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Adrenalin schießt durch ihre Venen und Dreck spritzt ihr ins Gesicht. Wenn Eva Lechner sich auf ihrem Mountainbike den Berg hinunterstürzt, dann sei es das beste Gefühl, das man haben kann. Die 30-jährige Profi-Mountainbikerin hat ihren Traumsport gefunden.
Mit 15 Jahren kaufte Lechner sich ihr erstes Mountainbike mit ihrem ersten selbstverdienten Geld. Im Fahrradgeschäft entdeckte sie ein Foto von Jungs mit Mountainbike. Sie fragte, ob sie mal mitmachen dürfe, obwohl sie damals noch nicht mal wusste, dass es Mountainbike-Rennen überhaupt gibt. Schon im darauffolgenden Frühjahr, im Jahr 2001, bestritt sie ihr erstes Rennen. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Sie kam in den Landeskader und noch im selben Jahr in die Nationalmannschaft. Heute bestreitet Lechner pro Jahr rund 20 Mountainbikerennen, vier bis fünf Straßenrennen und zehn Cyclocross-Rennen. Ihre Bilanz: zwei WM-Medaillen, drei Mountainbike-Weltcupsiege und ein Cyclocross-Sieg. Und sitzt sie mal nicht auf dem Sattel ihres Mountainbikes, dann schwingt sie sich in den Sattel ihrer Pferde. Ihre private Leidenschaft und ein Ausgleich zur Arbeit sind ihre zwei Vollblutaraber und ihr Pony. „Ich reite durch den Wald, sei es mit Ross oder Rad“, sagt Lechner, lacht und trinkt einen Schluck frisch gepressten Orangensaft in der Bar Look In in Eppan. Dann beginnt das Interview.
Du hast gerade Silber beim Weltcup in Las Vegas gewonnen. Wie war das für dich?
Es war ein total cooles Cyclocross-Rennen. Es waren viele Zuschauer und eine gute Stimmung. Die Strecke war beleuchtet, weil das Rennen erst am Abend war. Die Atmosphäre war bärig.
Wie war der Trip?
In Las Vegas ist alles riesig, überall Hotels und überall Casinos und Automaten. Es ist genau so, wie man es in den Filmen sieht. (lacht) Wir haben uns neben dem Rennen auch noch eine Radmesse angesehen.
Wie oft trainiert man als Profibikerin?
Ich trainiere jeden Tag. Alle zwei bis drei Wochen mache ich einen Tag Pause und einmal im Jahr, meistens im Herbst, drei bis vier Wochen. In dieser Zeit kann ich dann auch mal wegfahren, je nachdem wie es sich ergibt. Im Sommer geht sich keine Pause aus, da ist Hochsaison.
Und wie sieht dein Training aus?
Im Frühjahr mache ich täglich vier bis fünf Stunden Grundlagentraining auf dem Rennrad und während der Saison eher Intervalltraining. Rennrad macht etwa 70 Prozent aus, darauf kann ich einfach spezifischer trainieren. Im Winter mache ich Krafttraining und fahre zu den Cyclocross-Rennen. Dann steige ich für zwei Wochen auf Langlaufski um.
Was ist es für dich für ein Gefühl, auf dem Mountainbike den Berg rauf und runter zu fahren?
Es ist einfach megacool. Wenn man mit dem Mountainbike über Stock und Stein fährt, ist das Adrenalin pur. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man schwierige Passagen geschafft hat. Ich finde Mountainbiken deshalb so schön, weil man immer draußen ist und man nicht in der Halle trainieren muss. Klar muss man dann auch wenn es regnet raus und das ist nicht immer motivierend. (lacht) Aber es macht mir auch Spaß, im Schlamm zu fahren. Vor allem die Schlamm-Rennen mag ich sehr. Natürlich ist es auch hart und man fährt bei den Rennen voll am Limit, aber mir gefällt es einfach gut. (lacht)
Nicht immer werden Mountainbiker gern gesehen, vor allem, wenn sie abseits ihrer Bikewege unterwegs sind. Was sagst du dazu?
Ich habe eigentlich relativ gute Erfahrungen gemacht. Ich denke, man muss sich gegenseitigen Respekt entgegenbringen und wenn man Leute sieht, muss man einfach abbremsen. Ich persönlich kenne auch sehr viele versteckte Wege im Montiggler Wald, wo die Wanderer nicht hinkommen. Deshalb weiche ich meist darauf aus und fahre selten auf klassischen Wegen.
Mountainbiken ist noch immer eine Männerdomäne. Wie reagieren Männer, wenn sie dir begegnen?
(grinst) Manche sind nicht so glücklich, wenn man sie beim Training überholt. Ich habe schon oft erlebt, dass sie dann extra einen Sprint machen, um mich abzuhängen. Ich fahre dann meistens normal weiter und hole sie später wieder ein. (lacht)
Deine Erfolge sind beachtlich. Was glaubst du, ist dein Geheimnis?
Hmm, Geheimnis … Fleißig und zielstrebig sein. Und man muss hart trainieren, auch wenn man mal keine Lust darauf hat. Das ist das Wichtigste, sonst wird man es nicht weit bringen. Es gibt so viele Talente, die in jungen Jahren nicht viel trainieren und doch sehr weit kommen. Dann kommen sie in höhere Kategorien und glauben, es geht gleich weiter. Aber wenn man dann nicht dahinter ist, ist man bald weg vom Fenster.
Das ist bestimmt auch manchmal nicht so einfach, besonders am Wochenende, wenn Freunde und Familie frei haben?
Man muss oft Einladungen absagen, das ist nicht immer leicht.
Für dich spielt Gott eine wichtige Rolle im Leben. Gibt er dir in solchen Momenten Kraft?
Ja, vor allem wenn ich Enttäuschung erlebe, hilft er mir, wieder aufzustehen und weiterzumachen.
Woher kommt dein großer Glaube?
Meine Eltern haben mich so erzogen, aber diesen Weg zu gehen, habe ich dann selbst entschieden. Ich sehe mein Talent als Geschenk von Gott an und bin deswegen dankbar. Ich versuche, ihm zu Ehren die Rennen zu fahren.
Nächstes Jahr steht Olympia in Rio an. Was ist dein Ziel?
Wir starten bald nach Rio zu einem Testevent auf der Olympiastrecke. Dann weiß ich, was mich erwartet. Meine letzten zwei Olympiaden sind nicht so super gelaufen. Ich habe alles auf dieses eine Rennen gesetzt, die anderen waren mir nicht mehr so wichtig und das war ein Fehler. Man darf nicht alles auf eineinhalb Stunden. Ich möchte deshalb einfach schon vorher eine gute Saison fahren, so dass ich mit Selbstvertrauen hinreise. Mein Ziel ist es, mich bestmöglich darauf vorzubereiten. Natürlich kann immer etwas passieren, aber mit gutem Training wird es schon laufen.
Was machst du, wenn deine Karriere irgendwann zu Ende ist?
Ich habe viel überlegt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Vielleicht kann ich im Mountainbike-Jugendbereich etwas machen oder ich mache gar nichts mehr, das mit Mountainbike zu tun hat, und bin einfach nur Hausfrau und Mama. (lacht) Ich schaue einfach mal, was sich ergibt.
Weiterhin viel Erfolg.
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