Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus
Bevor Tim Diller im November 2020 seine Forschungsstelle an der Eurac in Bozen begann, beschäftigte er sich jahrelang mit Optimierungsprozessen in unterschiedlichen Bereichen und Unternehmen. „Es war ein Bereich, der mich während meines Studiums schon gereizt und interessiert hat“, sagt der gebürtige Stuttgarter, der für sein Studium an verschiedene Orte wie Spanien und Schweden gekommen ist. In Warschau war er zum Beispiel für einen Kurierdienst tätig und dafür zuständig, „dass die Kuriere möglichst effizient und intelligent ihre Routen planen.“ Vereinfacht ausgedrückt: Welcher Kurier fährt mit welchen Paketen wie viele Stationen an – und das optimalerweise pünktlich.
In seiner Freizeit ist Tim viel in den Bergen unterwegs. Als er die schrumpfenden Gletscher in den Alpen und auf Island sah, erkannte er mit eigenen Augen die Auswirkungen des Klimawandels. Diese Erlebnisse bestärkten ihn in der Entscheidung, in einen Bereich zu wechseln, in dem er aktiv einen Beitrag leisten kann, die Welt ein wenig „grüner“ zu machen. Seitdem arbeitet er an der Eurac in Bozen daran, Gebäudeenergiesysteme zu optimieren. Beim Science Slam Bozen wird er seine Forschung im Bereich der Wärmepumpen vorstellen.
BARFUSS: Tim, du bist Energieingenieur. Was fasziniert dich an diesem Bereich?
Tim Diller: Im Bereich des Energieingenieurwesens kann man einen kleinen, aber wichtigen Beitrag leisten, um die Welt ein bisschen grüner zu machen – und das idealerweise, ohne dass wir Abstriche beim Komfort oder bei der Lebensqualität machen müssen.
Warum hast du dich für die Eurac entschieden?
Das Themenfeld hat einfach perfekt gepasst. Außerdem hat mich die Idee gereizt, wieder in die Forschung einzusteigen und diese dann auch nach außen zu kommunizieren – wie jetzt beim Science Slam. Besonders bei Wärmepumpen, meinem Thema beim Slam, gibt es so viele Fehlinformationen. Es ist toll, die Möglichkeit zu haben, hier einiges richtigzustellen und mein Forschungsfeld auch Laien näherzubringen. Und ich würde lügen, würde ich behaupten, dass Bozen als Standort mitten in den Bergen bei der Auswahl gar keine Rolle gespielt hat.
Erklär doch mal: Was ist eine Wärmepumpe und wie trägt sie zur Reduzierung des Energieverbrauchs im Haushalt bei?
Der einfachste Vergleich ist der mit einem Heizungslüfter. Wenn ich einen Heizungslüfter benutze, stecke ich eine Einheit Strom hinein und bekomme eine Einheit Wärme heraus. Bei einer Wärmepumpe ist das anders. Ich stecke ebenfalls eine Einheit Strom hinein, aber zusätzlich nutze ich drei Einheiten Wärme aus der Umgebung – beispielsweise mache ich die Luft draußen kälter – und erhalte insgesamt vier Einheiten Wärme. Im Vergleich zu einem Heizer brauche ich also nur ein Viertel des Stroms, was natürlich eine große Hilfe ist.
In einem kurzen Vorstellungstext für den Science Slam heißt es, dass Wärmepumpen eine entscheidende Rolle für eine nachhaltige Energieversorgung spielen. Warum ist das so?
Viele Haushalte heizen immer noch mit Gas oder Öl – das sind große CO₂-Verursacher. Der erste Schritt hin zu umweltschonenderen Energiequellen ist, auf Strom umzustellen, da Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden kann. In Deutschland wurde im ersten Halbjahr 2024 beispielsweise 65 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt, hauptsächlich aus Wind- und Solarkraft. Das zeigt: Wir sind auf einem guten Weg, nachhaltigen Strom zu produzieren. Jetzt müssen wir Bereiche wie die Heizung, die fossile Brennstoffe nutzen, elektrifizieren – und hier kommt die Wärmepumpe ins Spiel. Sie ist im Vergleich zu einem einfachen Heizungslüfter viel effizienter.
Und wie passt deine Forschung hier hinein?
Ich arbeite an der Steuerung von Wärmepumpen. Die Effizienz einer Wärmepumpe hängt von den Temperaturunterschieden zwischen innen und außen ab. Je höher die Temperatur im Haus sein soll oder je kälter es draußen ist, desto weniger effizient ist die Wärmepumpe. Konkret arbeite ich daran, zu bestimmen, wann die Wärmepumpe betrieben werden soll, um die maximale Effizienz zu erreichen – auch bei der Warmwasserbereitung. Wenn ich zum Beispiel Solarzellen habe, die mir zu bestimmten Zeiten sehr günstigen Strom produzieren, muss das in die Steuerung integriert werden. Ziel meiner Forschung ist es, ein Programm zu entwickeln, das diese Optimierungen im Hintergrund durchführt, damit man nicht ständig den Wetterbericht verfolgen oder am Thermostat herumschalten muss.
Und all das wirst du beim Science Slam präsentieren. Warum machst du dort mit?
Die Wissenschaft hat es bisher nicht geschafft, Themen wie den Klimawandel effektiv zu kommunizieren, obwohl wir seit 40 Jahren davon wissen. Hurrikan Milton in Florida ist ein aktuelles Beispiel dafür. Der Sturm konnte sich so schnell verstärken, weil das Meer so warm ist – und das wiederum ist eine Folge des Klimawandels. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, Wissenschaft verständlich zu vermitteln, und gleichzeitig die Erkenntnisse meiner Forschung mit einem breiten Publikum teilen.
Tim Diller tritt am heutigen Donnerstag, 10. Oktober, in der ersten Runde des Science Slam Bozen 2024 in der unibz@NOI Techpark auf – es ist die erste von insgesamt drei Runden, in denen jeweils sieben Wissenschaftler:innen gegeneinander antreten.
Der Science Slam Bozen findet bereits zum zweiten Mal statt und ist eine Gemeinschaftsproduktion von Eurac Research, NOI Techpark, Freie Universität Bozen und der Stiftung Südtiroler Sparkasse.
Die Termine im Überblick:
– 10. Oktober unibz@NOI Techpark (neues Institutsgebäude der Fakultät für Ingenieurwesen der unibz am NOI Techpark) mit DJ Veloziped
– 17. Oktober Eurac Research mit DJ audiomat
– 24. Oktober NOI Techpark mit DJ La Kostner
Beginn jeweils um 20.00 Uhr, der Eintritt ist frei.
Die Slams finden in deutscher, italienischer und englischer Sprache statt, jedoch ohne Simultanübersetzung. Für Stimmung sorgt an jedem Abend ein DJ.
Mehr Infos gibt es hier:https://www.scienceslam.it/de?utm_source=eventtip&utm_medium=barfuss&utm_campaign=kampagne
Quellen für Behauptungen:
Erneuerbare Energiemengen:https://www.energy-charts.info/charts/energy_pie/chart.htm?l=en&c=DE&interval=halfyear&year=2024
Schmelzende Gletscher in Island
https://www.nikonusa.com/learn-and-explore/c/ideas-and-inspiration/one-shot-ten-years-after
Redaktion
Support BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support