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Mutterkomplexe, Vaterkomplexe, Geldgier, Sexgier, ungelöste Konflikte, Suche nach einer verlorenen Jugend und noch viel mehr Vorurteile schwirren um Paare, die nicht dasselbe Alter haben. Nicht so bei Alessandro Parmeggiani (Alex) und Evi Pardeller. Wenn das Südtiroler Durchschnittspaar von nur drei Jahren getrennt ist, sind es bei den beiden Boznern ganze 17 Jahre. Magische 17: Er ist 51 (drei mal 17), sie 34 (zwei mal 17).
Mit Vorurteilen hatte das Paar jedoch nie wirklich zu kämpfen, aber trotzdem gäbe es besonders anfangs eine Hemmschwelle, wenn die Liebe vor so einem großen Altersunterschied nicht halt macht. „Meine Sorge war immer, was die anderen wohl von mir denken würden“, erzählt Evi von den Anfängen der Beziehung. Alex hatte mit solchen Sorgen nicht zu kämpfen. Seine Umgebung war es schon gewohnt, ihn mit ungleich alten Partnerinnen zu sehen. Während Evi zuvor immer Partner in ihrem Alter hatte, spielte bei Alex das Alter nie eine große Rolle. „Ich hatte zuerst eine neun Jahre ältere Frau, dann waren meine Partnerinnen eine Zeitlang gleich alt wie ich und schließlich bin ich in die entgegengesetzte Richtung gegangen. Eine war acht Jahre jünger, die nächste elf Jahre und jetzt Evi mit 17 Jahren Unterschied“, erzählt er von seiner Vergangenheit.
Ihren Ursprung hat die Liebe des ungleichen Paares beim Mantrasingen, das Alex ab und an veranstaltet. „Evi ist mir sofort aufgefallen, weil sie die Mantras mit einer solchen Hingabe gesungen hat“, schwärmt der Yogalehrer von der ersten Begegnung. Doch sofort hat es bei den beiden nicht gefunkt. Erst reiste Alex noch nach Indien. Als er zurück war, folgten zahlreiche SMS „in einer lauen Vollmondnacht” und schließlich das erste Treffen. „Ich wusste damals ja nicht genau, wie alt Alex ist, aber irgendwie dachte ich mir: Nein, mit einem Mann in dem Alter kann ich mich doch nicht treffen!“, erinnert sich Evi an ihre Gedanken damals zurück. „Wie?! Ich habe doch voll jung ausgeschaut!“, fällt Alex, der damals 45 war, ihr sofort ins Wort. Die beiden grinsen sich an und erzählen weiter.
Alex hielt eigentlich eher nach einer gleichaltrigen Frau Ausschau. „Wenn man aber mit 45 eine Frau sucht, die ungefähr gleich alt ist, dann ist das Thema Familie bereits abgehakt. Vielleicht habe ich mich genau deshalb mehr zu jüngeren hingezogen gefühlt. Obwohl ich Evi ehrlich gesagt älter geschätzt habe“, erzählt Alex, während Evi ihn verblüfft anschaut und mit einem Augenzwinkern ergänzt: „Das ist wahre Liebe.“
Das ist nun sechs Jahre her. Mittlerweile hat das Paar bereits eine gemeinsame Tochter namens Gaia und Evi erneut einen dicken Babybauch.
Wenn ihn jemand auf den Altersunterschied anspricht, erinnert sich Alex immer wieder gerne an den Geschichtsunterricht in der Schule zurück. Er, der in Rom aufgewachsen ist, habe dort gelernt, dass es bei den alten Römern normal war, dass die Männer um die 50 Jahre und die Frauen so um die 20 Jahre alt waren. „Das hast du dir gut gemerkt, was?“, wirft Evi sofort ein und lacht Alex an. Der lacht, wohlwissend als waschechter Römer also alles richtig gemacht zu haben, verschmitzt zurück.
Dass es an ihrem Altersunterschied scheitern könnte, haben sich die beiden noch nie gedacht. „Eine Jüngere findest du eh nicht mehr, also musst du mich behalten!“, sagt Evi grinsend. Beide lachen und werfen sich einen verliebten Blick zu.
Von negativen Reaktionen von Seiten der Gesellschaft können Alex und Evi nicht erzählen. Eine lustige Anekdote fällt ihnen aber trotzdem noch ein. Beim Autokauf vor nicht all zu langer Zeit hat der Autohändler den Altersunterschied zwischen den beiden wohl falsch interpretiert. „Als ich mit ihm herumdiskutiert habe, meint er plötzlich zu mir, dass ich mir ja keine Sorgen machen müsse, denn wenn ich es richtig anstelle, wird der Papa mir das Auto schon spendieren. Daraufhin habe ich Alex einen Blick zugeworfen und schmunzelnd gesagt: Ja, ja Papi. Wir haben das Spielchen dann einfach mitgespielt“, erzählt Evi schmunzelnd von der Verwechslungsgeschichte.
Wenn man die beiden nach den Nachteilen einer solchen Beziehung fragt, müssen sie erst eine Weile überlegen. Der Tanzpädagogin fallen zuerst jedoch nur Vorteile ein: „Ältere Männer haben weniger Flausen im Kopf. Sie sind gestandener und haben eine bestimmte Vorstellung vom Leben. Außerdem gibt es bestimmte Themen wie Eifersucht oder so gar nicht mehr.“ Ein Nachteil könnte für die beiden erst etwas später eintreten. „Wenn ich 50 bin, ist Alex fast 70“, rechnet Evi nach, „dann könnte mir der Altersunterschied eventuell negativ auffallen.“ Aber es gäbe durchaus auch 70-Jährige, die noch fitter seien als 50-Jährige, ergänzt Alex. Angst vor dem Altwerden haben die beiden also nicht und fragt man nach der Zukunft, dann scherzen sie lachend über 17 Kinder.
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