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Veröffentlicht
am 01.02.2024
LebenStraßenzeitung zebra.

Politikum Menstruation

Veröffentlicht
am 01.02.2024
Rund zwei Milliarden Menschen* menstruieren weltweit und weitere 1,5 Milliarden sind entweder vor oder nach dem Alter, in dem sie ihre Periode bekommen. Trotzdem ist die Menstruation erst seit kurzem – in manchen Kreisen noch gar nicht – im öffentlichen Diskurs angekommen.
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Schlagwörter wie „period positivity“ oder „menstruation matters“ sind in den letzten Jahren immer häufiger als Hashtags, auf Plakaten oder als politische Sticker-Motive zu sehen. Denn: „Alles ist politisch“ – auch die Menstruation. Doch was genau macht diesen körperlichen Prozess zu einem Politikum?

Bluten ist Tabu
Die Periode ist mit Scham verbunden und wird als gesellschaftliches Tabu gehandelt. Wenn jemand menstruiert, sollen andere das möglichst nicht mitbekommen. Heimlich wird nach einem Tampon oder einer Binde gefragt und nichts ist peinlicher als ein Blutfleck auf der Hose. Zuzugeben, dass man gereizt ist, sich unwohl fühlt oder gar Schmerzen hat, scheint keine legitime Option zu sein. Unsere leistungsorientierte Gesellschaft lässt kaum Raum, um sich ein paar Tage im Monat aktiv zu schonen und auszuruhen. Dies betrifft in den meisten Fällen nur Frauen oder gender-queere Personen, jedoch keine Cis-Männer, und zeugt deshalb davon, dass in Bezug auf die Gleichberechtigung zwischen Geschlechtern noch Raum nach oben ist.

Periodenarmut und soziale Ungerechtigkeit
Im Westen gibt eine menstruierende Person in ihrem Leben im Schnitt 20.000 Euro aus. Diese Rechnung beinhaltet nicht nur Tampons und Binden, sondern auch neue Unterwäsche, Wärmflaschen, Schmerzmittel oder Schokolade. Der Begriff „Periodenarmut“ beschreibt die Tatsache, dass sich viele Menschen die notwendigen monatlichen Produkte nicht leisten können. Monatshygiene wird zu einem Privileg, das in niedrigeren sozioökonomischen Schichten oder für Menschen ohne festen Wohnsitz nicht selbstverständlich ist. Unter dem Schlagwort „period dignity” versuchen unterschiedliche Aktionen dieser Situation entgegenzuwirken und hinterlegen beispielsweise auf Toiletten gratis Periodenprodukte. Noch kritischer ist die Lage im globalen Süden.

Ein Welttag für Menstruationshygiene bricht einerseits zwar ein Tabu, bringt aber gleichzeitig die Kommerzialisierung der Menstruation auch in jene Länder, in die sie noch nicht vorgedrungen war.

Einerseits werden menstruierende Menschen oft stigmatisiert und systematisch vom Alltag ausgeschlossen. In Ländern wie zum Beispiel Kenia oder Uganda verpassen junge Frauen deshalb manchmal bis zu 20 Prozent ihres Schuljahres. Und wer regelmäßig nicht zur Schule oder Arbeit gehen kann, hat automatisch weniger Zukunfts- und Bildungschancen. Mangelnde Aufklärung und Infrastruktur führen außerdem zu einem erhöhten Infektionsrisiko und zu Krankheiten. Daher wurde von der deutschen NGO „WASH United“ der „Welttag der Menstruationshygiene“ eingeführt: Jedes Jahr am 28. Mai wird unter dem Motto „no more taboo“ Aufklärungsarbeit zur Periode geleistet. Die Aktion bleibt aber nicht ohne Kritik: Denn ein Welttag für Menstruationshygiene bricht einerseits zwar ein Tabu, bringt aber gleichzeitig die Kommerzialisierung der Menstruation auch in jene Länder, in die sie noch nicht vorgedrungen war. Aus postkolonialer Perspektive wird das kritisch betrachtet.

Müllfreies Menstruieren
Ein weiterer Aspekt sind die großen Mengen an Müll, die die Menstruation mit sich bringen kann. Pro Jahr entstehen bei regelmäßiger Verwendung von herkömmlichen Periodenprodukten etwa 1 bis 6 Kilogramm Müll pro Person. Der Großteil der Produkte besteht überwiegend aus Plastik und wird zudem in vielen Fällen falsch entsorgt – was große Probleme für die Umwelt mit sich bringt. Mittlerweile sind Menstruationstassen, waschbare Stoffbinden und Periodenunterwäsche sowie nachhaltig produzierte Binden und Tampons auf dem Markt angekommen. Damit bieten sie eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Produkten.

Reden über die Regel
Die Beispiele zeigen, dass die Periode politisch ist: Sie ist Ausdruck von sozialer Ungerechtigkeit. Ein intersektionaler Blick auf die Menstruation als globale und geschlechterüberschreitende Thematik mit dem Ziel, sie von Scham, Stigma und kommerzieller Extraktion zu befreien, ist daher dringend notwendig. Also: mehr Platz für die Periode im öffentlichen Diskurs! Denn: Wer eine gerechtere Welt will, darf immer und überall anfangen, dafür zu kämpfen.

*Nicht alle Frauen menstruieren und nicht alle Personen, die menstruieren, sind Frauen. Beispielsweise
erleben manche Trans-Frauen, Frauen ohne Gebärmutter, Frauen nach der Menopause oder mit verschiedenen medizinischen Problemen keine Periode. Und andersrum menstruieren zum Beispiel Trans-Männer und nichtbinäre Personen.

Text: Anna Palmann

Dieser Text ist erstmals in der Straßenzeitung zebra. (01.02.2024 – 29.02.2024 | 92) erschienen.

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