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„Für den Laien ist Wasser einfach Wasser“, sagt Hannes Pescoll, „für mich hingegen ist es ein kostbares Gut mit einer riesigen Vielfalt, das es noch mehr zu schätzen gilt.“ Der Girlaner hat mit seinen 22 Jahren bereits vier Sommeliertitel. Einer davon ist der Wassersommelier, den es in Südtirol nur zwei Mal gibt. Während Hannes Pescoll in den Wintermonaten im Ausland arbeitet, verbringt er den Sommer gerne in der Heimat. Zur Zeit arbeitet er als Chefsommelier in einem Hotel in Hafling. „Trinken, trinken, trinken“, antwortet er, wenn man ihn danach fragt, wie er seine Geschmacksnerven trainiert. BARFUSS war mit dem Wassersommelier nicht nur „Auf a Glas’l“ Wasser, sondern auch auf einen Kaffee.
Ich habe gehört, du hast schon einige Sommeliertitel …
Das stimmt. 2011 habe ich mit 17 Jahren meinen ersten gemacht, den Weinsommelier, dann folgte zwei Jahre später der Käsesommelier. Im vergangenen Jahr habe ich dann den Biersommelier in Deutschland absolviert und im März diesen Jahres noch den Wassersommelier in München draufgelegt. Ich interessiere mich einfach wahnsinnig für die Produkte, mit denen ich arbeite und will deshalb immer mehr darüber wissen.
Warum macht man eine Wassersommelier-Ausbildung?
Damit ich den Leuten etwas über Wasser erzählen kann, wenn sie danach fragen. (lacht) Jeder trinkt Wasser, alles besteht aus Wasser und keiner weiß eigentlich etwas über Wasser.
Was erzählst du Laien wie mir dann übers Wasser?
Die Vielfalt des Wassers ist vergleichbar mit Wein, Bier oder Käse. Sensorisch können bei solchen Produkten genauso wie beim Wasser Unterschiede festgestellt werden. Da gibt es also viel zu erzählen.
Wie kann man sich den Ablauf einer solchen Wasserverkostung vorstellen?
Es gibt eine kleine Auswahl an Wassern, zu denen jeweils eine kleine Geschichte als Einleitung erzählt wird. Woher das Wasser kommt, welche Gesteinsschichten es durchfließt oder welche Mineralien es beinhaltet. Eine halbe Stunde vorher sollte man nichts gegessen haben, damit der Gaumen neutral ist. Und im Gegensatz zu Wein oder Bier wird beim Wasser auch nichts zur Verkostung gegessen.
Worauf achtet man beim Verkosten genau?
Zuerst achtet man darauf, wie sich das Wasser im Mund anfühlt und man achtet natürlich auf die Farbe. Manche Wasser sind etwas blaulicher, andere haben einen Grauton. Danach achtet man auf den geschmacklichen Aspekt. Ein eisenhaltiges Wasser schmeckt zum Beispiel metallisch oder nach Blut. Ein Wasser mit viel Nitrat hingegen schmeckt salziger. Auch das Gebiet, aus dem das Wasser stammt, findet sich in seinem Geschmack wieder. Sensorisch muss man sich natürlich immer weiterentwickeln, dann schmeckt man irgendwann sogar die Spurenelemente aus einem Wasser raus.
Lernt man das bereits in der Ausbildung?
Ein wenig, aber eigentlich sind zwei Wochen dafür zu kurz. In der Ausbildung gibt es vor allem viel trockenen Stoff über Chemie und Geologie. Außerdem lernt man mikrobakterielle Eigenschaften von Wasser kennen, wie das Wasser von den Quellen abgepumpt wird und natürlich auch, wie man richtig verkostet. Am Ende gibt es eine schriftliche und eine mündliche Prüfung. Schriftlich gibt es theoretische Fragen und mündlich muss man ein Wasser beschreiben und es zu einem Wein oder Bier kombinieren können. Am Ende ist es einfach wichtig, zu verstehen, dass man Botschafter fürs Wasser ist und die Informationen über das Produkt in die Welt tragen soll.
Welche Botschaft liegt dir da besonders am Herzen?
Bei uns ist es selbstverständlich, dass das Wasser aus dem Hahn fließt, das muss uns bewusst werden. Wir müssen besser über die Schweinereien aufgeklärt werden, die andernorts im Bereich Wasser getrieben werden. Zum Beispiel von der Firma Nestlé, die das Wasser bekanntlich ja privatisieren will. Die pumpt Wasser zum Teil in Afrika ab, verkauft es um 0,65 Cent und macht 10.000 Prozent Gewinn damit, während in Afrika die Menschen verdursten. So etwas muss einfach aufhören. Wasser wird immer weniger und in Zukunft wird auf Wasser bestimmt mehr Wert gelegt.
Was sagst du denn zum Wasser, das wir in Südtirol haben?
Bei uns fließt das Wasser durch die ganzen Gesteinsschichten und nimmt viel Mineralität auf. Das Wasser, das bei uns aus dem Hahn kommt, hat Top-Qualität, da kann man nichts sagen und sich einfach nur glücklich schätzen.
Braucht man in Südtirol überhaupt einen Wassersommelier?
Eigentlich nicht, denn die Auswahl in unseren Restaurants beschränkt sich meistens auf „Meraner Mineralwasser“ und „Plose“. Im Ausland hingegen habe ich schon öfters mit Wasserkarten gearbeitet – in Wien zum Beispiel, in Berlin oder in New York. Ich hoffe, dass sich das hier auch noch ein bisschen verbreitet.
Welche besonderen Wasser hast du in der Ausbildung denn kennengelernt?
Von eisenhaltigen Wassern aus Slowenien und Kroatien über deutsche und französische bis zu den salzigen, spanischen Wassersorten haben wir uns einmal durch die europäischen Klassiker probiert. Natürlich haben wir im Kurs auch ganz spezielle Wasser kennengelernt. Beispielsweise eines, das von japanischen Gletschern gewonnen wird und deshalb bis zu 100 Euro pro Flasche kostet. Oder ein anderes, das aus Äthiopien kommt und aus 9.700 Regentropfen gemacht wird, die auf einem Berg gesammelt werden. Das habe ich leider noch nicht probiert.
Welches ist für dich das beste Wasser?
Solche Spielereien sind eigentlich nichts für mich. Ich mag das „Perrier Wasser“ aus Frankreich ganz gerne, weil es mit seinem höheren Kohlensäuregehalt schön spritzig und leicht säuerlich ist.
Welche Sommeliertitel fehlen dir jetzt noch?
Es gibt noch viele, die man machen könnte. (lacht) Den Kaffeesommelier oder den Zigarrensommelier zum Beispiel. Die Trends werden auch immer ausgefallener. Mittlerweile gibt es sogar den Brot- oder Fleischsommelier.
Und was sieht deine Sommelier-Zukunft jetzt vor?
Ich spezialisiere mich immer mehr auf Bier, weil es eine so große Vielfalt hat und auch hier in Südtirol endlich im Kommen ist. Bier ist nicht gleich Bier, die Unterschiede sind enorm und das, was man am Ende trinken kann, ist einfach schön. Außerdem möchte ich mit Verkostungen und Kursen mehr ins Bildungswesen einsteigen. Ich mag es, mein Wissen an andere weiterzugeben.
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