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Veröffentlicht
am 16.12.2024
LebenEndometriose-Sensibilisierung

„Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören“

Veröffentlicht
am 16.12.2024
Betroffene erzählen ihre Endometriose-Geschichte: Erst bei einer Not-OP erfährt Melanie aus St. Leonhard, dass sie an der Krankheit leidet. Warum sie eine Hormontherapie verweigert und welchen Weg sie für sich gefunden hat, um mit der Endometriose umzugehen.
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Ich schätze, ich leide an Endometriose seit ich 16 bin. Damals habe ich auch mit der Pille angefangen … Ich weiß nicht, ob es dadurch ausgelöst wurde oder nicht, jedenfalls hatte ich seit damals diese extremen Regelschmerzen, sodass ich oft von der Schule nach Hause gehen musste, weil ich es nicht mehr ausgehalten hatte.

Ich bin zum Glück keine jener Betroffenen, die jeden Tag weh haben, aber die Schmerzen kommen oft plötzlich und unerwartet – häufig dann, wenn ich im Stress bin. Entweder bekomme ich krampfartige Schmerzen, fast schon wie Wehen, sodass ich mich sofort hinlegen muss, oder aber ich bekomme einen so aufgeblähten Bauch, als wäre ich im sechsten oder siebten Monat schwanger – als hätte mich jemand aufgepumpt. Das geht nur weg, wenn ich mich sofort entspannt hinlege, sonst wird es meistens schlimmer und tut auch wirklich weh. 

Daher versuche ich, so weit es geht, Stress zu vermeiden. Entspannung ist mein wichtigstes Hilfsmittel, ansonsten ist Ernährung ein wichtiger Faktor. Wenn ich bestimmte Lebensmittel vor der Periode zu mir nehme, merke ich, dass die Schmerzen viel schlimmer sind. Wenn ich mich jedoch an die Lebensmittel halte, die mir gut tun, dann kann ich die Schmerzen gut händeln. Auch Schafgarbentee hilft mir sehr. Ich glaube, ich gehöre zu den „Glücklichen“, die nicht bei jeder Regel Schmerzen haben. 

Die Reaktionen heute sind sehr unterschiedlich. Viele in meinem näheren Umfeld wussten nicht einmal, dass es Endometriose überhaupt gibt – ich selbst ja lange Zeit auch nicht.

An den schlechten Tagen aber ist mein Alltag sehr eingeschränkt, das fängt bei Banalitäten wie der Kleidung an – ich trage nur weite Kleidung. Ich muss planen, wo ich mich an dem Tag aufhalte, damit ich eventuell die Möglichkeit habe, mich sofort hinzulegen, zum Beispiel ins Auto. Wenn die Schmerzen kommen, blockiert es mich nämlich komplett. Ich muss dann wirklich oft zu den anderen sagen: „Hey Leute, ich muss mich mal kurz hinlegen.“ Das löst in meinem Umfeld häufig komische Reaktionen aus, vor allem früher in der Schule. Die Lehrpersonen haben das nicht ernst genommen. „Reiß dich zusammen“, hieß es dann – und ich kann von mir behaupten, dass ich wirklich nicht zimperlich bin. Die Reaktionen heute sind sehr unterschiedlich. Viele in meinem näheren Umfeld wussten nicht einmal, dass es Endometriose überhaupt gibt – ich selbst ja lange Zeit auch nicht. 
Es war halt immer schon beschissen, weil ich ständig dachte: Wann und wo wird es wieder passieren? Kann mich dann jemand holen? Welches Schmerzmittel soll ich nehmen? Es war ein langer Weg herauszufinden, was mir überhaupt hilft.

Ich weigere mich, die Pille zu nehmen.

Das erste Mal habe ich im Rahmen einer Notoperation medizinische Hilfe in Anspruch genommen. Ich hatte meine Periode und solche Schmerzen, dass ich in die Notaufnahme fahren musste. Im Krankenhaus sagte man mir, ich hätte den ganzen Bauchraum voller Blut und sie müssten mich sofort operieren. Es ging alles so schnell, dass ich gerade noch meiner Mama Bescheid geben konnte. Als die Ärzt:innen schließlich meinen Bauchraum geöffnet haben, entdeckten sie die Endometriose. Seither weiß ich, dass ich diese Krankheit habe. Man sagte mir, dass sie nicht heilbar ist und dass ich vermutlich keine Kinder bekommen könnte. Das war 2013. Ich war geschockt, denn zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits einen Kinderwunsch. Die Ärztin meinte, wenn ich ein Baby möchte, dann wäre jetzt der beste Zeitpunkt, weil der Bauch nun „gesäubert“ sei. Tatsächlich bin ich anschließend rasch schwanger geworden, Schwangerschaft und Geburt sind gut verlaufen … Und ich erhoffte mir, dass es durch die Schwangerschaft auch mit der Endometriose besser werden würde. Tatsächlich war ich bis 2021 beschwerdefrei, dann musste ich erneut operiert werden.

Ich muss sagen, dass ich mit den Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus gute Erfahrungen gemacht habe, sie haben mich sehr gut aufgeklärt und die OPs sind gut verlaufen. Mit den Gynäkolog:innen war ich weniger zufrieden – sie wollten mir alle die Pille aufdrängen. Ich weigere mich seit Jahren, diese zu nehmen, nur weil es vielleicht die einfachste Lösung ist. Sie hat für mich einfach zu viele (bekannte) Nebenwirkungen wie Migräne, Wassereinlagerungen, Stimmungsschwankungen und depressive Verstimmungen. Lieber mache ich noch fünf OPs. Im Laufe meines Lebens habe ich gelernt, auf meinen Körper zu hören. Und mein Körper sträubt sich dagegen, sich jeden Tag Hormone einzuschmeißen. Das mache ich nicht. Im Moment geht es mir allerdings gut, ich gehe alle sechs Monate zur Untersuchung und bin seit dreieinhalb Jahren Endometriosefrei. Und ich hoffe, dass es so bleibt.

Melanie Gögele, 39 Jahre alt, aus St. Leonhard in Passeier

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