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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 13.06.2016
LeuteAuf a Glas'l mit Extrembergsteiger Nikolaus Gruber

Nackt auf dem K2

Veröffentlicht
am 13.06.2016
Nikolaus Gruber bezwingt Achttausender ohne Sauerstoff und ist immer für einen Spaß gut. Der Ultner sagt aber auch: „Der Gipfel gehört dir erst, wenn du zu Hause bist.“
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Kuckuck wird er auch genannt, der 43-jährige Ultner mit dem geflochtenen Bart. Er liebt die Natur und ihre Herausforderungen. Und so zieht es ihn immer wieder auf die Achttausender der Welt.
Nikolaus Gruber ist Krankenpfleger und Koordinator im Gesundheitssprengel Lana. Seine Leidenschaft gehört aber schon jahrelang den Bergen. Er arbeitet ehrenamtlich als Rettungsstellenleiter bei der Bergrettung und war bereits auf dem Gipfel des K2, des Gasherbrum 2 und des Huascaran. Um sich auf solche Touren vorzubereiten, läuft der Walburger nach der Arbeit regelmäßig 24 Kilometer mit einem schweren Rucksack bepackt nach Hause.

Seine erste große Expedition machte Gruber 2007 in Peru. Er stieg auf dem Ampamayo auf 4.947 Meter und bezwang den 6.768 Meter hohen Huascaran. Von seiner letzten Expedition auf den Cho Oyu und den Mount Everest kam er Anfang Juni zurück.

Nikolaus (Klaus) Gruber

Gratuliere zum Erfolg am Cho Oyu. Wie war es, den 8.201 Meter hohen Berg ohne zusätzlichen Sauerstoff zu bezwingen?
Es ist natürlich viel anstrengender als mit Sauerstoff. Zwei gingen mit Sauerstoff – da musste ich zusehen, dass ich mithalte. Wir hatten beim letzten Stück die Fixseile montiert und dann beschlossen, auf den Gipfel zu gehen – weil wir schon so weit gekommen waren. Der Berg war blank, total eisig. Mit den Verhältnissen war es alles andere als einfach, aber ich hatte immer geplant, ohne Sauerstoff und ohne Hochträger zu gehen. Das ist eine Einstellungssache.

Den Mount Everest hast du nicht ganz geschafft. Du hast darüber auf deinem Blog geschrieben: „Weiterzugehen wäre zwar die leichtere Entscheidung gewesen, aber manchmal muss man auch die etwas schweren Entscheidungen treffen.“
Im Zweierlager hatte ich Magenprobleme und fast nicht geschlafen. Bis aufs Dreierlager ging ich ganz gemütlich, deswegen wäre es sicher gegangen. Das letzte Lager liegt auf 8.300 Metern. Es war dort extrem kalt, es hatte sicher minus 40 Grad, als wir starteten. Mir war gleich viel zu kalt und es war mir nicht wert, dass mir ein paar Zehen oder Finger abfrieren – deshalb habe ich diese Entscheidung getroffen.

„Die Gipfel gehören dir erst, wenn du wieder zu Hause bist.“

2007 hast du deine erste große Expedition in Peru gemacht …
Reinhold Schwienbacher hat damals die Expedition organisiert, wir wollten es uns einfach mal ansehen. Einen Monat waren wir damals dort. Es war alles perfekt und ich hatte keine Schwierigkeiten mit der Höhe. Wir hatten eine mords Gaudi. Ein Jahr später wollte ich deshalb meinen ersten Achttausender machen.

2008 nahm Gruber seinen ersten Achttausender in Angriff: den Nanga Parbat im Himalaya. Den Gipfel hat er damals nicht erreicht.

2013 hast du endlich deinen ersten Achttausender geschafft – den Gasherbrum mit 8.034 Metern. Als erster Italiener bist du direkt vom Gipfel mit den Skiern abgefahren. Wie kommt man denn auf so eine Idee?
Ich habe es schon am Nanga Parbat bereut, dass ich meine Skier nicht mitgenommen hatte. Am Makalu sind wir von 7.400 Metern abgefahren. Weiter sind wir nicht hinaufgekommen, weil die Höhenstürme nicht aufhörten. Deswegen war für mich klar, dass ich die Skier mitnehme und vom Gipfel weg starte. Und dann fährt man eben runter.

So einfach, wie das klingt, ist das sicher nicht …
(lacht) Nein. Die erste Herausforderung liegt schon darin, dass man sie hinauftragen muss. Ich wollte alles selbst hinauftragen. Damit ist der Aufstieg schon schwieriger. Mit den Skiern ist man dafür beim Rückweg schneller. Aber anfangs auf dem steilen Gelände, da dachte ich mir schon: Wenn man hier einen Fehler macht, ist man weg.

2014 hast du den 8.611 Meter hohen K2 bezwungen. Bergsteigerkollegin Tamara Lunger sagte im Interview: „Die Stimmung mit Klaus hat einfach zu tausend Prozent gepasst. Wir waren beide so energiegeladen, das war echt etwas Besonderes.“ Wie hast du diese Tour erlebt?
Wir haben gut harmoniert, das muss ich sagen. Sie ist extrem gut drauf und wir haben uns gut verstanden. Und ich bin ja schließlich auch flexibel und umgänglich (lacht).

Und ein bisschen verrückt. Ich sage nur: der „Denker“ auf dem K2 … Gehört für dich Humor am Berg dazu?
Das ist das Beste. Das Foto ging um die ganze Welt. Das ist der Drang zur Nacktheit auf den Achttausendern. (grinst) Ein bisschen Blödsinn muss man immer machen. Auch dieses Jahr haben wir lustige Bilder gemacht. Man hat immer einen Spaß mit den Leuten, mit denen man unterwegs ist und das braucht es auch. Man darf nicht nur den Gipfel im Kopf haben und verbeißen soll man sich sowieso nicht. Es kommt immer so, wie es kommen muss. Wenn das Wetter nicht mitspielt oder man gesundheitliche Probleme bekommt, kann sich alles schnell ändern. Am Makalu habe ich mir mit einem gefrorenen Riegel zum Beispiel eine Plombe ausgebissen. Ich dachte mir, wenn ich wegen des blöden Zahns umkehren muss … Aber mit Schmerzmitteln war es auszuhalten.

Dein Motto bei deinen Touren lautet „amol schaugn“ Wie fühlt man sich, wenn man es schafft und auf dem Gipfel steht?
Das Euphorische auf dem Gipfel hatte ich eigentlich nie. Ich denke immer: Das ist erst der halbe Weg, hinunter muss man auch noch. Die Gipfel gehören dir erst, wenn du wieder zu Hause bist und nicht, wenn du im Basislager ankommst. Denn auch die Straßenverhältnisse sind meist schlimm, da kann immer etwas passieren. Wenn ich zu Hause bin und meine Freunde mich empfangen und sogar ein kleines Fest organisieren, freue ich mich dann logisch total.

Was sagen deine Frau Ursula und dein Sohn Jakob dazu, dass es dich immer wieder auf die höchsten Berge der Welt zieht?
Die Familie muss natürlich mitspielen. (lacht) Übermäßig begeistert sind sie selbstverständlich nicht, aber wenn ich mir mal etwas in den Kopf setze … Am besten ist es, mal ein bis zwei Wochen hier im Tal ein bisschen „norret“ zu tun und nicht immer nach Hause zu kommen, dann sagen sie irgendwann: Jetzt ist es besser, du gehst mal. (lacht)

Gruber mit Kollegin Tamara Lunger: „Wir haben gut harmoniert.”

Wie planst du eine neue Tour und wie bereitest du dich darauf vor?
Ich habe die Berge vor der Haustür. Im Winter mache ich viele Skitouren, oft auch zwei am Tag. Und ich kombiniere die Arbeit mit dem Training. Ich gehe mit einem Rucksack von 30 bis 40 Kilogramm nach der Arbeit von Lana nach Hause. Direkt vor einer Tour mache ich das auch mal drei bis vier Mal in der Woche.

Schüttelbrot und Speck sind bei deinen Expeditionen immer mit dabei. Was darf noch nicht fehlen?
Wir haben super Schüttelbrot hier im Tal und auch Speck. Wenn man auf einer Expedition etwas essen kann, was man gut kennt, ist das super. Speck gibt Energie und das Brot ist leicht. Ich habe Schüttelbrot in der Früh im Kakao und am Abend in der Suppe gegessen. Natürlich sind auch Riegel immer mit dabei. Trotz des vielen Essens baut man aber nicht auf, was man am Berg verbraucht.

Was war dein schönstes Erlebnis am Berg?
Es gibt so viele Erlebnisse. Ich genieße, dass man immer anders zurückkommt, als man geht. Es würde jedem gut tun, einmal eine Weile eine andere Welt zu sehen. Dann würde man merken, wie gut es uns hier geht. Ich verstehe die Leute nicht, die immer jammern und schimpfen. Ich würde solche Leute alle einmal nach Pakistan in ein kleines Kuhdorf schicken.

Du hast aber auch schlimme Erlebnisse erlebt. 2014 am K2 hat der spanische Bergsteiger Miguel Angel Perez Alnaraz sein Leben verloren …
Das war schlimm. Aber Leben und Sterben geht auf dem Berg Hand in Hand, das muss man leider so sagen. Mit dem Sterben muss man sich vorher schon abfinden. Man denkt schon beim Trainieren daran, was wäre wenn. Aber dass ich Angst habe, kann ich auch nicht sagen. Ich bin auf Expeditionen immer konzentrierter, wie wenn ich hier auf den Berg gehe. Dort bin ich mit den Gedanken voll beim Berg und konzentriere mich darauf. Auf dem Everest waren auch Leute unterwegs, die dort eigentlich nichts verloren hätten. Meist sind es Personen, die sich nicht genug darauf vorbereiten und einfach die Sherpas bezahlen und losgehen. Eine Expedition kostet ja schon mal um die 30.000 Euro mit allem Drum und Dran.

Wie finanzierst du dir deinen Sport?
Ich habe Sponsoren, die mich unterstützen und denen ich sehr dankbar bin. Diese Unterstützung braucht man.

Welchen Berg willst du als nächstes bezwingen?
Jetzt muss ich mal eine Woche mit meiner Familie ans Meer fahren. (lacht) Das ist immer der Kompromiss: Zwei Monate Bergsteigen und eine Woche ans Meer zum Ausspannen. Wenn ich an einen neuen Berg denke, dann muss er mich anfangen reizen und er muss mir gefallen und dann amol schaugn. (grinst)

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