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Es ist der 9. November 2015, Minute 71. Elfmeter. Der Schiedsrichter pfeift. Die Nummer Sechs versenkt den Ball ins linke untere Ecke. Vor den Augen von mehr als 12.000 Zuschauern. Das Stadion jubelt.
Nummer Sechs ist Peter „Magic“ Mair. Der Fußballer aus Lana schießt nahezu nie Elfmeter. „Es war wie im Film“, sagt der 29-Jährige, der seinen Spitznamen Magic seinen Kartentricks verdankt. Es war ein unvergesslicher Augenblick für ihn beim Spiel des Paulaner Cups 2015, bei dem Amateur-Fußballer gegen die Stars des FC Bayern spielten. Und ein kleiner Sieg, obwohl die Amateure am Ende doch 6:1 verloren.
Dass es Mair überhaupt in die zusammengewürfelte Mannschaft des Paulaner Cups geschafft hat, verdient er seinem Bewerbungsvideo. Neben Talent sollte er darin auch Kreativität und Einsatz beweisen.
Zusammen mit einem weiteren Südtiroler wurde Peter Mair aus über 41.000 Bewerbern ausgewählt. Drei Tage lang durfte er in einem Stadion spielen, wie er es bis dahin nur aus dem Fernsehen kannte. Zweimal am Tag wurde trainiert, zwei Tage lang. Dann endlich kam das große Spiel. „Es war so, wie man es aus dem Fernsehen kennt“, erinnert sich Mair: Die Atmosphäre, die Spieler, Interviews mit Journalisten. Nach dem Mannschaftskapitän des FC Bayern München, Philipp Lahm, gibt auch Mair Interviews und schnuppert ins Leben eines Profifußballers, an dem er knapp vorbeigeschlittert ist.
Angefangen hat alles vor 25 Jahren. Im Alter von vier Jahren beginnt Peter Mairs große Leidenschaft für den Fußball. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht kickt. Sein Talent bleibt nicht lange unentdeckt. Mit 13 spielt er beim FC Südtirol. Zwei Jahre lang in der A-Jugend, zwei weitere bei den Junioren. Damals hatte er die Möglichkeit, nach Genua zu gehen und in die Profiliga aufzusteigen. Heute sagt er: „Wenn ich damals den Schritt gewagt hätte, wer weiß, was dann alles passiert wäre.“ Es schwingt ein bisschen Wehmut in dem Satz mit. Nicht, dass Mair nicht glücklich mit seinem Leben wäre. Er spielt heute beim SSV Naturns in der Oberliga, kann sogar zum Teil vom Fußball leben. Aber es ist dieses „was wäre wenn“, das ihn oft noch über diese Zeit nachdenken lässt.
„Vielleicht hätte es geklappt, wenn mich jemand ein wenig gepusht hätte”, sagt er heute. Während seines letzten Jahres beim FC Südtirol trainierte er auch mit der Profimannschaft mit – ein Einblick ins Leben eines Profifußballers. Aber er entscheidet sich gegen diesen Schritt. „Vielleicht war ich nicht konzentriert genug. Ich wusste nicht zu schätzen, was für eine Möglichkeit sich mir da bot“, versucht Mair heute zu erklären, warum er seine große Chance damals nicht nutzte.
Es kommt anders. Mair spielt weiter Fußball und beginnt zu modeln. Eine Südtiroler Agentur engagiert den 1,88 Meter großen, dunkelblonden Frauenschwarm. Es folgen Aufträge lokaler Firmen, von Oberrauch Zitt oder Yamamay. Einige Jahre spielt er für seinen Heimatverein Lana, 2010 beginnt Mair beim SSV Naturns. Im gleichen Jahr überredet ihn seine Agentur zur Teilnahme an Mister Südtirol. Heute ist ihm das eher peinlich, als dass er stolz darauf wäre. Obwohl er damals den zweiten Platz belegte.
Mair ist ein Mann mit vielen versteckten Talenten, ein „bunter Hund.“ Wenn er nicht dem Ball hinterherläuft, übt er für Kartentricks, die er bei privaten Feiern vorführt. Es sind keine durchschaubaren Tricks, wie man sie manchmal von Freunden gezeigt bekommt. Es sind solche, bei denen man lange darüber nachdenkt, wie sie funktionieren.
„Vor acht Jahren hat mir jemand bei einem Fußballturnier in Kastelruth einen Kartentrick gezeigt. Ich war fasziniert. Ich überlegte die ganze Nacht, wie der Trick möglich war. Von da an war ich in die Zauberei verliebt“, sagt Mair. Karten faszinieren ihn ebenso wie der Fußball. Las Vegas wäre seine Welt, sagen seine Freunde. Mair würde aber lieber in seine Traumstadt New York fliegen, wenn da nicht die Flugangst wäre.
Nach einem Jahr beim SSV Naturns spielte der technisch versierte Offensivspieler für drei Jahre in der Serie D, der fünfthöchsten Liga Italiens, zuerst für St. Georgen und dann für Sanbonifacese im Veneto. Seit drei Jahren geht er wieder für den SSV Naturns auf Torejagd. Mit einer Südtiroler Auswahl gewann er zwei Mal die Europeada, die Fußball-Europameisterschaft der Minderheiten, die dieses Jahr in Südtirol stattfand. Er studiert Sport in Innsbruck und pendelt zwischen Innsbruck, Lana und München, wo seine Freundin lebt. Später will er als Sportlehrer arbeiten. „Vom Fußball kann man schließlich nicht immer leben“, sagt Mair. Unter der Woche trainiert er mit einer Fußballmannschaft in Innsbruck und mit seiner Mannschaft in Naturns. Am Wochenende stehen Fußballspiele auf dem Programm, die Meisterschaft startet in Kürze. Seine kleine Kiste, einen Karton mit Utensilien für seine Zaubertricks, hat er immer dabei. Damit er überall seine Tricks zeigen kann – und das nicht nur auf dem Fußballplatz.
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