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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 02.05.2017
LeuteAuf a Glas'l mit der Fernsehmoderatorin

Ein Mikro für Birgit

Veröffentlicht
am 02.05.2017
Sie ist schon einmal vom Moderatorensessel gefallen und eigentlich ein nervöser Mensch. Trotzdem ist Birgit Nössing Eurosport-Moderatorin für Olympia 2018.
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„Die Suche nach der Wahrheit ist oft gar nicht mehr möglich“, meint Birgit Nössing, „als Journalist muss man heutzutage nämlich auch Verkäufer sein.“ Trotzdem versucht sie, beides unter einen Hut zu kriegen. Seit Anfang des Jahres ist die Völserin Fernsehmoderatorin beim Sender Eurosport. Den Start ihrer Karriere hat sie jedoch noch in der Heimat hingelegt, bei der Tageszeitung Dolomiten. Wenn die 34-Jährige heute darin blättert, muss sie schmunzeln. Auch im Stadtcafé in Bozen liegt die Zeitung auf. Hier haben wir uns zum Kaffee verabredet.

Seit Anfang des Jahres bist du Fernsehmoderatorin bei Eurosport. Angefangen hast du aber bei der Tageszeitung Dolomiten. Erzähl!
Oh je, wie viel Zeit haben wir? (lacht) Ja, brutal, das Schülerpraktikum mit 16 Jahren. Damals habe ich meine ersten Artikel geschrieben und war von Anfang an von der Arbeit begeistert. Einen Job beim Fernsehen konnte ich mir hingegen gar nicht vorstellen. Außerdem hätte ich niemals gedacht, dass ich es unter so vielen Bewerbern weltweit überhaupt irgendwohin schaffe.

Und doch bist du nun bei einem der bekanntesten Sportsender. Wie hast du das geschafft?
Während des Studiums an der LMU in München habe ich zwei Praktika in Südtirol gemacht. Eben bei der Dolomiten und beim Wirtschaftskurier WIKU. Dort habe ich die Reportagen übernommen und für mich festgestellt, dass das genau mein Ding ist. Nach dem Studium habe ich also gleich bei der „Welt am Sonntag“ in Berlin angefangen zu schreiben. So habe ich mich von einem Praktikum zum nächsten gehangelt, bis ich mich für ein Volontariat bei N24 beworben habe. Nach drei Monaten kam die Zusage. So bin ich in den Job gestolpert. Ich habe mich aber nie auf Deutschland fixiert. Mich haben das News-Geschäft und die großen Sender wie CNN und BBC interessiert. Nun ist es seit einer Weile etwas sportlastiger. Ob es so bleibt, weiß ich nicht. (lacht)

Nach fünf Jahren bei N24 wechselte Birgit zu Sky. Anfang des Jahres dann der Wechsel zu Eurosport, wo sie für verschiedene Projekte und vor allem als eines der Sendergesichter für die Olympischen Spiele 2018 engagiert wurde.

Wie bereitet man sich denn auf einen so großen Job wie Olympia 2018 vor?
Der Vorteil ist, dass ich durch meine Arbeit bei Sky bereits ein gutes Basiswissen habe. Bei gewissen Sportarten muss ich noch etwas recherchieren, welche die großen Namen und Nationen sind. Als Moderatorin ist man aber kein Erklärbär, sondern stellt die Fragen. Natürlich ist es wichtig, Hintergrundwissen zu haben, aber es geht doch eher um die Geschichten der Sportler.

Bereitest du deine Interviews also alle selbst vor?
Ja, das ist mir wichtig. Wenn man die Fragen einmal selbst ausformuliert, hat man sie auch im Kopf. Eine persönliche Note ist einfach unheimlich wichtig. Außerdem ist die Zeit begrenzt, deshalb muss man gute Fragen stellen.

Bei Sky hast du teilweise vier Stunden live moderiert. Formuliert man auch dann noch selbst?
Nein, da musste mir schon manchmal die Redaktion aushelfen. Bei Eurosport sind die Strecken aber etwas kürzer und der Sender ist ziemlich offen und sagt: Birgit, mach! (grinst)

Und doch steckt hinter jedem Sender eine Menge Geld, das am Ende bestimmt, was auf Sendung geht, oder?
Wenn ein Sender ein Sportrecht kauft, so wie zum Beispiel Sky mit Fußball, muss er natürlich gewisse Wünsche auch erfüllen. Heutzutage hat jedes Medienhaus einen Geldgeber und einen gewissen Auftrag. Damit muss man leben.

Und wie denkst du darüber?
Auch das Bild des Journalisten hat sich verändert. Die Suche nach der Wahrheit ist oft gar nicht mehr möglich. Ich befürchte, dass die kritischen Journalisten, die nicht nur darauf aus sind, ihre Artikel zu verkaufen und Klicks und Likes zu kriegen, langsam aussterben. Schließlich müssen die auch überleben. Als Journalist muss man heutzutage auch Verkäufer sein. Vor allem soziale Themen bringen zu dürfen, ist ein einziger Kampf. Das ist mir selbst oft schon passiert.

„ … und am Ende sprechen doch alle nur über meine Haare und darüber, was ich anhatte.“

Als Moderatorin musst du immer den Überblick behalten, zu allem Bescheid wissen, Texte selbst formulieren und am Ende alles super vor der Kamera präsentieren. Ein harter Job …
Ja, und am Ende sprechen doch alle nur über meine Haare und darüber, was ich anhatte! Das ist die Schattenseite. Man braucht schon ein gewisses Selbstbewusstsein und muss auch Grenzen setzen. Kurz vor der Sendung muss man einfach seine Ruhe finden. Der Zuschauer weiß nicht, warum die Moderatorin gestresst vor der Kamera steht und sich hundert Mal verhaspelt. Von technischen Fehlern im Ohr oder Stress kurz vor der Sendung kann er ja nicht wissen. Solche Dinge muss man überspielen können und auch steuern.

Also geht es auch viel ums Schauspielern?
Eindeutig. Das ist das erste, was ich im Volontariat gelernt habe. Fernsehen ist ein visuelles Medium. Ausschlaggebend ist zu 80 Prozent das Bild, zu 15 Prozent der Ton und nur zu fünf Prozent der Inhalt. Deshalb bin ich auch viel damit beschäftigt, welche Bluse oder welchen Rock ich trage und welche Farben mir gut stehen. Am Ende bin ich aber immer noch Fernsehjournalistin. Ich will die Wahrheit hören, sehen und auch zeigen und das ist vor allem im Live-Fernsehen oft unumgänglich.

Hast du ausschließlich live moderiert?
Ja. Ich glaube, das ist auch mein Vorteil für die Olympischen Spiele 2018. Sicherheit muss man sich nämlich antrainieren. Ich bin eigentlich ein sehr nervöser Mensch. Oft habe ich einen Puls, der mir die Sprache verschlägt. Vor allem am Anfang war das so. Damals konnte ich es einfach nicht fassen, die N24-Reporterin zu sein und war vor der Kamera nur noch am Hyperventilieren. (lacht)

Bist du immer noch aufgeregt?
Ja klar. Wenn man vor einer Sendung nicht aufgeregt ist, läuft irgendwas schief.

Ist bei dir schon mal was schief gelaufen?
(lacht) Ich bin schon einmal vom Hocker gefallen und ab und an werfe ich das Mousepad oder eine Tasse vom Moderatorenpult. Aber das Lustigste passiert immer dann, wenn verrückte Fans durchs Bild laufen. In Mallorca waren wir einmal fürs Frühstücksfernsehen live und ein Fan hat hinter mir die Hose runtergelassen.

Wer war hingegen vor deinem Mikro am beeindruckendsten?
Das Interview mit Pep Guardiola hat mir super gefallen, weil er sehr ruhig war. Er hat Souveränität ausgestrahlt und sich eingelassen auf das Gespräch und auf mich. Am Ende hat er mir sogar eine Gegenfrage gestellt. Das zeugt von Interesse und Vertrauen. Also, wie gefällt es dir hier? (lacht)

Ansonsten ist das Fernsehgeschäft aber schon sehr oberflächlich, oder?
Ab und zu ja. Vor allem Sportler sind sehr kalkuliert. Die wissen genau, was sie von sich preisgeben wollen. Hier eine Seite zu finden, die echt ist, ist oft schwierig.

Nervt es dich manchmal, dass das News-Geschäft gerne in der Wunde bohrt?
Ich finde es wichtig, beide Seiten zu beleuchten. Ein Sportler hat mit Sponsorengeldern und erstklassiger Ausrüstung die besten Voraussetzungen. Wenn es dann nicht klappt, will ich schon nach den Gründen dafür fragen.

Zu Schulzeiten trainierte Birgit Nössing selbst als Ski-Rennfahrerin jeden Tag in der Woche. Kurz vor der Matura stand sie vor dem Einstieg in den Landeskader, entschied sich dann aber doch fürs Studium.

Du warst selbst Ski-Rennfahrerin. Vermisst du das manchmal?
Nein, das musste ich erst neulich feststellen, als ich die Ski-Weltmeisterschaft in St. Moritz moderierte. Gewichte und Kippstangen konnte ich schon zu Schulzeiten nicht mehr sehen. Das Geschäft ist nun noch härter geworden, noch intensiver und professioneller. Und das alles das ganze Jahr über. Der Weg, den ich eingeschlagen habe, passt ganz gut zu mir.

Mittlerweile lebst du für deinen Job in München. Vermisst du den Schlern manchmal?
Klar. Südtirolerin bleibt man immer. Ab und an brauche ich auch eine Auszeit Zuhause mit Leuten, die mich wieder auf den Boden holen. Im Fernsehbusiness hat man viel mit Oberflächlichkeit zu tun, da bin ich um die Bodenständigkeit der Südtiroler immer wieder froh.

Ist man als Moderatorin sonst meistens unterwegs?
Im Februar war ich nonstop ein ganzes Monat lang unterwegs. Nun habe ich etwas Pause und im Mai geht es zuerst nach Paris, dann nach New York und anschließend nach Monaco und wieder nach New York. Aber am coolsten ist es immer noch in Völs. (lacht)

Fühlt man sich nicht manchmal einsam, wenn man so viel unterwegs ist?
Wenn das immer so wäre, bestimmt. Aber ich habe eine gute Abwechslung. Außerdem sind die Teams immer ähnlich und man trifft überall alte Bekannte aus der Fernsehwelt.

Ich habe früher ja immer Annemarie Warnkross bewundert. Wer war denn dein Vorbild?
(lacht) Die Annemarie! Mir hat Arabella Kiesbauer gefallen. Die war eine coole Moderatorin für mich. Ein Vorbild war eher so jemand wie Christiane Amanpour, eine britisch-iranische Journalistin von CNN, die sehr tough ist. Mittlerweile habe ich aber gelernt, dass tough sein in dem Geschäft nicht immer gut ist.

Ach ja?
Die Weiblichkeit und den Charme muss man sich bewahren. Gerade im Sportjournalismus hat man viel mit Männern zu tun. Die hauen ab, wenn man zu tough ist. Aber man muss auch nicht ständig seinen halbnackten Körper auf Facebook posten.

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