Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus
In einem Café in Lana habe ich mich mit Valeria Pixner und Lukas Unterholzner verabredet. Als ich hinkomme, erwartet mich das sympathische Paar bereits und fünf Minuten später sind wir schon mitten im Gespräch. Die beiden sind nicht nur Reisende, sie sind Geschichtenerzählende, Abenteurer und Fotografen, die die Welt durch die Linse ihrer Kamera erfassen.
Im Jahr 2017 begann alles für Valeria und Lukas, die damals beide Ende 20 waren. Ihre Leidenschaft für das Reisen hatte sie schon immer verbunden, und in der Vergangenheit hatten sie bereits mehrere kleinere Abenteuer erlebt. Doch irgendwann reifte der Wunsch, eine größere, langfristige Reise zu unternehmen. „Ich war immer schon sehr reisebegeistert und wollte das unbedingt verwirklichen“, erzählt Valeria mit einem Lächeln. Gemeinsam trafen sie die mutige Entscheidung, ihre Jobs zu kündigen, ihre Wohnung aufzugeben und die Einrichtung zu verkaufen, um sich auf eine 10-monatige Weltreise zu begeben. „Es war nie geplant, dauerhaft unterwegs zu sein; diese Reise hatte ein Enddatum“, sagt Lukas.
Doch es kam anders. „Noch während unserer Weltreise gab es eine etwas unerwartete Wendung – mein Vater wollte eine Almhütte übernehmen und brauchte unsere Unterstützung“, erzählt Valeria weiter. Das führte dazu, dass sie vier Sommer damit verbrachten, die Almhütte zu bewirtschaften, während sie im Winter irgendwo auf der Welt unterwegs waren.
Fernweh
Ihr unaufhörliches Fernweh führte sie bereits an viele faszinierende Orte, wie zum Beispiel nach Neuseeland, Australien, die USA, Kuba, Patagonien, Albanien, Montenegro, Portugal, Marokko, Tunesien, Oman, die Philippinen und Vietnam. Die reisefreudigen Weltenbummler sind leidenschaftliche Fotografen und haben mit ihrem Offroad-Camper, den sie „Moose“ getauft haben, nahezu jeden Winkel der Erde erkundet.
„Die Planung ist äußerst wichtig“, so Valeria. „Mit jedem neuen Abenteuer gibt es eine Menge zu berücksichtigen: Welche Länder wollen wir besuchen? Wo braucht es ein Visum? Zu welcher Jahreszeit sollten wir dorthin reisen? Und was möchten wir vom Land sehen?“ 2021 haben sie sich auf ein weiteres großes Abenteuer eingelassen: einen Open-End-Roadtrip in Richtung Osten – zur Arabischen Halbinsel und dann weiter in den zentralasiatischen Raum.
Die Reise begann über den Balkan, dann weiter nach Griechenland und die Türkei. Dabei haben sie die unglaublichen Landschaften und Kulturen Georgiens und Armeniens entdeckt – und das alles während eines ganzen Sommers. Danach ging’s im Winter 2023 weiter – da haben sie die Arabische Halbinsel erreicht. Weite Wüstenlandschaften, kleine Palmenoasen, pulsierende Städte und traumhafte Strände.
Die Reise, die schlussendlich zweieinhalb Jahre dauerte, führte sie durch 25 Länder und umfasste 70.000 Kilometer. Lukas beschreibt diese Zeit als ein einziges Abenteuer: „Man muss sich bewusst machen, wie anstrengend das manchmal sein kann. Sechs Monate lang waren wir in der Wüste, ohne natürliches Wasser, ohne Bäume und ohne Gras – nur Trockenheit.“ Trotz der Herausforderungen hatten sie eigentlich immer Glück und erlebten keine größeren Pannen. Nur einmal saßen sie für ein paar Tage in Tadschikistan fest, auf stolzen 4.000 Metern Höhe im kompletten Nirgendwo. Doch letztendlich schafften sie es, einen Weg zu finden, um wieder weiterzuziehen und ihre Reise fortzusetzen.
Ungeplante Begegnungen
Auf meine Frage, ob es denn bei all diesen Ländern, die sie besucht haben, auch ein Lieblingsland gebe, sehe ich Valeria sofort an, dass sie sich ganz sicher in eines verliebt hatte. „Saudi-Arabien! Dieses Land ist faszinierend, vor allem wegen der Bevölkerung. Jeder Mensch in jedem Land ist gastfreundlich, wirklich alle. Aber die Saudis sind unglaublich.“ Sie wurden jeden Tag eingeladen, zu den Einheimischen nach Hause zu kommen, um eine Tasse Kaffee zu trinken, erzählen die beiden. Oder beim Tanken kam es oft vor, dass ihnen einfach ohne jede Aufforderung ein Kaffee gebracht wurde – oder sogar die gesamte Dieselfüllung bezahlt wurde. „Die Leute erwarten kein Danke und verlangen auch nichts im Gegenzug. Sie heißen die Touristen einfach herzlich willkommen in ihrem Land.“
„Einmal wurden wir von einer Gruppe junger Einheimischer in ihr Beduinenzelt eingeladen. Sie wollten uns ihre Kamelmilch anbieten. Diese Zelte sind ein Zeichen des Wohlstands – viele Familien, die es sich leisten können, besitzen ein solches Zelt aus schwarzem Kamelhaar. Es war, als wären wir Teil ihrer Welt, für einen kurzen Moment.“
Meistens wurde auch nur Lukas angesprochen oder begrüßt – aber nicht aus Frauenfeindlichkeit oder mangelndem Respekt. Ein Saudi-Araber erklärte ihnen, dass in ihrer Kultur eine fremde Frau als wertvoller Juwel gelte und einen Juwel dürfe man nicht anfassen und mit Ehrfurcht behandeln. „Aus diesem Grund sollte man sich vor jeder Reise gut über die Sitten und Kulturen der jeweiligen Länder informieren“, erklärt Valeria. „Man darf niemals davon ausgehen, dass man sich so verhalten kann, wie zuhause. Man ist schließlich Gast.“
Die Freiheit von „Moose“
Ihr Offroad-Camper hat schon ein paar Jährchen auf dem Buckel. Aber sie haben sich ganz bewusst für ein älteres Auto entschieden. Der große Vorteil dabei? Überall bekommt man Ersatzteile, und Lukas kann vieles selbst reparieren, falls es notwendig sein sollte. Mit „Moose“ an ihrer Seite haben sie einen treuen Begleiter gefunden, der ihnen nicht nur als fahrendes Zuhause dient, sondern auch als Symbol für Freiheit und Abenteuerlust. Und außerdem spart es eine Menge Geld. Momente der Einsamkeit und Ruhe sind für die beiden sehr wertvoll. Auf der Almhütte haben sie diese Erfahrung in den Bergen gemacht – ein Lebensstil, der geprägt ist von Liebe zur Natur und diesem unstillbaren Drang, Neues zu entdecken.
Während ich den beiden zuhöre, wie sie voller Begeisterung von ihrem fahrenden Zuhause erzählen, drängt sich mir allerdings die Frage auf: Wie hält man es so lange Zeit, rund um die Uhr gemeinsam aus? „Man teilt sich das gut ein“, lacht Lukas. „Ich bin für das Fahren und alle technischen Dinge zuständig, während Valeria die Recherche, das Planen und das Kochen übernimmt. Man entwickelt eine Routine – wie zuhause, nur dass man auf Reisen fast täglich an einem anderen Ort ist. So läuft man auch nicht Gefahr, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen.“
Eine Reise der Inspiration
Lange Zeit in einem Land zu bleiben oder vielleicht auch dort zu arbeiten, kam für die beiden bisher nie in Frage. Während ihres längeren Aufenthaltes in Griechenland kamen sie auf die Idee, ihre Erlebnisse und Erfahrungen auch mit anderen Reisebegeisterten auf Social Media zu teilen. Immer wieder wurden sie von anderen Reisenden angesprochen, die neugierig waren: „Wie macht man eine lange Reise mit dem Camper?“
„Wir wollten unsere Erfahrungen weitergeben und anderen Mut machen, ihre eigenen Abenteuer zu erleben“, erzählt Valeria. Aus dieser Idee heraus entstand ihr erster Reiseführer in Buchform. Unterwegs waren sie damit beschäftigt, Texte zu verfassen, Fotos zu bearbeiten und ihre Gedanken in Beiträge und Videos umzuwandeln. Nach dem ersten Reiseführer folgten vier weitere, die inzwischen auf dem Markt sind.
Zusätzlich entstand die Webseite „The Travely”, auf der vom Ausbau des Campers über Fotografie-Tipps bis hin zu Informationen über die Länder, die sie bereist haben, alles zu finden ist. „Wir wollten eine zentrale Anlaufstelle schaffen, wo die Leute alles finden können, was sie für ihre eigenen Reisen benötigen“, erklärt Valeria.
Das Besondere an ihren Reisen war, dass die beiden nicht nur von der Natur und den Kulturen begeistert waren, sondern auch von den Menschen, die sie trafen. Immer wieder wurden sie und ihr Camper „Moose“ auf ihren Reisen erkannt – andere Reisende erinnerten sich an die Fotos und die Geschichten aus ihren Reiseführern.
Seit Ende 2023 sind Valeria und Lukas wieder zurück von ihrer letzten langen Reise. Momentan stehen Mikroabenteuer in den Alpen, Wanderungen und kleine Hideaways in und rund um Südtirol auf ihrem Plan. Wo sie sich in zehn Jahren sehen, können oder wollen sie nicht beantworten. Aber eines ist sicher: Sie würden alles noch einmal genauso machen. Die Reisen haben ihnen viel beigebracht, insbesondere einen anderen Blickwinkel auf die Welt und auf die Dinge, die wirklich wichtig sind. „Man braucht ganz wenig, um glücklich zu sein“, sagt Lukas.
Support BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support