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Wolfgang Tessadri
Veröffentlicht
am 22.01.2018
LeuteSüdtiroler Gamerin Caroline Forer

Erfolgreich gezockt

Veröffentlicht
am 22.01.2018
Caroline Forer verdient ihr Geld mit Videospielen. Die Streamerin erzählt, wer ihr Gehalt bezahlt und warum Frauen im E-Sport manchmal auch Vorteile haben.
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Caroline Forers Finger klappern über die Tastatur, im Millisekunden-Takt hört man die Maus klicken und jede ihrer Bewegungen kommentiert sie in ein großes Standmikrofon vor sich – sie spielt das Online-Rollen-Spiel „World of Warcraft“ (kurz: WoW). An sich nichts Besonderes, denn mit bis zu 100 Millionen Spielern weltweit gehört WoW zu den erfolgreichsten Spielen in der Geschichte des Zockens. Was die in Bruneck lebende 27-Jährige von Millionen anderer Spieler unterscheidet? Sie kann vom Spielen leben. Caroline Forer ist professionelle Streamerin. Wenn ihr virtueller Charakter „Naguura“ online ist, schauen ihr jedes Mal über tausend Menschen, vor allem aus Deutschland und den USA, beim Zocken zu.

Caroline, wenn du jemanden vor dir hättest, der noch nie etwas vom Streamen oder WoW gehört hat, wie würdest du ihm erklären, womit du dein Geld verdienst?
Das fällt mir immer unglaublich schwer. Wenn ich sage, dass ich Online-Videos drehe, dann meinen die Leute, ich wäre YouTuberin. Und wenn ich dann sage, ich spiele live, dann fragt man mich, warum mir jemand dabei zuschaut. Dann antworte ich meistens, dass ich in diesem Spiel ziemlich gut bin und dass die Leute, die mir zuschauen, entweder von mir lernen oder Tipps haben möchten. Oder, dass die Leute es spannend finden, mich zu beobachten, wie eben bei einer Fernsehsendung. Ich spiele also live Videospiele und meine Zuschauer können sich mit mir gleichzeitig über einen Chat unterhalten, können Fragen stellen. Und viele schauen mir auch einfach zu, weil sie mich persönlich mögen oder gut finden, was und wie ich streame.

Caroline Forer, alias Naguura

Und wobei schaut man dir zu?
WoW ist ein Online-Spiel. Um zu spielen, kreiert man zuerst einen eigenen Charakter mit speziellen Merkmalen. Mit diesem Charakter bewegt man sich dann in einer riesigen virtuellen Welt und löst Aufgaben zusammen mit anderen oder gegen andere Spieler. Der Reiz des Spiels besteht deshalb auch vor allem darin, mit anderen Spielern zu kommunizieren und sich zu einer sogenannten „Gilde“ zusammenzuschließen, die sich wiederum gegen andere Gilden oder Monster behaupten muss.

Mit dem Streamen angefangen hat Caroline bereits mit 14. Zuerst nur für eine Handvoll Freunde, die das Spiel selbst anfangen und Einsteigertipps haben wollten. Während ihres Studiums der technischen Mathematik und Informatik in Graz fing sie schließlich an, immer professioneller zu streamen. Seit etwa zwei Jahren kann sie davon leben.

Du streamst jetzt seit einiger Zeit hauptberuflich. Wie sieht denn der Arbeitsalltag einer Streamerin aus?
Also theoretisch ist es völlig dir überlassen, wann du streamst, aber ich streame meistens von 16 Uhr bis 24 Uhr. Die Abendstunden sind einfach deshalb am besten, weil die Leute erst nach der Schule bzw. Arbeit Zeit finden, mir länger zuzuschauen. Vor 16 Uhr gibt es aber noch unglaublich viele Kleinigkeiten, um die ich mich kümmern muss. Zum Beispiel antworte ich meinen Zuschauern auf Twitter oder Facebook, wenn sie Fragen haben. Außerdem stehe ich immer in Kontakt mit Sponsoren, die mir Angebote machen. Die Freiheit arbeiten zu können, wann ich möchte, hat aber natürlich auch eine negative Seite: Ich verdiene wirklich nur Geld, wenn ich streame, so etwas wie Krankenversicherung bzw. Krankenstand gibt es nicht. Je öfter und länger ich streame, desto mehr verdiene ich, umso bekannter werde ich und umso mehr Leute werden auf mich aufmerksam. Es ist deshalb sehr wichtig, konsequent zu sein und regelmäßig zu streamen. Ich persönlich streame sechs bis sieben Tage pro Woche, nehme also manchmal auch gar keinen Tag frei.

„Einmal verdient man pro Monat vielleicht hundert Euro, ein anderes Mal wieder 2.000 Euro, und wenn es dann mal gut läuft vielleicht 6.000 Euro. Man hat überhaupt keine finanzielle Sicherheit.”

Die Berufswahl „Streamer“ ist also auch sehr fordernd und riskant.
Ja, das stimmt. Das Streamer-Leben ist natürlich unglaublich toll, wenn man, wie ich, gerne spielt und ist deshalb der Traum vieler Gamer. Aber dahin zu kommen ist nicht so einfach, wie sich viele das vorstellen. Man weiß zum Beispiel nie, wie viel Geld am Monatsende auf deinem Konto landet: Einmal verdient man pro Monat vielleicht hundert Euro, ein anderes Mal wieder 2.000 Euro, und wenn es dann mal gut läuft vielleicht 6.000 Euro. Man hat überhaupt keine finanzielle Sicherheit. Es hängt alles von den Zuschauerzahlen und deiner Bekanntheit ab. Ich habe also keine Sicherheit, dass ich dieses Leben noch lange führen kann. Wenn ich auf einmal viel weniger Zuschauer habe, weil das Spiel, das ich spiele, vielleicht nicht mehr so beliebt ist, dann kann meine Karriere sehr schnell zu Ende sein.

Caroline Forers Arbeitsplatz

Was würdest du jungen Spielern also raten, die Streamer werden wollen?
Ich würde jedem raten, mit dem Streamen zuerst nebenbei anzufangen und erstmal zu arbeiten bzw. zu studieren. Wenn es dann gut läuft, kann man ja immer mehr Zeit investieren und sich dann überlegen, ob man hauptberuflich damit über die Runden kommt. Seinen Job zu kündigen und dann erst mit dem Streamen anzufangen, wäre auf jeden Fall keine gute Idee.

Studiengänge, in denen man zum professionellen Spieler ausgebildet wird, wie es sie jetzt in China gibt, sieht Caroline skeptisch. Eine Ausbildung zur Streamerin im eigentlichen Sinne hat sie nicht gemacht. Stattdessen hat sie nach ihrem Studium zwei Jahre lang in England gelebt, um Kontakte zu anderen Streamern und potentiellen Sponsoren aufzubauen. Was als Startkapital für einen Streamer nämlich auf jeden Fall hilfreich sei, wäre Erfahrung im Bereich Marketing, betont sie. Nur dann hätte man auch finanziell Erfolg.

Und woher kommt das Gehalt eines Streamers? In deinen Videos wird beispielsweise immer die Plattform „Omni-Slash“ eingeblendet, was hat es damit auf sich?
Omnislash kann man sich als eine Art Team vorstellen. Omni-Slash kauft Streamer wie mich bzw. nimmt sie unter Vertrag und bezahlt sie, damit sie für diese Firma streamen. Wenn ich meinen Stream also sende, dann stehe ich unter dem Logo von Omni-Slash und je nach Vertrag bekomme ich ein Monats- oder Jahresgehalt von dieser Firma. Dafür mache ich Werbung für Sponsoren, die Omni-Slash anwirbt. Eine weitere Art von Werbung läuft über die Streaming-Plattform Twitch: Wenn ich mir zum Beispiel eine kurze Pause vom Computer gönne, dann gibt es einen eigenen Button, um in der Zwischenzeit Werbung zu schalten. Je mehr Leute sich deinen Stream und somit die Werbung anschauen, desto mehr Geld bekommt man als Streamer dafür.

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Wie viel bekommst du denn dafür, dass deine Zuschauer sich Werbung anschauen?
Natürlich ist das pro Person gerechnet nicht so viel: Wenn eine Person sich zwei Minuten Werbung ansieht, dann bekommt der Streamer vielleicht einen Cent dafür, aber wenn, wie bei den bekanntesten Streamern, bis zu 50.000 Zuschauer die Werbung sehen, dann kommt schon etwas zusammen. Und weil der E-Sport- bzw. Gaming-Sektor immer größer wird, beginnen sich immer mehr Unternehmen für Stream-Portale als Werbeplattform zu interessieren. Außerdem gibt es neben der Werbung auch noch andere Einnahmequellen. Beispielsweise können dir Zuschauer auch direkt Geld spenden. Da gibt es zum Teil ganz komische Geschichten: Zum Beispiel ein Ölscheich, der einem Streamer einfach so mal 20.000 Euro spendet, weil er die Reaktion darauf sehen will.

Allein in Deutschland erzielte die Gaming-Industrie 2016 Gewinne von knapp drei Milliarden Euro. Auch E-Sports, also Video-Spiel-Turniere, werden immer populärer und locken mit Preisgeldern in Millionenhöhe. Bisher ist diese boomende Branche aber vor allem Männersache.

Du sagst selbst, dass sich unter zehn Streamern vielleicht eine Frau findet. Was sind deine Erfahrungen als Streamerin?
Das Thema „Streamerinnen“ ist tatsächlich nicht ganz so unproblematisch. Viele Männer haben leider das Vorurteil, dass Frauen keine guten Gamerinnen sind. Der Grund dafür liegt zum Teil darin, dass die wenigen Streamerinnen, die es gibt, eher den Anspruch haben, in ihren Streams eher zu unterhalten, als wirklich gut und professionell zu spielen. Wenn eine Frau dann auch noch gut aussieht und gut angezogen ist, dann wird ihr schnell vorgeworfen, dass sie im Grunde gar nicht besonders gut spielen kann und nur aufgrund ihres Aussehens so bekannt ist. Andererseits hat man als Frau in dieser Branche auch einen gewissen Vorteil: Für Frauen ist es anfänglich leichter aufzufallen, weil sie Exoten sind. Man könnte also sagen, es ist als Frau einfacher an Zuschauer zu kommen, aber es ist schwieriger, sie zu halten, und darauf kommt es als Streamer letztlich an.

Was für Zukunftspläne hast du, wenn das Streamen tatsächlich einmal nicht mehr so gut laufen sollte?
Der gesamte E-Sports-Bereich hat extremes Potential, die Umsätze der Branche steigen Jahr für Jahr an, und es entstehen immer neue Berufe und Jobs, nicht nur für Streamer, sondern auch zum Beispiel für Kommentatoren von Spieleturnieren. Für Leute, die in diesem Bereich ein Unternehmen gründen möchten, kann das sehr lukrativ sein. Wenn ich es schaffe, mich selbst gut zu vermarkten und das Streamen dann nicht mehr so gut laufen sollte, dann kann ich meine Fans auch sozusagen „mitnehmen“ und später irgendwas anderes tun. So etwas wie YouTuber, Vlogger (kurz für Video-Blogger; Anm. d. Red.) oder Social Media Influencer könnte ich mir gut vorstellen. Oder ich gehe in Richtung E-Sports, beispielsweise als Moderatorin für E-Sport-Events oder als Managerin eines E-Sport-Teams. Es gibt also unzählige Möglichkeiten, wenn ich in diesem Bereich bleiben möchte. Welchen Weg ich gehe, wird die Zukunft zeigen.

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