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Alexander Demetz zieht ein weißes Blatt Papier unter einem Stapel an Skizzen und Notizen hervor. Die Spitze des Kugelschreibers gleitet darüber und lässt auf dem weißen Untergrund ein Bett auftauchen. Einige Linien später daneben noch ein Nachtkästchen. Das grelle Licht der Decke strahlt direkt aufs blonde Haar von Alexander. Harald, der Kunde, nickt zufrieden. Der Deal ist besiegelt.
So laufen die Vorbesprechungen beim Bozner Möbelmacher Alexander Demetz also ab. Spontane Sit-ins, in denen kreative Ideen den Weg aufs Blatt finden und wenig später realisiert werden. Philosophieren, gestalten, zeichnen, bauen: alles aus einer Hand. Was dabei rauskommt, sind nicht nur Stehlampe „Narzisse“ und der Holztisch „Nussknacker“, sondern öfter einmal auch ganze Küchen, Ringe oder eben Betten.
Seit März letzten Jahres gibt es die Firma des 25-Jährigen in Bozen. „Rural Urban. Handcrafted ideas that work.“ hat er sein Projekt getauft und sich damit für die Selbständigkeit entschieden. „Mich selbst gut zu organisieren, musste ich erst einmal lernen“, meint Alexander, der vorher eher ein Vagabundenleben geführt hat. Nach dem Abschluss des Kunstgymnasiums in Bozen hat der kreative Kopf erst einmal all das ausprobiert, was ihm eben gerade gefiel. Mal war er Hotelgärtner, mal baute er Bühnen oder Sets für Filme, ein anderes Mal verkaufte er Holzfiguren seines Vaters auf dem Weihnachtsmarkt in Freiburg.
Mit einem Holzschnitzer als Vater kam Alexander von klein auf mit seinem Lieblingsmaterial in Berührung, dem Holz. „Solche ursprünglichen Erlebnisse prägen einen im Leben und später auch im gestalterischen Denken“, erklärt Alexander. Er sei bereits als kleiner Junge immer derjenige gewesen, der beim Umzug entschied, wo was stehen sollte. Immer wieder habe er sein Zimmer umgestaltet, erzählt er, fragt man ihn nach dem Ursprung seiner Idee.
Über die Jahre hinweg hat das Konzept von Rural Urban immer mehr Form angenommen. Die Selbständigkeit ist in greifbare Nähe gerückt. „Auch wenn die italienische Gesetzeslage ein Start-up nicht wirklich großartig unterstützt. Es ist und bleibt ein Wirrwarr aus Gesetzen, Vorschriften und Regeln, bei dem es quasi unmöglich ist, sich auszukennen und keine Fehler zu machen“, so Alexander über die Tücken und Herausforderungen der Selbständigkeit. Trotz der Gesetze des Stiefelstaates hat er es geschafft. Der 25-Jährige steht heute mit seinem Start-up für ursprüngliche, regionale Materialien und einen puristischen Stil.
Warum er gerade so gerne mit Holz arbeitet, hat Alexander schnell erklärt. „Für mich ist ein Möbel erst dann schön, wenn das Material ehrlich ist“, sagt er, „und wenn ein Rohstoff in der Natur vorkommt, ist er per se schön.“ Nachhaltige Möbel für eine gesunde Umwelt gehören zu seinem Konzept. Eisen, Holz und Loden aus Südtirol werden bei Rural Urban in verschiedensten Dekorations- und Gebrauchsgegenständen verarbeitet. Der Stil ist alpin angehaucht. „Und trotzdem sollte man Neues ausprobieren“, meint Alexander. So entstehen dann beispielsweise auch einmal ein paar Stelzen oder ein selbstgebautes Kinderfahrrad. Am liebsten arbeite er aber mit einer Kombination aus Eisen und Holz, gesteht der Holzliebhaber. Sein persönlicher Höhepunkt dieser Verbindung sei derTisch „T-Bone”, bei dem beide Materialien in einem Möbel verschmelzen.
„Eine unglaublich interessante Kombi, weil Eisen tot ist und Holz lebt.“ Genau so wie er von den Materialien spricht, die er verarbeitet, liebt Alexander sie auch. Er schätzt die unendliche Formenvielfalt und Perfektion der Natur, die sich durch Ideen und Handarbeit zu etwas Einzigartigem verarbeiten lassen. „Handgefertigte Objekte haben einen ganz besonderen Reiz. Ihre Ausstrahlung schöpft aus Werten wie Einzigartigkeit, Echtheit und Lebensgeschichte“, liest man dazu auf Alexanders Homepage.
Doch damit es zum fertigen Objekt kommt, muss erst einmal eine Idee her. Dabei lässt sich Alexander am liebsten von verschiedenen Büchern oder einfach vom Stöbern im Netz inspirieren. Von Vorbildern eher weniger, der Ikonenmensch sei er nämlich nicht. Bevor der Plan aus dem Kopf durch die Hände greifbar gemacht werden kann, geht es zum Holzkauf. Am liebsten zu kleinen Händlern, da könne man sich das Holz nämlich selbst aussuchen und müsse nicht einfach nur in irgendeinem Büro um die Stücke des Baumes verhandeln, erklärt Alexander.
Mit den „linken Vögeln“, wie er die Holzhändler nennt, brauche man aber jede Menge Geduld, Gespür für die richtige Ware und am Ende eine gehörige Portion Vertrauen. In Alexanders kleiner Werkstatt in der Nähe des Bozner Stadttheaters werden die Ideen aus dem Kopf dann greifbar gemacht. Nach und nach hat Alexander von seinem Freund, mit dem er auch die Werkstatt betreibt, das Handwerk gelernt. Tischler ist er nämlich keiner. Vielleicht macht jedoch genau das den Reiz seiner Möbel aus: kein Raster, keine Regeln, kein Tischler-ABC, das Alexander in eine Ecke zwängt. Pure Kreativität, gepaart mit der Leidenschaft fürs Material. Ist ein Möbel realisiert, zählt für den Bozner eines ganz besonders: die Qualität. „Ich bin der Meinung, dass die Qualität eines Möbels so hoch sein muss, dass man es vererben kann“, erklärt er.
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