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Lucia Baumgartner
Veröffentlicht
am 07.05.2024
LeuteÜber Geld spricht man (nicht)

Die Hebamme

Veröffentlicht
am 07.05.2024
Am Ursprung des Lebens teilhaben: Assoziationen mit dem Hebammenberuf sind zumeist positiv und eng mit dem Wunder der Geburt verbunden. Doch die vielfältige Arbeit und die oft unzureichende Entlohnung bleiben im Verborgenen. Was verdient eigentlich eine Hebamme? BARFUSS hat im Rahmen der neuen Artikelserie „Über Geld spricht man (nicht)“ nachgefragt.
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Linda G. (Name wurde geändert) ist 23 Jahre alt und hat im November 2023 ihre Ausbildung zur Hebamme in Bozen an der Claudiana abgeschlossen. Seit Jänner 2024 arbeitet sie in einem Südtiroler Krankenhaus.  

BARFUSS: Wie lange dauert eine Hebammen-Ausbildung an der Claudiana?
Linda: Die Ausbildung dauert normalerweise drei Jahre, was auch der Regelstudienzeit entspricht. Ich habe die gesamten drei Jahre in der Ausbildung verbracht. Es gibt keine Abweichungen von diesem Zeitrahmen, da die Fächer und Praktika während dieser Zeit verpflichtend sind. Das heißt, ich konnte während den Sommerferien z. B. nicht einem anderen Job nachgehen, da ich da die Praktika absolvieren musste. 

Konntest du Erfahrungen im Ausland sammeln?
Ja, im dritten Ausbildungsjahr hat jeder die Möglichkeit, ein Auslandspraktikum zu absolvieren, das maximal drei Monate dauern darf. Ich habe diese Gelegenheit genutzt.

Wie viel hat dich die Ausbildung gekostet? Und wie hat du dir die Ausbildung finanziert?   
Die Ausbildung hat mich insgesamt etwa 7.000 € gekostet. Vor allem meine Eltern haben mich finanziell unterstützt. Selbst Erspartes war eher begrenzt vorhanden.

Wie gestaltete sich der Berufseinstieg?
Glücklicherweise habe ich mein Studium in Italien absolviert, daher war die Anerkennung meines Abschlusses kein Problem (im Gegensatz zu beispielsweise einem Studium in Österreich). Mein erster Schritt nach dem Abschluss war der Eintrag in das Berufsalbum der Hebammen und die Zahlung eines Mitgliedsbeitrags. Erst danach konnte ich mich um eine Stelle im Krankenhaus bewerben.
Für die Stelle im Krankenhaus musste ich eine mündliche Prüfung absolvieren, um in die Rangordnung für einen befristeten Vertrag zu kommen. Kurz darauf wurde ich kontaktiert, dass mir eine Stelle zugeteilt wurde.

Wie würdest du das Zusammenspiel zwischen Theorie (Ausbildung) und Praxis (Beruf) einschätzen? Konntest du während der Ausbildung genug Erfahrungen sammeln?
Die Ausbildung umfasst insgesamt 15 Monate Praxis und 21 Monate Theorie. Ich finde, dass dies eine ausgewogene Vorbereitung auf das Arbeitsleben ermöglicht. Besonders hilfreich ist, dass wir unsere Praktika in verschiedenen Krankenhäusern in Südtirol absolvieren können, was einen vielfältigen Einblick in das Berufsleben ermöglicht.

Hast du das Gefühl, dass du für deinen Beruf ausreichen vorbereitet bzw. ausgebildet wurdest?
Ja, ich fühle mich ausreichend auf meinen Beruf vorbereitet. Aber es wird immer wieder Momente geben, welche ich noch nicht erlebt habe und auf die ich nicht „genug“ vorbereitet bin. Dafür gibt es in meinem Beruf immer wieder Simulationstrainings.

Wie reagieren Menschen, wenn du ihnen als Hebamme gegenübertrittst? Gibt es Vorurteile? Stereotype?  
Ich höre vor allem Dinge wie: „Oh, Hebamme ist so ein schöner Beruf, du darfst jeden Tag das Wunder der Geburt miterleben!“ Doch der Job ist an sich ist herausfordernd und bringt nicht nur schöne Seiten mit sich.

Wie würdest du den Berufseinstieg von jungen Menschen in Südtirol allgemein einschätzen?
Der Berufseinstieg für junge Menschen in Südtirol kann je nach Branche und Qualifikation unterschiedlich sein. In einigen Bereichen mag es einfacher sein, eine geeignete Stelle zu finden als in anderen. Es hängt auch von individuellen Faktoren wie Flexibilität und Netzwerken ab. Da ich eine spezifische Ausbildung absolviert habe, war für mich klar, dass ich nur begrenzte Möglichkeiten habe, meinen Beruf auszuüben.

Wie viel verdienst du netto im Monat? (+/- 100/200 €)
Mein Grundgehalt als Hebamme liegt bei 1.350 €. Mit den verschiedenen Zulagen für Nächte, Feiertage und Wochenende und den Abzügen für Parkplatz und Mensa komme ich auf circa 1.800 € im Monat.

Wusstest du bereits, wie viel du circa verdienen wirst?
Ich hatte eine ungefähre Vorstellung, aber über Gehälter wird selten gesprochen. In der Regel hört man eher, dass die Bezahlung nicht besonders gut ist.

Findest du dein Gehalt, im Hinblick auf das, was du leistest, angemessen/gerecht?
Nein, ich finde die Entlohnung nicht angemessen. Unser Grundgehalt beträgt 1.350 €. Angesichts der Tatsache, dass wir in unserem Job Turnusdienste mit Nächten, Feiertagen und 12-Stunden-Schichten arbeiten und dabei die Verantwortung für zwei Leben tragen, also Mutter und Kind, empfinde ich die Bezahlung als unzureichend.

Wenn du mehr verdienen möchtest, welche Möglichkeiten bzw. Aufstiegschancen hättest du?
Um aufzusteigen und somit mehr zu verdienen, müsste ich zum Beispiel eine weitere Ausbildung absolvieren, dies würde jedoch ein zusätzliches Studium von zwei Jahren erfordern.

Wie viel würdest du verdienen, wenn du in Österreich, der Schweiz oder in Deutschland mit deiner Ausbildung arbeiten würdest?
In Österreich und Deutschland ist das Gesundheitssystem weitgehend anders strukturiert. Aber im Allgemeinen würde ich in den meisten Regionen das Doppelte verdienen im Vergleich zu meinem aktuellen Gehalt.

Findest du, dass die Gesellschaft dein Berufsbild genügend wertschätzt?
Ich empfinde, dass viele Menschen den Beruf der Hebamme nicht ausreichend kennen oder wahrnehmen und daher auch keine angemessene Wertschätzung dafür zeigen. Direkt bei der Arbeit erfahren wir von den Paaren jedoch viel Anerkennung und Wertschätzung.

Was würdest du dir für dein Berufsbild, von der Gesellschaft, von der Politik wünschen? (Neugestaltung des Systems, keine Vorurteile, mehr Aufklärung …)?
Ich wünsche mir eine größere Präsenz des Berufsbildes in der Öffentlichkeit und damit verbunden eine bessere Aufklärung über die immense Verantwortung, die Hebammen tragen. Dies sollte auch zu einer angemesseneren Entlohnung führen. Eine Neugestaltung des Systems sowie eine Sensibilisierung für Vorurteile gegenüber Hebammen wären ebenfalls wünschenswert.

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