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Ob für BMW, VOX, SKY oder XXX Lutz. Das Gesicht von Deborah Müller steht für vieles. Ihre wahre Leidenschaft sind jedoch nicht die Werbespots, sondern der Film und das Theater. Debby hat keineswegs den typischen Weg ins Rampenlicht gewählt. Eigentlich ist sie Sozialbetreuerin. Nun macht sie die Bühnen von Bayerns Hauptstadt unsicher. Wie das sein kann, erzählt uns die gebürtige Lananerin selbst.
Direkt von der Probe kommt Deborah in den Münchner Hofgarten, wo wir auf den endlich auch in München angekommenen Sonnenschein und auf ihre frische Nominierung als Hauptdarstellerin im Film ”Beinahe negativ“ anstoßen.
Deine Karriere hat ihre Ursprünge im RAI Sender Bozen (2003, „Von hier bis zum Mond“). Was hat sich seitdem verändert?
Ich war jung und brauchte das Geld (lacht). Naja, so viel war es dann auch nicht. 2003 war das meine erste Erfahrung vor der Kamera. Als sie mir nach dem Casting mitgeteilt haben, dass ich die weibliche Hauptrolle kriege, konnte ich es nicht glauben. Südtiroler Alltag, Jugend und Liebe war das Thema. Peinlich, peinlich. Das muss ich mir echt wieder mal anschauen. Seitdem hat sich viel verändert. Zu der Zeit war ich ja noch keine Schauspielerin.
Wie bist du dann auf die Idee gekommen eine zu werden?
Schon als Kind habe ich meinem Vater immer bei seinen Schauspielproben zugesehen und hatte da schon immer Sehnsucht nach der Bühne. Früher war ich jedoch noch sehr schüchtern und introvertiert. Also habe ich einen anderen Weg eingeschlagen; eine Ausbildung zur Sozialbetreuerin gemacht, ein Kind bekommen und gedacht: So Deborah, das ist jetzt dein Leben. Haus und Kind in Südtirol, so wie es sich gehört.
Und wie kamst du dann vom Altersheim in Lana auf die Bühnen Münchens?
Irgendwann hab ich gemerkt, dass ich den Clown nicht mehr nur vor alten Leuten spielen kann. Die Spiellust in mir war einfach zu groß. Ich habe angefangen, in Südtirol kleinere Rollen zu spielen. Mein Vater ist Künstler und hat mir damals gesagt, dass er auf der Bühne die Leidenschaft gesehen hat, die er beim Malen habe. Also hat er mir seinen Segen gegeben. Mit 24 bin ich dann nach München aufgebrochen. Für die staatlichen Schauspielschulen war ich schon zu alt, also habe ich mich für zwei andere beworben. Beide hätten mich aufgenommen. Ich habe mich dann für die Neue Münchner Schauspielschule entschieden, wo ich von 2006 bis 2009 zur Schauspielerin ausgebildet wurde. Richtig spielen habe ich dann erst vor vier Jahren angefangen. Da nimmt man dann jeden Job an, um ins Geschäft zu kommen. Einige Werbespots laufen sogar heute noch.
Was war das für ein Gefühl, als du in der Werbepause zum ersten Mal dein Gesicht im Fernsehen gesehen hast?
Meinen ersten Werbespot habe ich 2005 gedreht. Den mit der roten Kugel für VOX. Da war ich noch in Südtirol und VOX hat dort gecastet. Das war schon komisch, als ich mich dann das erste Mal als Werbegesicht im Fernsehen gesehen habe.
Wofür entscheidest du dich jetzt: Werbung, Theater oder doch lieber Film?
Werbungen mache ich hauptsächlich für meinen Geldbeutel. Mein persönlicher Liebling ist das Theater. Da weiß ich, was ich mache, wo ich stehe und wie ich wirke. Es ist direkt, es ist pur, man lebt es. Auch wenn es ein bisschen übertrieben ist, bleibt es authentisch. Ich bin ein Mimik-Mensch, das kommt beim Film nicht gut. Da heißt es dann vonseiten des Regisseurs immer: „Debby, mach nichts! Debby, nicht so viel!“
Und in deiner Freizeit: Theater oder Kino?
Kino. Das ist für mich eine andere Welt. Eine Welt, in die ich eintauche, die mich mitreist. Wenn ich ins Theater gehe ist der Drang auf die Bühne zu steigen und selbst zu spielen zu groß, das halt ich nicht aus.
Verfällt man als Schauspielerin im echten Leben eigentlich auch manchmal in Rollen?
Nein. Einige können das zwar nicht unterscheiden und sind dann auch im echten Leben „too much“, aber ich bin, wie ich bin, und so bleib ich auch. Wenn ich glücklich bin, sieht man's mir gleich an, wie wenn ich traurig bin. Was sich vorher oft gestaut hat, kann ich nun auf der Bühne ausleben. Dazu musste ich früher noch den Kasper im Freundeskreis spielen. Das hat sich mittlerweile gelegt. Auch wenn's ab und an noch durchrutscht (grinst).
… es beginnt zu regnen, umsonst das gute Wetter gefeiert …
Das Südtiroler Wetter haben wir hier nicht, was fehlt dir sonst noch aus der Heimat?
Natürlich meine liebe Tochter, mein Sonnenschein. Und seitdem ich weg bin auch die wahnsinnig schöne Natur und das gute Essen.
Den Dialekt hast du ja mit nach München genommen, hört man den denn auch noch wenn du Hochdeutsch sprichst?
Nein. Die meisten glauben mir gar nicht, dass ich keine Deutsche bin. Aber der Weg bis zum perfekten Hochdeutsch war ein langer. Das erste halbe Jahr an der Schauspielschule war wirklich schwer für mich. Wir haben nur Improvisationen gespielt und ich stand da und habe nur „Ja“ und „Nein“ sagen können. Bis ich meinen Satz formuliert hatte, waren die anderen mit den Proben schon fertig. Ich hatte dann drei Jahre lang eine Spracherzieherin. Musste zuerst alles phonetisch umschreiben und jeden Tag vor der ganzen Klasse erzählen, was ich getan habe. Wenn man aufmerksam zuhört und versucht nachzuahmen, hat man’s aber irgendwann im Ohr. Mittlerweile kann ich total von Dialekt auf Hochdeutsch umswitchen. Das Südtirolerische hört man dann nirgends mehr. Schwierig ist es dann nur noch die Emotionen der Muttersprache in die Hochsprache zu bringen. Anfangs habe ich deshalb alles auf Südtirolerisch umgeschrieben.
Bist du Schauspielerin aus Leidenschaft?
Der eine schreibt gerne, der andere malt und ich spiele für mein Leben gerne. Wo der Künstler seinen Pinsel als Utensil hat, habe ich meinen Körper. Die Größe meiner Spiellust ist unbeschreiblich; ja, ich bin eindeutig Schauspielerin aus Leidenschaft.
Und was macht einen echten Schauspieler aus?
Man muss funktionieren und das immer, egal ob krank oder schlecht drauf. Die Probleme eines echten Schauspielers müssen in der Garderobe liegen bleiben. Nicht immer hole ich sie dann nach dem Auftritt dort auch wieder ab (lacht). Es ist echt ein Wahnsinn, was man dabei alles aushält. Ein Stück habe ich zum Beispiel mit einem Glassplitter im Fuß durchgespielt. Getanzt wie eine Wilde. Die ganze Garderobe, alle Schuhe, alles war voller Blut, den Schmerz habe ich aber erst am Ende gefühlt.
Schlussendlich ist man als Schauspielerin wie eine Modelliermasse. Ich biete was an und der Regisseur modelliert mich. Gemeinsam entsteht dann eine Figur. Man muss formbar sein und sich trotzdem treu bleiben.
Also trotz Ruhm keine Starallüren?
Man kennt mich zwar, vor allem durch die Werbespots, aber Star bin ich noch lange keiner und möchte ich auch nie einer sein. Dann könnten wir hier nämlich nicht so gemütlich „Auf a Glas'l“ gehen, sondern wären von Paparazzi umzingelt. Ich bin zufrieden und bin und bleibe die „Debby fa Lana“.
Und wo kann man die „Debby fa Lana“ zur Zeit und in naher Zukunft sehen?
Man kann mich in „Emmas Glück“ auf der Bühne sehen, das ist ein Solo. Ich stehe also alleine auf der Bühne und besetze alle Rollen. Das ist eine echte Herausforderung, weil keiner da ist, der mir in den eineinhalb Stunden notfalls einen Ball zuspielen kann. Man muss von einer Emotion in die andere switchen. Und dann ist da auch noch das traurige Ende.
Gibt es bei dir noch Lampenfieber?
Ja auf alle Fälle, das gehört dazu. Aber ich bin eher wie ein Pferd im Rennstall, das raus will.
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