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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 31.08.2015
LeuteAuf a Glas'l mit Dominik Paris

Immer Vollgas!

Veröffentlicht
am 31.08.2015
„Harte Rennen brauchen harten Metal", sagt das Ultner Skiass Dominik Paris. Der Metalhead fuhr sich mit Höchstgeschwindigkeiten bis zu 160 km/h an die Weltspitze.
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I bin a ordntlicher Ultner, wies sich keart“, so beschreibt sich Dominik Paris in seinem Dialekt. Der 26-jährige Ski-Profi aus dem Ultental gehört zur Weltspitze, war schon Vizeweltmeister und hat vier Weltcup-Siege eingefahren. Und das kommt nicht von ungefähr. Viele harte Trainingsstunden, Höhe- und auch Tiefpunkte hat Paris im Laufe seiner Karriere bereits hinter sich. Was ihn dabei immer wieder ins Gleichgewicht gebracht hat, ist die Musik. Der Heavy-Metal-Fan ist selbst Sänger einer Band und growlt nach dem Training gerne mal ins Mikrofon.
Ich treffe ihn direkt nach einer Besprechung mit seinem Manager im Hotel Sheraton in Bozen, wo er sich ein Wasser bestellt und etwas nervös auf den Tisch klopft, bis ich die erste Frage stelle.

Dominik, wie bist du denn überhaupt zum Skifahren gekommen?
Mein Tata war Skilehrer. Der hat mich mit dreieinhalb Jahren zum ersten Mal auf die Skier gestellt. Mir hat das immer schon gut gefallen. Als Kinder sind ich und mein Bruder immer über kleine Hügel geflitzt, das war eine Gaudi. Daran erinnere ich mich heute noch gerne.
Das Rennfahren hat mir später auch gut gefallen, so schnell wie möglich irgendwo runterzukommen. Mit sechs Jahren habe ich angefangen, Rennen zu fahren.

Sowohl damals als auch heute springst du über die Hügel, als gäbe es kein Morgen. An deinem Motto „ollm Vollgas“ hat sich also seit Kindestagen nichts geändert oder?
Das Motto ist und bleibt immer dasselbe. Ich gebe immer Vollgas.

Und wo bleibt da die Angst?
Angst gibt es keine, aber ein gewisser Respekt muss auf jeder Strecke da sein. Wenn man nämlich hirnlos unterwegs ist, kann es schnell passieren, dass man in den Fangnetzen landet.

Hast du denn ein Ritual vor dem Start?
Wenn ich mich vor dem Rennen im Starthäuschen vorbereite, höre ich harte Metal-Musik. Harte Rennen brauchen harten Metal, da nehme ich alles, was der Ipod hergibt, sei es Pantera oder Metallica. Harte Musik gibt sowohl Ruhe als auch Power, aber vor allem den richtigen Rhythmus vor. Dann ziehe ich meine Jacke aus, schalte die Musik aus, gehe den Lauf noch einmal durch und dann gehts los. Auf der Strecke bin ich dann voller Adrenalin. Da fühle ich den gewissen Kick.

„Natürlich muss ich mich auf jedes Rennen immer wieder neu einstellen, um das Maximum rausholen zu können. Je später in der Saison, desto zacher wird das.”

Kennt man eigentlich jede Kurve, die man nach dem Start fährt?
Ja, man kennt alles auswendig. Jede Welle und jeden Hügel kenne ich auswendig, wenn ich starte. In der Abfahrt beispielsweise gibt es zwei Trainingsläufe, bei denen speichert man dann alles ab. Natürlich ist die Strecke etwas anders, wenn bereits einige vor dir gestartet sind.

Sind deine Läufe denn mittlerweile Routine oder gibt es die Aufregung vom ersten Lauf noch?
Nein, es ist schon etwas anders. Früher war ich viel aufgeregter. Natürlich muss ich mich auf jedes Rennen immer wieder neu einstellen, um das Maximum rausholen zu können. Je später in der Saison, desto zacher wird das.

Seit knapp 20 Jahren fährst du Rennen, hast du denn nie eine Pause nötig?
Nein, eine Pause habe ich noch nie gemacht. Einmal, mit 16, war ich zwar verletzt, da konnte ich nur fünf Rennen fahren. Aber sonst bin ich immer gefahren. Auf den Skiern war das zum Glück das Schlimmste, was mir passiert ist.

Schon krass, wenn man bedenkt wie schnell ihr unterwegs seid.
Ja, mein Top-Speed war 160 km/h. Da ist es wirklich am Besten, wenn man klein bleibt und tuschen lässt. Ein bisschen norret muss man schon sein. Man gewöhnt sich aber an einiges, so zum Beispiel an die Geschwindigkeit, aber es gibt immer wieder gewisse Stellen, an denen andere sich schon überlegen würden, ob sie runterfahren, und wir brettern einfach los.

Fordert dich der Druck der Sponsoren manchmal heraus?
Nein. Bei jedem Rennen ist man auf sich alleine gestellt. Logisch probiert man immer auch den Sponsoren alles Recht zu machen. Bei einem Erfolg haben die Fans und die Sponsoren eine Freude und du selbst die größte. Es kann aber auch daneben gehen, auch wenn man für sich selbst immer versucht, das Maximum rauszuholen.

Seit seiner Geburt im April 1989 lebt Dominik Paris in Ulten. Immer schon war er auf Skiern unterwegs. Im Alter von 16 bis 18 Jahren hat er als Maurer gearbeitet und viel Zeit mit seinen Freunden verbracht, wodurch die guten Resultate bei den Skirennen auf der Strecke blieben. Doch nach einer 100-tägigen Auszeit auf einer Schweizer Alm war Paris wieder zurück im Geschäft.

Du hast in den letzten Jahren viele Siege eingefahren. Mittlerweile gehörst du zu den Besten der Welt. Verändert das einen selbst?
Nein, ich bin eigentlich immer derselbe. Abgehoben braucht man nicht sein, weil man es ja für sich macht. So wie ein anderer eine gute Arbeit macht, mache ich meinen Sport. Wenn ich ins Dorf gehe, grüße ich jeden gleich wie vorher und rede mit jedem wie vorher. Natürlich wird man öfter angesprochen und muss Interviews geben, was oft auch nerven kann. Aber in Ulten bin ich immer noch der Domme.

Außerdem habe ich gehört, dass du in Ulten „Der Dicke“ bist. Stimmt das?
(grinst) Das sind so Übernamen, die halt entstehen.

Ist diese Masse denn das Geheimnis, warum du auf der Piste so schnell bist?
(lacht) Im Nachteil bin ich durch meine Masse sicher nicht, aber ob es mein Geheimnis ist, weiß ich nicht. Trotzdem esse ich nicht, was ich will, sonst werde ich zu dick.

Und wenn die Mama in Ulten aufkocht?
Da wird ordentlich gegessen. (lacht)

Wie schaut dein Sommer aus?
Im Sommer findet die harte Arbeit statt und im Winter kann man es dann genießen. Im Winter hat man nämlich keine Zeit mehr zum Trainieren, da muss man Skifahren. Also fällt Kraft,- Ausdauer- und Konditionstraining eben auf den Sommer. Dass man in diesen drei bis vier Monaten die ganze Vorbereitung für die Saison machen muss, bedenkt niemand. Fünf bis sechs Stunden am Tag trainiere ich für meine allgemeine Fitness. Natürlich liegt der Schwerpunkt immer auf der Kraft. Wenn es dann im Winter aber gut geht, vergisst man die Strapazen des Sommers.

Siehst du das Skifahren trotz der harten Arbeit noch als Leidenschaft?
Ja. Das ist so, als würde ich mit meinen Freunden Fußballspielen gehen und trotzdem derjenige sein wollen, der die Tore schießt. Das ist der Ehrgeiz, den ein jeder in sich hat. So ist das auch bei uns. Vor dem Start scherzen wir, beim Rennen sind wir Konkurrenten und im Ziel gratulieren wir uns und trinken ein Bier miteinander.

„Im Ziel haben dann 70.000 Leute auf mich gewartet und haben laut geschrien, wenn ich hineingeschrepft bin. Da denkt man, man ist der Beste von allen.”

Welcher war denn der Lauf, an den du dich immer wieder gerne erinnerst?
Das wird Kitzbühel 2013 gewesen sein. Da bin ich gut in die Saison gestartet, habe Bormio gewonnen und bin dann in Kitzbühel topfit angetreten. Das war einzigartig. Ein super Tag mit strahlend blauem Himmel und Sonne, wie im Bilderbuch. Kalt war es mit -14 Grad Celsius und der Schnee war zwar eisig, aber super. Da genießt man das Skifahren. Wenn man dann noch einen solchen Lauf zaubert, bleibt einem so ein Tag für ewig in Erinnerung. Im Ziel haben dann 70.000 Leute auf mich gewartet und haben laut geschrien, wenn ich hineingeschrepft bin. Da denkt man, man ist der Beste von allen.

Das Jahr 2013 hatte es bei dir in sich. Erst hattest du solch positive Emotionen und dann ist dein Bruder tödlich bei einem Motorradunfall verunglückt. Was geht bei einem solchen Emotionschaos im Kopf vor?
Das war ein totaler Scheiß. Da bin ich in einem Jahr von ganz oben ganz, ganz tief runtergefallen. Ich habe mich dann in diesem Moment mit dem Training abgelenkt. Der Kopf war den ganzen Tag voll mit Gedanken, die nur beim Training und beim Skifahren aufgehört haben. Richtig auf Touren bin ich aber nie gekommen, weil mir die Freiheit im Kopf fehlte.

Die Freiheit im Kopf verschafft dir auch die Musik, habe ich gelesen. Du hast eine Metal Band, nicht wahr?
Ja, momentan haben wir aber gerade eine Pause eingelegt.

Brauchst du etwa mehr Zeit für eine Freundin?
(lacht)

Hast du denn eine Freundin?
Ja.

Auf deiner Internetseite habe ich gesehen, dass ein Widder mit roten Augen dein Logo ist. Hat das einen Hintergrund?
Mein Sternzeichen ist Widder und das passt auch zu meinem Charakter. Die roten Augen hat der Widder, weil es ein bisschen die Bosheit und Aggressivität zeigen soll. (grinst)

Bist du denn böse?
Nein, ich bin ganz ein feiner, wenn man mich in Ruhe lässt. Nur im Lauf muss man aggressiv sein.

Skifahrer kann man ja nicht ewig bleiben. Hast du einen Plan B?
Nicht ewig, aber noch lange. (lacht) Plan B gibt es keinen. Ich lasse alles so kommen, wie es kommt. Erstmal schaue ich, wie lange ich es schaffe und wie lange es gut geht und wenn es soweit ist, habe ich noch genug Zeit zum Überlegen.

Dominik, ich habe dir noch drei Fotos mitgebracht. Sag mir doch einfach mal kurz, was dir dazu einfällt.

Dominik Paris in Kitzbühel

https://api.soundcloud.com/tracks/219032625

Paris auf der Schweizer Alp

https://api.soundcloud.com/tracks/219032730

Dominik Paris und Siegmar Klotz

https://api.soundcloud.com/tracks/219032630

Die ganzen Podestplätze hätten ihn nicht eitel gemacht, meint Domme, wie ihn die Kollegen aus dem Ultental nennen. Doch als ich zum Abschied die Kamera zücke, muss Paris’ Manager trotzdem die Mütze aus dem Auto holen. „Ohne die bin ich auf keinem Foto zu sehen. Die Mütze ist mein Markenzeichen“, sagt das Ultner Skiass, grinst und fängt an, lässig zu posieren, bevor er sich verabschiedet und zum Physiotherapeuten hetzt.

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