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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 20.02.2017
LeuteKnigge-Trainerin Katharina von Bruchhausen

Das geht gar nicht!

Veröffentlicht
am 20.02.2017
Rülpsen, schmatzen, den Finger beim Trinken abspreizen: Knigge-Lehrerin Katharina von Bruchhausen über No-Gos und richtiges Benehmen bei Tisch und im Alltag.
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Freiherr Adolph Knigge vertrat die Werte Freundlichkeit, Toleranz und Authentizität. 1788 veröffentlichte er die soziologische Abhandlung „Über den Umgang mit Menschen“ – kurz: wie sich Menschen gegenüber anderen verhalten sollten.

Heute werden diese Werte wieder immer wichtiger, sei es im Privatleben als auch im Job. Das merkt vor allem Katharina von Bruchhausen. Sie organisiert regelmäßig Seminare für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, in denen sie den Teilnehmern die Benimmregeln beibringt. Ebenso organisiert sie regelmäßig moderierte Abendessen und Business-Seminare.

Von Bruchhausen ist zudem Vorstandsmitglied der Deutsche-Knigge-Gesellschaft e.V., einem Verein, der Knigges Werte verbreiten möchte, aber nicht die heute mit seinem Namen verbundene steife Etikette. Die 42-Jährige ist in Frankfurt geboren, hat einen deutschen Vater und eine Südtiroler Mutter. 16 Jahre lebte sie in Mailand, arbeitete dort als als Make-up Artist für Modeschauen, Theater und Privatkunden, und als Kommunikations- und PR-Spezialistin. Dann gründete sie die Knigge-Schule Kvb Galateo in Bozen, wo sie seit fünfeinhalb Jahren mit ihren zwei Söhnen lebt. Im Cafè des Hotel Laurin erzählt sie bei einem Mineralwasser, warum ihr gute Etikette wichtig ist.

Wie kommt man auf die Idee einer Agentur für zeitgemäße Umgangsformen?
Als ich in Mailand gelebt habe, habe ich Menschen unterschiedlichster Art kennengelernt und gesehen, dass es bei den Umgangsformen hapert und viele Menschen unsicher werden, wenn sie sich in ungewohntem Ambiente bewegen müssen.

Inwiefern?
Ich finde das Grüßen immer sehr wichtig. Dass man sich kurz in die Augen schaut, sich grüßt und lächelt. Von vielen wird es aber nur ungern gemacht. Bei der Arbeit ist es so, dass manche Feinheiten aus Unwissenheit oft nicht gemacht werden. Da können schon Probleme aufkommen, die gar nicht nötig gewesen wären. Das fängt damit an, wie die Sekretärin mit dem Kunden und dem Chef umgeht. Wen grüßt sie zuerst und wen stellt sie zuerst vor?

„Freundlich sein finde ich ganz wichtig. Und zwar wirklich freundlich sein und keine aufgesetzte Freundlichkeit.“

Was gehört überhaupt zu allgemeinen guten Umgangsformen?
Freundlich sein finde ich ganz wichtig. Und zwar wirklich freundlich sein und keine aufgesetzte Freundlichkeit. Dieser Snobismus, „ich weiß alle Regeln und ich halte mich dran und du nicht“, ist nicht das, was Knigge wollte. Es ging ihm um Freundlichkeit, Herzenswärme und Toleranz.
Die Umgangsformen haben einen Sinn. Wenn man sich grüßt, fühlt man sich automatisch besser. In Amerika haben Lehrer ein Experiment gemacht. Sie haben zu einzelnen ihrer Schüler gesagt: „Ich bin so froh, dass ich dich unterrichten darf, weil du ein besonderer Mensch bist und du meinen Tag bereicherst.“ Die Schüler haben alle angefangen zu weinen.

Woher stammt der Name Von Bruchhausen? Kommst du aus gutem Hause?
(lacht) Mich hat mal eine Journalistin gefragt, ob ich in einem Schloss aufgewachsen bin. Der Name ist der eines älteren deutschen Adelsgeschlechts, das bis ins 13. Jahrhundert zurückgeht. Meine Mutter stammt aus Südtirol, ich bin aber in Deutschland geboren und aufgewachsen.

Wie waren deine Umgangsformen als Kind?
Ich glaube, früher waren Kinder anders und es war einfacher sie zu erziehen. Ich habe keine Erinnerung daran, dass meine Mutter böse geworden ist, weil ich oder meine Schwester unsere Ellenbogen auf dem Tisch hatten. Das wurde uns einfach vorgelebt. Aber ich hatte väterlicherseits eine sehr strenge Oma, die mit Handkuss begrüßt werden wollte und sehr darauf geachtet hat. Kinder lernen effektiv durchs Vorleben.

Du lebst deinen zwei Söhnen die guten Umgangsformen also auch vor.
Ja und ich bin der festen Überzeugung, dass sie es mir irgendwann richtig nachmachen werden. Jungs sind sehr zappelig und tun sich wirklich schwer still zu sitzen. Ich glaube in der Familie muss man darauf achten, dass es Regeln gibt, aber man sollte auch tolerant sein. Ich achte darauf, dass wir so oft wie möglich gemeinsam essen und ein normales Tischgespräch stattfindet. Das Handy schalte ich während dem Essen immer aus und auch sonst so oft wie möglich, wenn ich mit meiner Familie zusammen bin. Kinder lernen per Nachahmungsprinzip, man muss sich also wirklich die Zeit nehmen, es vorzumachen.

Wer besucht deine Seminare hauptsächlich?
Die Firmenseminare sind bunt gemischt. Ansonsten geht es grundsätzlich mehr von Frauen aus, die aber ihre Männer mitnehmen. Die Teilnehmer kommen aus dem gesamten Südtiroler Raum, auch aus Tälern wie dem Passeiertal, Ultental und Vinschgau.

Haben Männer oder Frauen die schlechteren Umgangsformen?
Das werde ich oft gefragt, ich könnte das aber nicht beantworten. Was ich den Männern immer einpräge, ist dass sie schon mal eine aktive Rolle übernehmen und zum Beispiel als Gastgeber nicht fast auf dem Stuhl einschlafen sollen.

Sollten Männer den Frauen die Tür aufhalten?
Nach traditionellen Regeln hält der Rangniedere dem Ranghöheren die Tür auf, das heißt der Chef dem Kunden, die Sekretärin dem Chef usw. Es ist egal ob Mann oder Frau, denn im Business gibt es keine Unterschiede. Im Privatleben hält der Mann der Frau die Tür auf, nimmt ihr den Mantel ab, rückt ihr eventuell den Stuhl zurecht und schenkt ihr Getränke ein. Zurzeit gibt es aber eine Diskussion darüber, weil viele Frauen sagen, sie können das selbst.
Wir haben bei der letzten Versammlung der Deutschen Knigge-Gesellschaft darüber abgestimmt und 90 Prozent der anwesenden Frauen haben gesagt, sie möchten es, auch wenn sie emanzipiert sind. Daraufhin habe ich auf Facebook eine Umfrage gestartet. Ich habe sie noch nicht ausgewertet, aber der Trend geht dahin, dass sie es im Beruf und im Privatleben möchten.

„Es gibt ganz viele Regeln … Was mich immer stört, ist wenn jemand bei Tisch schmatzt oder mit offenem Mund isst.”

Gibt es allgemeine Regeln, die man beim Restaurantbesuch beachten sollte?
Es gibt ganz viele Regeln … Was mich immer stört, ist wenn jemand bei Tisch schmatzt oder mit offenem Mund isst. Männer lehnen sich häufig nach hinten und strecken sich, das sollten sie auch vermeiden. Ebenso vermeiden sollte man, mit dem Arm seinen Teller zu beschützen oder das ganze Essen mit dem Kopf im Teller zu verbringen. Man sollte darauf achten, nicht mit dem Besteck auf dem Teller Lärm zu machen, nicht zu laut zu reden oder zu rülpsen. (lacht) Es kommt alles vor.

Beim ersten Date?
Laut einer Studie ist Kaugummi kauen ganz schlimm oder das Essen vom Teller stehlen. Generell sollte man sich beim ersten Date von seiner besten Seite präsentieren. Natürlich geht das leichter, wenn man die Umgangsformen beherrscht, dann wirkt man selbstsicherer.

Was bringst du Kindern bei?
An diesen Seminaren nehmen Kinder von sechs bis elf Jahren teil. Geübt wird die Körperhaltung – sie sollen sich groß machen, die Hände aus den Taschen nehmen, und sie nicht an der Nase oder am Popo haben, und sie üben das Sich-Vorstellen.
Manchmal sind sie sehr schüchtern oder sehr zappelig. Sie lernen also auch, dass sie auch mal Ruhe geben können. Dann essen wir ein Drei-Gänge-Menü, wobei sie lernen, mit Messer und Gabel umzugehen. Da hapert es oft am meisten. In Rollenspielen lernen sie weitere wichtige Regeln. Ein Kurs allein reicht aber meist nicht. Nach rund sechs Monaten empfehle ich einen Auffrischungskurs. Und natürlich müssen die Eltern zu Hause auch darauf achten.

Die Kleinen lernen spielerisch die guten Umgangsformen.

Du arbeitest auch mit Firmen. Was ist wichtig im Business?
Die Business-Seminare finden ganztägig statt und sind immer anders, je nach Firma. Es geht um das Grüßen und ums Sich-Vorstellen. Das ist ein großes Thema, vor allem bei Firmen, die Kundenkontakt haben. Es geht auch darum, wie man mit schwierigen Kunden spricht, um die Körpersprache und den ersten Eindruck, die schriftliche Kommunikation, den Smalltalk, Dresscode, Telefon-Knigge und die Netiquette, also die Online-Etikette.

Was sind denn deiner Meinung nach die schlimmsten Knigge-Fauxpas?
Unfreundlich sein und nicht grüßen. Ganz schlimm ist aber auch, beim Trinken den kleinen Finger zu spreizen oder andere darauf aufmerksam zu machen, dass sie etwas falsch machen oder etwas Unangenehmes passiert ist. Man sollte tolerant sein.

Welche sind dir selbst schon passiert?
Was mir immer passiert und was ich mir vorgenommen habe zu ändern, ist dass ich meine SMS und Mails an Freunde klein schreibe. Ich finde, dadurch, dass man keine Briefe mehr schreibt, ist das schon wichtig, ebenso wie der Gruß und Schlussgruß.

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