werden die Brillen in Optikgeschäften in Brixen und Bozen, hauptsächlich aber von Vertretern in Amerika, Australien, Frankreich, Österreich, Skandinavien, Holland, Griechenland und Polen – immer eingepackt in elegante, schwarze Brillenetuis.
Die außergewöhnlichste Brille, die sogar in Beverly Hills verkauft wurde, ist zweifellos „HIDE HERLOT“. Sie besteht innen aus Holz, der Kern wiederum aus Papier. Das, was sie so besonders macht, ist der Stoff, mit dem sie außen bezogen ist. Dieses Modell verkauft sich nicht nur am besten, es war auch „der Renner“ auf der zweitgrößten Brillenmesse in Paris.
Heute sind Papperlook mit ihrem Konzept erfolgreich. Sie besuchen Messen und werden besonders im Ausland immer bekannter. „Wir wollten immer schon Brillen entwerfen“, sagen Kirchler und Brugger. Bis dahin war es aber ein langer Weg.
„Unser Traum ist es einfach, Brillen zu machen. Wir müssen nicht reich und bekannt werden.“
Es ist im November 2011, als Kirchler während einer Autofahrt die Idee in den Kopf schießt: Das muss mit Brillen doch auch machbar sein. Mit „das“ meint er Brillen aus Papier. Zuvor hatte er bei der Fernsehsendung Galileo einen Engländer gesehen, der Schmuck aus dem Material herstellte. „Das hat mir ‚getaugt‘, weil es einfach und genial war“, sagt Kirchler. „Ich habe sofort Michael angerufen und wir machten die ersten Probeversuche.“ Anfangs schnitten sie die Modelle aus Papier noch von Hand aus, nach dem Kleben kamen sie einzeln in eine Handpresse. Ein Haufen Arbeit. Welcher Leim und welcher Lack am besten funktionierte, hätten sie nach einer Weile Tüfteln herausgefunden, sagt Brugger. Erst Anfang dieses Jahres begannen sie dann aber mit der mechanischen Herstellung – und bekommen nun immer mehr Aufträge.
Da die Produktion viel Geld kostet und Papperlook nur produzieren kann, wenn auch verkauft wird, beschränkt man sich zurzeit auf die vier Modelle. Die Ideen gehen den kreativen Köpfen aber nicht aus. Mit Papier könne man schließlich alles machen. „Wir sind ja auch ‚volle‘ kreativ“, sagt Kirchler und lacht. Obwohl Papperlook noch viel vor hat, sind sie angekommen. „Unser Traum ist es einfach, Brillen zu machen. Wir müssen nicht reich und bekannt werden“, sagt Kirchler und trifft auf den Punkt, was Papperlook vermittelt. Die vier Freunde sind auf dem Boden geblieben und einfach glücklich darüber, dass ihr Projekt endlich klappt.
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