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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 26.11.2013
Leute

Bizarre Tonerzeuger

Veröffentlicht
am 26.11.2013
Secret Media Lab – so nennt sich eine kleine Gruppe, die aus den verschiedensten Dingen neue musikalische Instrumente und Sound-Erzeuger kreiert.
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Wenn man die Wohnung von Hannes Pasqualini betritt, fällt eines sofort ins Auge: Modular-Synthesizer soweit das Auge blickt. Es liegen allerlei Kabel, Komponenten und halbfertige bis fertige Spielzeuge herum. „Noisemaker“ oder „circuit-bent toys “ werden die teilweise skurril aussehenden Gebilde genannt. Zurzeit tüftelt Hannes an einem komplexen Projekt mit einem Spielzeugkeyboard. Drei Monate arbeitet er bereits daran, weitere drei Monate werden noch folgen.

What the …

Ein Keyboard hat er bereits vollendet. Es stammt aus den 80er-Jahren. Pasqualini hat dabei in unzähligen Stunden Handarbeit allerlei eingebaut. Filter, die die Frequenzen verändern, sogenannte Feedbacks, die Verzerrungseffekte erzeugen und Modulationsquellen. Durch elektronische Schalter hat er den Schaltkreis verändert und kann die Intensität der Klänge beliebig variieren. Ganze fünfzig Meter Kabel hat der Bozner in diesem Projekt mithilfe eines Engländers verarbeitet.
Für den Laien ist die Arbeit von Secret Media Lab nicht ganz einfach zu verstehen und es ist vor allem schwierig, ihr kreatives Schaffen zu beschreiben. Einfach gesagt: Die Gruppe von Secret Media Lab manipuliert elektronisches Spielzeug, verändert es und wandelt es in Klanginstallationen um. „Circuit bending" heißt das Ganze. Es gehe ihnen aber nicht nur ums Umbauen, manchmal kaufen sie auch Bausätze und erschaffen ein neues Spielzeug, sagt Pasqualini.

Zu dem Kollektiv Secret Media Lab gehören Hacker, Musiker und Videomaker. Hannes Pasqualini und Michele Cagol bilden den Kern der Gruppe. Unter dem Namen kvsu sind die beiden auch musikalisch unterwegs. Weitere aktive Mitglieder sind Peter Aichner (der als „Stressfuckthor Läerm" Noise music macht) und Roland Lioni (der unter dem Namen „akirasrebirth" analoge visuals macht).

Buntes Spielzeug und Plastikdosen

Jeder der Männer hat seine ganz eigenen Projekte, gemeinsam machen sie Livemusik-Abende oder Basteltreffen. „Wir werden auch immer wieder für Workshops angefragt“, sagt Pasqualini. Diese kombinieren sie dann mit Auftritten, denn man muss die Geräte nach dem Basteln einfach gehört haben. Die Reaktionen seien dabei unterschiedlich und interessant. „Viele sind verwirrt, viele enthusiastisch“, so der 36-Jährige. Dabei habe jemand, der sich für experimentelle Musik interessiert einen anderen Zugang zu Secret Media Lab. „Man muss sich darauf einlassen.“

Bei jedem Auftritt klingt ihre Musik ein bisschen anders, denn ein großes Anliegen von Secret Media Lab sei es, elektronische Musik zu machen, die keine Wiedergabe von aufgenommenem Material ist. Sie spielen also immer live und improvisieren die Töne. Neben den Klängen fasziniert das Publikum auch das Aussehen der verschiedenen Musikinstrumente. Ein gelbes Plastiktelefon, ein Kinderspielzeug vom Flohmarkt oder eine einfache Dose. Jeder Künstler ist erfinderisch bei der Auswahl. Die Suche sei nach einfachen Spielzeugen sei oft sogar aufwändiger als das eigentliche Umbauen. „Viele Dinge machen nachher die wildesten Geräusche und sind sehr lärmig“, sagt Pasqualini mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Die Entstehung

Nun fragen sich sicher viele, wie man überhaupt auf die Idee kommt aus alten Spielsachen Musikinstrumente zu basteln. Zurecht. Denn es ist ungewöhnlich und manche finden die Musik wohl zu futuristisch, obwohl „circuit bending" bereits seit den 60er-Jahren existiert und heute als Musikkunst gilt. Pasqualini hat das Umgestalten von diversen Gegenständen durch seine Arbeit für sich entdeckt. Er ist Grafikdesigner und designt auch elektronische Musikinstrumente. Diese Art von Musik habe ihn schon immer fasziniert, doch irgendwann sei ihm das Musikmachen am Computer „zu lästig gewesen". Er begann sich zu erkundigen, was es sonst noch alles gibt. „Und habe auf der ganzen Welt irgendwelche absurden Projekte entdeckt“, so Pasqualini. Auf dem Konservatorium hat er schließlich Michele Cagol kennengelernt.

Über die „Retrocomputer-Schiene“ und „Gameboymusik“ seien die beiden vor etwa zwei Jahren zum „circuit bending" gekommen. Seitdem habe es sich von selbst entwickelt. Die Bastler eignen sich nebenbei auch Wissen über elektronische Geräte an. „Im Moment während ich etwas auseinanderbaue und verändere, verstehe ich wie das Gerät funktioniert und ich gehe anders damit um“, sagt Pasqualini. Man setze sich generell anders mit der Konsumelektronik auseinander und gebe den Geräten einen anderen Wert. Besonders in der heutigen nicht nachhaltigen Industrie wollen die Männer von Secret Media Lab einen Input geben um Nachzudenken. Vielfach werden elektronische Gegenstände mit einer gewollten kurzen Lebensdauer produziert. „Wir zeigen einen schönen Gegensatz dazu“, sagt der Bozner.

Der Name Secret Media Lab ist übrigens reiner Zufall und habe nichts mit Geheimnissen zu tun, versichert Pasqualini. Zusammen mit Cagol hat er für Jugendliche kreative Projekte veranstaltet. Den Raum haben sie Creative Media Lab genannt. Dort haben die ersten Treffen des Kollektivs stattgefunden, erzählt Pasqualini. „Und so ist irgendwie der Name entstanden.“

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