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Nora Pider und Julian Angerer mischen seit 2017 in der Südtiroler und Wiener Musikszene mit – und das erfolgreich. 2020 erhielten sie den FM4-Award, tourten durch ganz Europa und waren auf vielen Festivals zu sehen und hören. Jetzt haben sie das erste Album vollständig auf Dialekt produziert.
BARFUSS: Wie seid ihr auf den Titel eures Albums gekommen?
Nora Pider: Es hat viel mit den Lyrics der unterschiedlichen Songs zu tun, also einfach diesem ganzen Thema, um das unser Album kreist. Ich würde es generell als sehr sanft beschreiben. Es geht um Nähe und Distanz, es geht um Abschied und Wiedersehen und ums Zusammensein und Getrenntsein. Es ist einfach ein poetischer Satz, der für uns sehr gut zu den einzelnen Tracks passt.
Ihr habt bis jetzt hauptsächlich auf Deutsch und Englisch gesungen, auch Italienisch war dabei. Wie ist es dazu gekommen, dass das ganze neue Album auf Dialekt ist?
Julian Angerer: Es gab schon mal Ideen Dialektmusik zu schreiben. Wir haben dieses Album aber ziemlich schnell geschrieben und im Prozess gar nicht hinterfragt, welche Sprache es ist. Wir haben die ersten Lyrics aufgeschrieben und dann war es schon zementiert, dass es Dialekt wird. Es ist im Prozess entstanden, im direkten Schreiben und Singen von Ideen und Skizzen.
Es ist bekannt, dass wir in unterschiedlichen Sprachen unterschiedlich denken, uns verhalten und ausdrücken. Was für Unterschiede bemerkt ihr beim Songschreiben und Performen zwischen den verschiedenen Sprachen?
Julian Angerer: Wenn man in Brixen aufwächst und nach Wien geht, dann sind das die Sprachen, die einen umgeben und in denen denkst du dann und schreibst du dann. Ich finde schon, dass es Unterschiede gibt. Man ist immer eine andere Person in einer anderen Sprache. Man drückt sich anders aus, man hat einen anderen Schmäh, man ist anders – wie soll ich sagen – schlagfertig. Und unser Dialekt ist einfach das Näheste, das wir haben. Es ist für mich einfach das Natürlichste, wie ich dann auch Dinge ausspreche, schreibe oder vor einem Mikro performe. Im Englischen kann man über die Aussprache sehr viel nachdenken, aber im Dialekt ist es dann ja dein Dialekt und das befreit dich dann irgendwie.
Alles, was wir gemacht haben, ist auf eine Art authentisch.
Ist das Musikmachen im Dialekt für euch also authentischer?
Julian Angerer: Alles, was wir gemacht haben, ist auf eine Art authentisch. Aber es ist schon cool, wenn man singt, wie man redet.
Nora Pider: Es ist einfach sehr nah. Irgendwie geht es mir am leichtesten über die Lippen.
Habt ihr euch je Sorgen gemacht, dass euer neues Album wegen dem Dialektpart weniger gut ankommen könnte?
Julian Angerer: Es ging nicht so sehr ums Außen, als wir das geschrieben haben. Wir haben uns schon bewusst entschieden, dass das Außen das Außen ist und sich das Innen nicht so viele Gedanken macht, was das Außen gerne hätte. Man kann sowieso nie wissen, ob ein Lied besser funktioniert oder schlechter. Aber vieles von dem Album kommuniziert sich schon auch einfach über die Form und über den Vibe. Mein Wunsch wäre, dass es auch dann funktioniert, wenn du nicht verstehst, was wir genau sagen.
Kommt euch denn vor, ihr tragt mit eurem Album zum Dialekterhalt bei?
Julian Angerer: Vielleicht schon, aber Bewertungen macht man immer erst im Nachhinein. Vielleicht denke ich in fünf Jahren darüber nach und denke mir: „Ah ja, wir haben zum Erhalt der Sprache einen Minibeitrag gemacht“. Das Album behandelt Themen, die uns beiden sehr wichtig sind, die sehr nahe sind, und irgendwie war alles andere dann zweitrangig. Also es war kein Konzept, dass wir etwas machen, das dann irgendetwas erhält, sondern in erster Linie, dass man sich ausdrückt und Lieder schreibt. Aber ich finde es eigentlich schon einen coolen Gedanken.
Was bei eurem neuen Album auch anders ist: Ihr benutzt dieses Mal fast gar kein Autotune …
Nora Pider: Wir haben Autotune nur mehr bei ganz kleinen Teilen eingesetzt. Aber es ist nicht mehr der primäre Soundeffekt, die primäre Soundästhetik wie bei den letzten Veröffentlichungen.
Wir sind beide sehr experimentierfreudig in dem, wie wir Kunst sehen.
Wieso?
Julian Angerer: Ich glaube es gilt immer sich aus sich selbst heraus zu entwickeln, zu hinterfragen wie man arbeitet und das dann irgendwie zu brechen. Wir sind beide sehr experimentierfreudig in dem, wie wir Kunst sehen. Die Idee war, uns selbst zu challengen. Und durch diese Nähe zum Dialekt ist uns vorgekommen, dass wir es nicht entfremden wollen, dass man einfach versteht, dass wir genau so sind. Ich will nicht sagen, dass Autotune verfremdet, aber es gibt der Musik eine andere Ästhetik drüber und wir wollten die Aufnahmen so plain wie möglich, so nockat irgendwie.
Könnt ihr euch denn vorstellen, in der Zukunft mehr Dialekt-Musik zu machen?
Julian Angerer: Ja, also ich kann mir einfach alles vorstellen. Auf was wir uns jetzt aber vor allem freuen, ist, das jetzt auf die Bühnen zu bringen, das zu erarbeiten im Live-Kontext. Es hat großen Spaß gemacht, dieses Album im Dialekt zu schreiben und aufzunehmen, ich bin sehr zufrieden damit.
Nora Pider: Ich bin auch sehr gespannt, und freu mich sehr darauf, das dann live zu spielen. Wir haben schon unsere Release-Show geplant, am 30. Oktober in der Dekadenz in Brixen und am 22. November spielen wir in Bozen. Und dieses Mal werden wir auch noch eine Tour in kleinen Südtiroler Theatern machen. Das Album passt dort am besten rein: in einem intimeren Rahmen, wo man wirklich auch ganz nahe ist beim Publikum, wo sich das Feeling vom Album dann noch besser transportieren kann.
Alle Einnahmen aus CD und Vinyl gehen diesmal direkt an soziale Projekte in Südtirol, speziell zur Unterstützung von Mental Health und psychischer Gesundheit.
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