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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 20.08.2014
LeuteBodypainter Johannes Stötter

Kunst auf nackter Haut

Veröffentlicht
am 20.08.2014
Pinsel, Farbe und Haut. Mehr braucht Bodypainter Johannes Stötter für seine Kunst nicht. BARFUSS durfte ihm in seinem Atelier über die Schulter schauen.
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Johannes Stötter schaltet das Radio an, rhythmische und melodische Musik ertönt. Er beugt sich über sein Model. Johanna liegt auf einem schwarzen Leintuch auf dem Boden. Ihr Oberkörper ist nackt bis auf einige bunte Farbflächen, die Stötter bereits aufgemalt hat. Orange, rot, gelb, violett und grün. Noch kann man nicht erkennen, welches Kunstwerk heute entstehen soll. Lediglich die Umgebung verrät es: Neben Johanna liegen verschiedene Gemüsesorten, weiter hinten stehen noch vier volle Kisten. Stötter wird Johanna heute inmitten von Gemüse verschwinden lassen. Während dem Malen sagt der Bodypainter kein Wort, gibt Johanna nur einige kurze Anweisungen, ansonsten ist er voll auf seine lebendige Leinwand und die Farben konzentriert. Mit einem dünneren Pinsel in der Hand und einem weißen Tuch um den Kopf bewegt sich der Künstler und Musiker tänzerisch vor dem Model vor und zurück. Er ist schnell, wirkt teilweise sogar ein bisschen hektisch in seiner Arbeit, aber er weiß genau, was er macht. Auf die Grundfarben folgen jetzt die schwarzen Umrisse und bereits einige Schatten.

Voll mit Gemüse

Johannes Stötter ist anders, als die meisten anderen Bodypainter, was auf Wettbewerben manchmal auch für erstaunte Blicke sorgt. Die meisten würden sehr, sehr sauber arbeiten, so Stötter. Sie malen ein Detail nach dem anderen und stehen dabei ruhig vor dem Model da. Nicht so Stötter. Er malt die Details erst zum Schluss. Der 36-jährige Sterzinger baut sein Gesamtbild Schritt für Schritt auf und ist während dem Malen immer in Bewegung. Zudem ist er schneller, als seine Kollegen, gilt sogar als der schnellste Bodypainter der Welt. Jetzt in einer Pause erzählt er, wie er zum Malen auf nackter Haut gekommen ist. „Ich wusste nicht mal, dass es Bodypainting gibt“, sagt er und lacht. Vor 14 Jahren hat er es für ein CD-Cover von Freunden dann einfach mal ausprobiert. Damals wusste er noch nicht, dass es eigene Farben gibt, er verwendete Niveacreme und Pigmente. Der Nachteil dabei: Man kann nicht mit dem Pinsel malen und die Farbe trocknet auf der Haut nicht. Stötter zeigt ein Fotoalbum mit seinen teilweise noch unveröffentlichten Arbeiten, auf die man gespannt sein kann. Im Herbst werde wieder ein Foto veröffentlicht, verrät er.

Die kurze Pause ist vorbei, Stötter nimmt sich eine Zucchini und hält sie an Johannas Dekolleté. Er taucht den Pinsel wieder in die verschiedenen Farbtiegel neben sich auf dem Boden und malt weiter. Es folgt der spannendste Teil, bei dem Stötter die Schatten und Details aufmalt. Wo vorher nur eine leere Farbfläche war, nimmt das Gemüse jetzt immer mehr Form an und sieht schon bald äußerst echt aus. Immer wieder geht er schnell einige Schritte zurück und betrachtet die bunte Fläche. Dann taucht er seinen Pinsel ins Wasser, rührt in den flachen Farbtiegeln und malt mit schwungvollen Handbewegungen einige Striche und kleine Punkte auf. Johanna verrät, dass sie schon lange von Stötter bemalt werden wollte, sich aber nie traute, ihn zu fragen. Jetzt sei sie froh, dass es endlich geklappt hat. „Aber es ist auch anstrengend immer ruhig dazustehen“, sagt sie. Dann beginnt das Spektakel erneut.

Ein Meister seines Fachs

Schritt für Schritt entsteht ein Radicchio auf der einen Brust, eine Tomate auf der anderen. Auf dem Bauch ein Kürbis und eine Paprika, auf dem Arm Karotten, Kartoffeln und weiteres Gemüse. Es wundert nicht, dass Stötter vielfach preisgekrönt ist. Das Regal auf einer Seite der Wand ist voller Preise, die Wand bedeckt mit Urkunden. Wie viele er gewonnen hat, weiß er nicht mehr genau. Die größten seien aber der erste Platz der Weltmeisterschaft 2012, der zweite 2011 und 2014 und der dritte Platz 2013. Außerdem wurde Stötter 2011 und 2013 Italienmeister und hat 2013 den größten amerikanischen Wettbewerb gewonnen. Diese Wettbewerbe laufen immer gleich ab. Die Themen sind vorgegeben, viele Leute schauen zu. Eine Jury bewertet die Arbeiten, dann folgt die Prämierung. Stötters Kunst kommt an. Jedes Mal kann er mit einem Preis rechnen. Dieses Jahr hat er zudem beim International Fine Art Bodypainting gewonnen, bei dem das Gesamtwerk des Künstlers bewertet wird. „Wenn man einmal gewonnen hat, kann man nicht noch einmal mitmachen. Das habe ich also abgehakt“, sagt Stötter mit einem Lächeln.

Dann geht es mit Schwung wieder weiter. Er achtet auf Licht und Schaffen und vollendet am Boden sein Kunstwerk. Er malt die letzten Effekte auf Johannas Haut, verwischt ab und zu mit seinen Fingern die Farbe. Dann hält er inne und sagt: „Ich glaube, jetzt ist es fertig.“ Johanna strahlt. Noch einmal muss sie aufstehen, damit Stötter sein Werk ganz genau betrachten kann. „Na ja, ich sehe immer noch etwas, was man verbessern könnte“, gibt er zu. Aber dennoch ist er nach fünf Stunden konzentrierter Arbeit zufrieden. Der letzte Schritt folgt. Der Bodypainter drapiert das Gemüse um Johannas Oberkörper. Dann schnappt er sich seine Kamera und knipst ein Foto. Es wird das einzige sein, was vom Kunstwerk übrig bleibt. „Oft ist es schon schade, wenn es gleich wieder abgewaschen wird“, sagt Stötter. „Es wäre schon geil, wenn du eine Runde in die Stadt gehen würdest.“ Johanna lacht. Zusammen sehen sie sich das Foto an. Die 20-Jährige ist überwältigt und auch der Künstler freut sich. Die stundenlange Arbeit hat sich gelohnt. Im Gedanken macht sich Stötter bereits an die nächste Arbeit. „Ich habe noch so viele Ideen“, sagt er.

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