Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus
Alex Ploner sitzt adrett gekleidet, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt, auf der sonnigen Terrasse der Laurin-Bar in Bozen. Vor ihm sein Smartphone und sein Notizheft – sorgfältig nebeneinander platziert. Ploner wohnt in Niederdorf. Er ist ein Tausendsassa, vom Moderator bis zum Eventmanager und Musiker hat er schon so einiges auf die Beine gestellt. Das, was er anpackt, gelingt ihm auch.
Ploners Karriere beginnt vor knapp 25 Jahren bei Radio Holiday. Sechs Jahre später startet das ORF Projekt „Südtirol heute“ – Ploner ist von Anfang an mit dabei und moderiert sich in die Herzen der Zuschauer. 2003 gründet der Pustertaler „Alex Events“. Gleichzeitig gründet er die Band Time Square. Damit nicht genug. Nebenher arbeitet der heute 45-Jährige als Rhetoriktrainer, startet das Projekt Trendybar und ruft den International Mountain Summit ins Leben. Seit 2009 moderiert Ploner die Sendung „Einschnitte“ im Rai Sender Bozen. Er bietet mir sofort das Du an, bestellt ein stilles Mineralwasser und hält das Glas hoch und lacht: „Auf ein Leben mit dem Wasser.“
„Eines gleich vorweg, ich beantworte keine Fragen zu meinem Privatleben.“
Darf ich fragen, warum dir das so wichtig ist?
Ich halte das wie Markus Lanz, der sein Privatleben raus hält. Das Öffentliche hat man oft nicht im Griff. Man präsentiert sich und setzt sich auch Kritik aus, das ist Teil des Jobs. Das einzige, was man im Griff hat, ist das Privatleben. Das Leben, was mir gehört, gehört mir und alles andere können die Leute gerne wissen. (lächelt)
Du stehst seit deinem elften Lebensjahr auf der Bühne. Bist du noch aufgeregt vor einem Auftritt?
Immer. (lacht) Ich habe das Glück, dass mein Körper die Aufregung nicht so nach außen transportiert, aber innerlich tobt ein Vulkan, innerlich bebe ich. Wie Vico Torriani, ein großer Unterhalter sagte: „Wer nicht mehr mit Aufregung oder Lampenfieber auf die Bühne tritt, ist tot.“ Das brauchts, die gewisse Nervosität. Es ist ein Nervenkitzel, die Demut, die ich vor der Aufgabe, vor der Bühne und vor dem Publikum habe. Das verhindert auch einen gewissen Übermut.
Gibt es irgendein Ritual, das du vor jedem Auftritt machst?
Texte und Moderationen durchgehen. Ich rede im Auto mit mir selbst. Wer eine Stunde vor einer Moderation mit mir unterwegs ist, der sagt: Du spinnst total. (lacht)
Warum hast du nach knapp 14 Jahren „Südtirol heute” verlassen?
Ich tu mich generell mit Routine im Leben schwer. Es war eine impulsive Bauchentscheidung. Und mein Leben hat immer wieder bewiesen, wenn eine Tür zugeht, gehen zwei auf. Ich bin nicht jemand, der stehen bleibt, und ich versuche nicht zurückzublicken. Man kann die Vergangenheit nicht ändern, man kann nur die Gegenwart und die Zukunft gestalten.
Seit 2009 machst du die Sendereihe Einschnitte auf RAI Südtirol, wo es um harte Schicksalsschläge von Menschen geht. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Der Nachteil einer Sendung wie „Südtirol heute” ist, dass man pro Thema nur etwa drei Minuten hat. Das hat mir immer Leid getan, Menschen nur 40 Sekunden für ihre Lebensgeschichte oder ihr Problem zu geben. Ich wollte versuchen, ob es in der schnelllebigen Zeit ein Format geben kann, wo man mit einem Thema in die Tiefe gehen kann. Mit der RAI habe ich eine Heimat gefunden, die das ermöglicht. Mit meinem Kameramann Manni und mit Rick, dem Cutter – wir waren schon bei Südtirol heute ein Team – wollte ich es probieren. Schon nach der ersten Sendung, die sehr bewegend war, habe ich dank sehr viel Feedback gemerkt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Heute fahre ich nach vielen Sendungen nach Hause und merke: die Probleme, die ich habe, sind Firlefanz.
„Ich habe mich immer dagegen gewehrt, ein Journalist zu sein, der seinen Fuß in die Tür stellt. Ich sage zu jedem Interviewpartner, er soll nur das sagen, was er will und das akzeptiere ich bedingungslos.”
Welche Geschichte hat dich am meisten beeindruckt?
Das war die Aussage vom Ewald Oberhofer, der damals gesagt hat: „Ich bin für meinen schwerstbehinderten Sohn eine Art Trainer.” Das ist ein Vater, der weiß, sein Kind – Jan war damals acht Jahre alt – wird nie mehr normal sein. Die jungen Eltern opfern sich wirklich für ihn auf. Das hat mich sehr beeindruckt. Dann gab es die Chorea-Huntington-Geschichte. Eine Frau betreut ihren behinderten Mann in einer nicht behindertengerechten Wohnung und war mit 42 Jahren noch nie im Urlaub.
Es ist die Aufgabe eines Journalisten, dass man den Fokus auf solche Schicksale legt – ohne Effekthascherei, wie ich finde. Ich habe mich immer dagegen gewehrt, ein Journalist zu sein, der seinen Fuß in die Tür stellt. Ich sage zu jedem Interviewpartner, er soll nur das sagen, was er will und das akzeptiere ich bedingungslos.
Wirst du oft auf der Straße angesprochen?
Angesprochen weniger, das war in der aktiven Zeit öfter. Man merkt Blicke, aber das ist ja auch schön. (lächelt) Das ist für uns Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, so. Ich gehe sehr vorsichtig mit dem Wort Berühmtheit um. Zu mir hat mal jemand gesagt: Berühmtheit hat mit Leistung zu tun, Bekanntheit im Prinzip nicht. Wenn dir zig-tausend Leute bei der Arbeit zusehen, was dem Kaminkehrer nicht passiert, dann heißt das nicht, dass meine Arbeit wertvoller ist als die vom Kaminkehrer. Im Gegenteil. Er schafft etwas. Ich habe manchmal das Gefühl, ich schaffe ja nichts, weil ich nur moderiere.
Es ist ein nettes Kompliment, wenn mich Leute ansprechen. Mit „Einschnitte“ hat sich das etwas geändert. Jetzt trete ich ein bisschen in den Hintergrund, weil die Geschichte beeindruckt und nicht ich als Moderator. Das ist in dem Moment die wahre Leistung, nicht dass ich drei g’scheide Fragen stelle und in die Kamera lächle.
Vor sieben Jahren hast du das Alkohol-Präventionsprojekt Trendybar ins Leben gerufen. Warum ist dir das Thema Alkohol so wichtig?
Ich trinke selbst keinen Alkohol. Wenn man auf der Bühne steht, ist man immer wieder damit konfrontiert. Leute stellen dir Bier auf die Bühne oder du sollst ein Schnaps’l mittrinken … Es gab als Musikant immer wieder die Auseinandersetzung mit einer Situation, die ich eigentlich nicht wollte. Ich wollte das Problem dort bekämpfen, wo es entsteht, in der Festkultur. Das war die Idee der Trendybar. Einfach ein Angebot schaffen, das anders ist und wir nicht alle diesem Druck aussetzen, mittrinken zu müssen.
Glaubst du, dass in Südtirol irgendwann ein Fest ohne Alkohol funktionieren kann? Hierzulande wird doch gerne mal ein Glas getrunken …
In diesem Thema gibt es kein Ganz oder Gar nicht. Ich lasse mir auch nichts verbieten. Wenn man sagt „du darfst nicht mehr“, funktioniert das nicht. Wir haben das schon versucht, bei einem School’s-out-Festival ohne Bier, da gehen die Leute nicht hin. Wir müssen sensibilisieren und das war das Ziel.
„Ich bezeichne mich ja als kreativen Chaoten.”
Du hast sehr viele Projekte. Es ist sicher nicht einfach, alles unter einen Hut zu kriegen, oder?
So ist es. (lacht) Als Projektleiter braucht man gute Teams, die muss man auch erst finden und finanzieren. Vieles scheitert am Geld, das ist leider so. Mit viel Herzblut lässt sich aber vieles machen. Ich stecke in alle Projekte 130 Prozent, meine Zeit und mein ganzes Geld. Dafür riskiere ich auch, kritisiert zu werden, dass ich für gewisse Dinge keine Zeit mehr habe.
Ich bezeichne mich ja als kreativen Chaoten, deshalb habe ich ein Zeitmanagement-Seminar besucht. Dort gab es ein nettes Beispiel: Man muss im Leben wissen, was sind die großen Steine, die kleineren, die Kieselsteine, der Sand und das Wasser. Wenn man als erstes das Wasser in ein Gefäß schüttet, kann man die großen Steine nicht mehr hineingeben. Man muss Prioritäten setzen.
Aber nichtsdestotrotz, es ist viel Arbeit und es kommt oft etwas Unvorhergesehenes. Das ist auch die Herausforderung. Es ist kein 08/15-Job. Jeder, der Struktur braucht, der tut sich in so etwas schwer. Es gibt keine festen Zeiten und oft heißt es auch am Wochenende arbeiten. Das kann nicht jeder.
Support BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support