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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 25.04.2016
LeuteAuf a Glas'l mit Katja Schroffenegger

Die Nummer eins

Veröffentlicht
am 25.04.2016
Katja Schroffenegger ist Südtirols beste Fußballerin und spielte bei Bayern München. Jetzt ist die Torfrau zurück in Südtirol, wo Frauenfußball noch immer belächelt wird.
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Katja Schroffenegger, 25 Jahre alt, 1,72 Meter groß. Eine ganz normale junge Frau. Wäre da nicht ihr Hobby, das sie teilweise zu ihrem Beruf gemacht hat: Die Karneiderin ist Fußballerin – Torfrau, um genau zu sein. Sie ist die beste Fußballerin Südtirols, spielt für die Nationalmannschaft und ist die erste Südtirolerin, die den Sprung in die deutsche Bundesliga schaffte. 2011 kam sie zum USV Jena, 2013 zum FC Bayern München und zwei Jahre später zu Bayer 04 Leverkusen. Jetzt steht sie wieder beim CF Südtirol im Tor, der in der höchsten italienischen Liga gegen den Abstieg kämpft.

Ihr Studium in Kommunikationswissenschaften und Romanistik hat sie abgeschlossen. Zurzeit schreibt sie an ihrem ersten Jugendroman, hilft ihren Eltern auf dem Hof und sucht nach einem Job, der mit dem Leben als Fußballerin vereinbar ist. Noch fünf Spiele, dann ist die Meisterschaft zu Ende und Schroffenegger geht mit der Nationalmannschaft zur EM-Qualifikation nach Georgien. Danach will sie einfach mal entspannen. Bergsteigen, schwimmen, Volleyball spielen. „Eben auch mal was anderes, damit ich abschalten kann, bevor es im Juli, August wieder losgeht“, sagt sie und trinkt einen Schluck Sportwasser in ihrer Lieblingsbar Dublin in Bozen. Hier trifft sie sich gerne mit ihren Freunden zum Kartenspielen oder Pokern.

Wie bist du zum Fußball gekommen?
Es gab nicht einen bestimmten Moment, in dem ich mit Fußball angefangen habe, es hat sich einfach so entwickelt. Schon als Kind habe ich gerne Ball gespielt und bald gemerkt, dass ich mit den Füßen am liebsten spiele. Mit sechs Jahren bin ich zum Haslacher SV gekommen.

Du hast als Feldspielerin angefangen. Warum bist du Torfrau geworden?
Bis ich 13 Jahre alt war, habe ich zusammen mit den Buben auf dem Feld gespielt. Zuhause habe ich aber mit meinem Papi angefangen, Bälle zu fangen. Als ich mit 13 in die Damenmannschaft des Bozner FC wechselte, ging ich fix ins Tor. Ich mochte schon immer beides gerne. Auch heute bestehe ich im Sommer darauf, auch draußen spielen zu dürfen.

Und was haben deine Eltern dazu gesagt, als du dich für eine Fußballerkarriere entschieden hast?
Ich denke, Mütter freuen sich nicht sehr darüber, wenn man sagt, man will als Gitsch Fußball spielen. (grinst) Meine Eltern sind beide nicht fußballbegeistert, sie ließen mich aber immer machen. Mein Papi hält sich bis heute raus, er sieht sich auch nicht die Spiele an. Meine Mama ließ sich begeistern, hat von den Buben die Fußballshirts gewaschen und Brote und Tee gemacht. (lacht)

Es heißt, dass Torhüter ein Stück weit verrückt sein müssen, weil sie sich furchtlos in gefährliche Situationen begeben müssen. Wie verrückt bist du?
Ein bisschen verrückt muss man schon sein, denn nicht jeder springt gerne in den Schlamm hinein, um einen Ball zu fangen. (lacht) Man muss dazu geboren sein. Verrückt ist man auch in dem Sinne, weil Fußball ein Teamsport ist. Im Tor ist das aber nicht so. Man muss stark im Kopf sein, denn jeder Fehler, den man macht, bedeutet ein Tor. Wenn wir 1:0 verlieren, dann habe ich einen Fehler gemacht, und wenn ich in dem Spiel noch so viele Bälle halten konnte. Damit kommen viele nicht klar, denke ich. Auf der anderen Seite ist es toll, wenn man den entscheidenden Ball halten konnte. Dann bejubeln sie dich.

Wie oft trainierst du?
Die vergangenen fünf Jahre, als ich noch in Deutschland war, habe ich sieben bis acht Mal pro Woche trainiert. Fußball war mein Beruf. Jetzt bin ich zum CF Südtirol zurück, wo wir dreimal pro Woche mit der Mannschaft trainieren. Zusätzlich trainiere ich für mich noch zweimal.

Warum bist du wieder zurückgekommen?
Bis vergangenes Jahr hat es mir in München richtig gut gefallen, aber ich durfte nie spielen. Ich war lange verletzt und es war einfach nicht der richtige Verein für mich. Deswegen ging ich einen Schritt zurück, sprich zu einer Mannschaft, die nicht gerade deutscher Meister wird. Bei Bayer 04 Leverkusen habe ich mich sportlich und privat nicht wohlgefühlt.

Kann man als Frau nur vom Fußball leben?
Hier sicher nicht. In Italien ist Fußball allgemein als Beruf nicht angesehen. Man bekommt eine Kleinigkeit, das kann man aber mehr als Benzingeld ansehen. Es ist wichtig, nebenher noch zu arbeiten. In Deutschland, wo Fußball auch ein Beruf ist, kann man davon leben. Es ist ein normaler Beruf, als würde man im Büro sitzen.

Lionel Messi verdient täglich mehr als 100.000 Euro. Wie viel verdient die bestverdienende Fußballerin?
Ich glaube die besten Fußballerinnen gibt es in Amerika oder Frankreich. Sie kriegen 400.000 Euro im Jahr. Das sind aber Einzelne, die sich von der Masse abheben. Einzelne stechen heraus, bekommen Werbeverträge und verdienen dadurch dann so viel.

„In Italien wird Frauenfußball belächelt.“

Wird Frauenfußball immer noch belächelt?
Zum Teil. In Deutschland ist es voll akzeptiert. Dort ist Fußball populär und man wird sogar mal auf der Straße angesprochen für ein Foto oder Autogramme. Hier in Italien wird Frauenfußball meist belächelt. Das fängt aber beim Verband an, der uns wenig unterstützt. Wieso sollen uns die „normalen Leute“ akzeptieren, wenn uns nicht mal unser eigener Dachverband akzeptiert? Medien und Sponsoren geben nur das wieder, was sie vom Verband und den Vereinen vorgelegt bekommen und in dem Bereich gibt es in Italien noch großen Nachholbedarf. Hier kommt es schon mal vor, dass man gefragt wird, ob unser Tor gleich groß ist wie das der Männer. (lacht) Beispielsweise schafft es der Verband nicht, die Aufstellungen auf der Facebookseite bekannt zu geben. Wie sollen dann die Leute wissen, was wir in China oder Zypern für Ergebnisse erzielen? Das ist der große Unterschied zwischen Deutschland und Italien. Deutschland hat vor zehn Jahren in Frauenfußball investiert, Italien eben nicht.

Der CF Südtirol spielt in der höchsten italienischen Liga. In welcher Männerliga würdet ihr bestehen?
Wir würden gegen etwa 15-jährige Jungs bestehen. Danach werden die körperlichen Unterschiede einfach zu groß. Rein taktisch und technisch sieht das aber anders aus.

Wie schaut die Nachwuchsförderung von jungen Mädchen in Südtirol aus?
Es gibt verschiedene Mannschaften, die für junge Mädchen eine U11, U13 oder U15 anbieten. Brixen und der CF Südtirol haben auch eine gute Jugendarbeit. Das Problem ist aber, dass man immer weit fahren muss, um in den Mannschaften zu spielen. Es gibt nicht die Masse wie bei Bubenmannschaften. Ich denke aber, es ist auch kein Problem, wenn Mädchen bei Bubenmannschaften anfangen. Solange es gut integriert ist, kann das einem Mädchen sogar gut tun – dann wird sie abgehärtet. Die guten Fußballerinnen kommen meist aus den Bubenmannschaften.

Bist du privat auch fußballbegeistert?
Ich schaue gerne Spiele meiner Lieblingsmannschaft Juve, Europameisterschaften oder ein spannendes Champions-League-Spiel. Aber oft komme ich am Abend nach Hause und denke: nicht schon wieder Fußball. (lacht) Das war vor allem in Deutschland so, wo ich jeden Tag auf dem Fußballplatz war. Dann will ich abends nur abschalten.

Was waren deine größten Erfolge?
Der persönlich größte Erfolg war, als ich vor fünf Jahren für den CF Südtirol gespielt habe und am Ende als beste Torfrau der Serie A ausgezeichnet wurde. Es war schön, dass meine Leistung bestätigt wurde. Der größte Erfolg mit der Mannschaft war, als ich 2008 mit der U19 Europameisterin wurde und Südtirol aufgestiegen ist. Letztes Jahr wurde der FC Bayern München deutscher Meister. Aber dadurch, dass ich nicht auf dem Feld aktiv zum Erfolg beigetragen habe, war ein bisschen ein Beigeschmack dabei. Es war aber eine riesige Sache, Bayern hat vor etwa 30 Jahren das letzte Mal die Meisterschaft gewonnen.

Als Fußballerin ist man viel unterwegs …
Ja. Ich bin mit der Nationalmannschaft jeden Monat irgendwo unterwegs. Vergangenes Jahr war ich zum Beispiel mit der Mannschaft und zum Teil als Sportjournalistin in Florida, Kanada, China, Japan und Zypern. Da mache ich Erfahrungen, die fürs Leben bleiben.

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