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Pastellfarbene Rosen, orangene Chrysanthemen und weiße Inkalilien liegen neben walnussgroßen, rosafarbenen Polyantharosen, Efeu und zierlichen, violetten Wachsblumen, die nach Zitrone riechen, auf dem Tisch. Floristin Stefanie Pescoller macht aus ihnen einen Strauß für eine Kundin. Üppig soll er werden. Für das Aussuchen der passenden Blumen hat sie nicht lange gebraucht – die 21-Jährige arbeitet routiniert. „Im Grunde kann man alle Blumen mischen, sie müssen aber harmonieren“, sagt sie, schnappt sich eine Rebschere und schneidet die ersten Efeuranken zurecht.
Es ist ein heißer Sommertag. Die Fenster der überschaubaren Werkstatt stehen offen, drinnen stehen die Blumen in Kübeln auf dem Boden und auf den weiß lackierten Verkaufstischen. Die drei Floristinnen und zwei Chefs der Werkstatt in Lana schwitzen mit den Pflanzen um die Wette. Stefanie Pescoller formt den Efeu zum Kranz. Der wird der Unterbau für einen dekorativ-kuppelförmigen Strauß, erklärt sie. Dann nimmt sie drei Rosen, zupft einige Blätter ab und steckt die Blumen in die Mitte des Kranzes.
Die Floristin mag es, mit Naturmaterialien zu arbeiten – vor allem mit Blumen – und den Kunden damit eine Freude zu mache. „Wenn ich höre, dass der Strauß schön ist, dann ist das jedes mal ein Erfolgserlebnis“, erzählt sie strahlend. Genau das sei es, was sie an ihrem Beruf so begeistert, sagt die Pustererin, die seit etwas mehr als einem Jahr in Burgstall wohnt – der Arbeit wegen.
Nach ihrer Gesellenprüfung verbrachte Stefanie Pescoller ein halbes Jahr in der Schweiz, bevor sie sich für die Stelle in Lana bewarb. „Ich suchte nach einer neuen Herausforderung“, erklärt die Floristin, die selbst keine Lieblingsblumen hat. „Es gibt einfach zu viele schöne Blumen. Immer wieder entdeckt man neue. Ich glaube nicht, dass es Floristen gibt, die Lieblingsblumen haben“, sagt sie und lacht.
Seit der ersten Grundschulklasse wollte Stefanie Pescoller Gärtnerin werden. 2011 machte sie den Gärtnergesellen und merkte bald, dass ihr die Floristik noch besser gefällt. Heute hat sie beide Gesellen in der Tasche und ist nicht nur glücklich in ihrer Arbeit, sondern auch talentiert. Bei der Landesmeisterschaft der Berufe holte sie Gold. Anfang August darf sie deshalb nach São Paolo in Brasilien fliegen – zur Berufsweltmeisterschaft der Junghandwerker.
Gemeinsam mit 19 Südtirolern und insgesamt über 1.200 Teilnehmern aus 59 Nationen tritt Stefanie Pescoller vom 11. bis 16. August beim Wettkampf an. Es ist das erste Mal, dass die Berufsgruppe Floristik teilnimmt. Stefanie Pescoller, die irgendwann ihren Meister machen will, freut sich darüber, auch wenn es gerade stressig ist. Dreimal pro Woche trainiert die junge Frau Technik und Handhabung verschiedener Materialien. Dazu kommen Mentaltraining, Team- und Englischtraining gemeinsam mit den anderen Südtiroler Kandidaten.
Welche Materialien sie bei der Berufs-WM zur Verfügung hat, wird sie erst Ort erfahren. „Ich werde versuchen, spontan zu sein“, sagt sie und steckt weiter eine Blume nach der anderen in den den Strauß – spiralförmig, denn der gebundene Strauß muss auf den eigenen Stielen stehen können.
„Für den Wettbewerb wäre dieser Strauß nichts“, gibt Stefanie zu. In Brasilien wird sie einen viel aufwändigeren Unterbau konstruieren und mit deutlich mehr Blumen arbeiten, um eine Chance auf den Sieg zu haben. Stefanie freut sich darauf, sich mit anderen messen zu können, neue Leute kennenzulernen und Erfahrungen zu sammeln. „Es ist ein Wahnsinn, dass Südtirol als so kleines Land im Vergleich zu größeren Ländern in den letzten Jahren so viele Medaillen abgestaubt hat“, sagt sie. Dann bindet sie noch eine Schleife um die Stiele, damit die Blumen zusammenhalten. Nach zwanzig Minuten Arbeit ist der Blumenstrauß fertig und die Kundin glücklich.
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