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Veröffentlicht
am 04.09.2015
LeuteGastbeitrag der Straßenzeitung „zebra.“

Es geht auch anders

Veröffentlicht
am 04.09.2015
In einem Dorf in Kalabrien arbeiten Flüchtlinge mit Einheimischen. Gemeinsam verweben sie die Kultur und Tradition des Einwanderungslandes mit jenen des Ausgewanderten.
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1.000 km oder 17,5 Stunden Zugfahrt: den Stiefel von seinem Schaft bis zur Spitze durchmessen, von Südtirol nach Kalabrien. Schon oft hatte ich von einem kleinen Dorf namens Riace gelesen, einem Ort, wo alles anders und viel richtig gemacht wird. Mutige Menschen haben sich vor Jahren aufgemacht, das Dorf zu retten. Immer mehr Junge waren zuvor abgewandert, nach Norden gezogen auf der Suche nach Arbeit und Auskommen. Die kalabresische Mafia ‘Ndrangheta hielt die Zurückgebliebenen im engen Würgegriff. Das karge Leben brachte nur Entbehrungen.

Endlich bin ich dort. Ein Fußmarsch von sieben Kilometern (es geht auch mit Bus oder Auto) hatten mich von Riace Marina an Blumenwiesen, Olivenhainen, Zitronen- und Orangenbäumen entlang zu einem Dorf mit eng aneinandergereihten Häusern geführt. Riace. Gleich am Eingang begrüßt mich ein Schild: „Benvenuto nella Città del Futuro.“ Nachdem das halbe Dorf abgewandert war, hat der Bürgermeister mit seinen Leuten etwas Unerhörtes gewagt: Er hat Flüchtlinge willkommen geheißen und sie in den leerstehenden Häusern angesiedelt: zuerst Kurden, dann Afghanen, Palästinenser, Afrikaner … Und er bat sie zu bleiben.

Durch die engen, stillen Gassen steige ich empor zum Dorfzentrum, vorbei an bunten Treppen, afrikanisch anmutenden Skulpturen, farbenprächtigen Toren, vorbei auch an einem Keramikladen, einer Weberei, einer Tischlerei und Glaserei. Die Werkstätten und Läden sind Teil des Wunders von Riace. Dort arbeitet immer ein Einheimischer mit einem Zweiheimischen. Gemeinsam verweben sie Kultur und Tradition des Einwanderungslandes mit jenen des Ausgewanderten und erwirtschaften zugleich ein Einkommen.

Drei junge Afrikaner eilen an mir vorbei. Sie tragen Bücher in der Hand, sind auf dem Weg zum Sprachkurs. Um die Ecke biegt ein kleiner Traktor. Ein dunkelhäutiger Mann fährt ihn. Daneben sitzt ein Weißer. Sie entsorgen den Müll. Fünf alte Männer, die an den Tischen der Dorfbar ihren Kaffee trinken, schauen zu. Nichts Besonderes. Alles normal.

Natürlich gibt es auch Probleme. So tun sich die Geschäfte schwer, die Produkte zu verkaufen. Die Gassen und Plätze sind immer noch verlassen. Aber ein Anfang ist geschafft. Und das Rufezeichen hinter „Es geht auch anders!“ ist gesetzt. So könnte es gehen. Auch bei uns.

Alexander Nitz

Dieser Beitrag ist in der Straßenzeitung „zebra.“ erschienen, die soeben in ihrer elften Ausgabe erschienen ist. Zwei Euro kostet die Zeitung: Ein Euro davon geht in die Produktion, der andere bleibt dem/der VerkäuferIn. Der Straßenverkauf ist keine Bettelei, im Gegenteil: Neben einer kleinen Einkommensmöglichkeit bietet er den VerkäuferInnen einen ersten Zugang zur Arbeitswelt und gibt ihnen die Möglichkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Die junge, buntgemischte Redaktion, welche fast ausschließlich aus ehrenamtlichen MitarbeiterInnen besteht, orientiert sich inhaltlich an sozialen und gesellschaftskritischen Themen. BARFUSS unterstützt dieses Projekt und veröffentlicht in Zukunft einen Beitrag aus jeder neuen Ausgabe von „zebra.“

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