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Veröffentlicht
am 17.07.2025
Leben„Trigger mich nicht!“ – Sprache unter der Lupe

Woke

Veröffentlicht
am 17.07.2025
„Das ist doch wieder typisch woke.“ „Woke-Wahnsinn! Heutzutage darf man ja gar nichts mehr sagen.“ Ursprünglich stand der Begriff für etwas ganz anderes als das, was heute oft darunter verstanden wird. Ein Blick auf die Wurzeln und Wandlungen eines Begriffs, der derzeit mehr über die Sprechenden verrät als über das, was wirklich gemeint ist.
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Trigger mich nicht

Stay woke“ – bleib wach. Dieser Appell stammt aus dem afroamerikanischen Englisch und wurde in den 1930er-Jahren erstmals schriftlich belegt. Gemeint war: Bleib aufmerksam gegenüber rassistischer Gewalt und struktureller Ungleichheit. Wach bleiben bedeutete in diesem Kontext also, gesellschaftliche Missstände zu erkennen, nicht wegzusehen, nicht zu schweigen. Später griffen Aktivist:innen der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung den Begriff auf. Im 21. Jahrhundert wurde er schließlich über die sozialen Medien (zum Beispiel mit #StayWoke) erneut populär – vor allem im Zusammenhang mit Polizeigewalt, Diskriminierung und Black Lives Matter.

Vom Weckruf zum Etikett
Was einst ein Ausdruck von politischem Bewusstsein war, wurde mit der Zeit zu einem Sammelbegriff für progressive Haltungen: gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und soziale Ungleichheit. Doch je sichtbarer diese Bewegungen wurden, desto schärfer wurden die Gegenreaktionen. Der Begriff „woke“ wurde zunehmend ironisiert, verzerrt, schließlich zum Kampfbegriff gemacht. Heute wird er oft benutzt, um vermeintliche Überkorrektheit, Sprachzensur oder übertriebene politische Korrektheit zu kritisieren.

Eine häufige Kritik an der Woke-Bewegung: Woke-Sein würde oft nur bedeuten, andere zu kritisieren, nicht woke genug zu sein. Auch Barack Obama sagte 2019 in einem Interview mit der New York Times, dass der Aktivismus junger Menschen heutzutage darauf beruht, andere Menschen an den Pranger zu stellen.

Was bedeutet „woke“ heute?
Die Bedeutung des Begriffs ist inzwischen gespalten. Wer sich selbst so bezeichnet, meint damit oft: bewusst, empathisch, sozial engagiert. Wer den Begriff als Vorwurf gebraucht, meint: überempfindlich, ideologisch verbohrt, bevormundend.

Damit ist der Begriff ein Beispiel für einen tiefgreifenden Bedeutungswandel – und einen politischen Kulturkampf. Er zeigt, wie Sprache nicht nur beschreibt, sondern bewertet, polarisiert, ausgrenzt. „Woke“ ist längst nicht mehr nur Beschreibung – sondern Stempel.

Den Begriff hinterfragen
Wenn ein Wort so aufgeladen wird, dass es kaum noch neutral ausgesprochen werden kann, wird eine Auseinandersetzung damit schwierig. Wer sich gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzt, wird schnell als „woke“ abgetan – im abwertenden Sinn. Damit wird der Kern der Sache – soziale Gerechtigkeit – entwertet.

Ein bewusster Sprachgebrauch heißt hier: erkennen, wo ein Begriff herkommt, und was wir mit seiner Verwendung transportieren. Sagen wir woke, weil wir andere kritisieren wollen, eine Haltung beschreiben wollen – oder um diese Haltung zu diskreditieren?

Sprache schafft Wirklichkeit. Wer Begriffe übernimmt, ohne sie zu hinterfragen, übernimmt oft unbewusst auch die dahinterliegenden Denkmuster.

Quellen & Deep Dive:
https://www.techzeitgeist.de/was-bedeutet-woke-wie-viel-woke-braucht-eine-gesellschaft-wirklich/
https://www.fes.de/wissen/gender-glossar/woke

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