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Veröffentlicht
am 19.10.2013
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Going Greece

Veröffentlicht
am 19.10.2013
Der Gewinner des BARFUSS-Schreibwettbewerbs: Eine Reise ins Herz der Krise, nach Griechenland. Aber wo bitte steckt die Wirtschaftskrise?
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Schon den ganzen Sommer lang freue ich mich auf den Griechenland-Urlaub. Wie an einem der unzähligen grauslich-kalten Wintertage in Wien mit einer Freundin beschlossen, geht es auf die Kykladen, wo wir Sonne und Wärme erwarten. Die Inselgruppe, welche sich vor der Küste Athens befindet ist für glasklares Wasser und wolkenlosen Himmel bekannt, ist genau das richtige für uns!
Unsere Erwartungen wurden übertroffen, der Urlaub war ein Traum und hat uns neben Bräune außerdem noch einiges zum Nachdenken mitgegeben. Zusammengefasst und aufs wichtigste reduziert, bleiben nun diese, ich nenne sie Erfahrungen, übrig:

Wo versteckt sie sich denn, die Wirtschaftskrise?

Um 7 Uhr kommen wir in Mailand Malpensa an. Noch schnell was gefrühstückt und dann trauen wir uns auch schon zur Gepäckskontrolle. Wir reisen nur mit Handgepäck, und waren deshalb beim Packen besonders vorsichtig mit Flüssigkeiten (nur in durchsichtigen Flaschen zu maximal 100 ml) und spitzen Gegenständen. Doch in Mailand scheint um mittlerweile 7.30 Uhr noch niemand daran interessiert zu sein, eventuelle Terroristen zu entlarven, und wir kommen ohne Probleme in die Duty-Free-Zone. Erst hier bemerke ich wie alt und dreckig der Flughafen eigentlich ist, doch es erstaunt mich kaum, wir sind ja schließlich in Italien.
Pünktlich um 9 Uhr startet das Flugzeug und wir kommen um 12 Uhr Ortszeit in Athen an. Hier fällt mir sofort auf: Einen so sauberen und gepflegten Flughafen habe ich selten gesehen, wahrscheinlich war ich auch wegen des direkten Vergleichs so sehr begeistert. Die Griechen überraschen mich! Erst vor ein paar Wochen habe ich in einer deutschen Zeitung über die schlimmen Zustände in der griechischen Metropole gelesen, und habe mich deshalb schon auf das Schlimmste vorbereitet. Doch auch der Bus stimmt mich positiv. Ebenfalls sehr modern und sauber verbindet er den Flughafen direkt mit dem Hafen Piräus. Auf der Fahrt versuche ich immer wieder Zeichen der Krise zu entdecken, die das Land so tief erschüttert, doch außer ein paar heruntergekommenen Häusern in den Außenbezirken werde ich nicht fündig. Im Gegenteil, die alle recht stattlichen Autos, die ich wahrnehme, verwirren mich noch mehr. Als wir uns dann endlich auf dem Schiff Richtung Sifnos befinden, frage ich mich: Wo bitte versteckt sie sich denn, diese Wirtschaftskrise?

Everyone can build a house, it needs a man to call it home

Wir gastierten nicht nur auf einer Insel. Da die Kykladen so viele und so nahe sind, bietet es sich an, mehrere Inseln zu besuchen, „Inselhüpfen“ nennt sich das. Wir begnügten uns, drei kennenzulernen.
Als wir auf Sifnos, unserem ersten Stopp ankommen, ist es bereits Nacht. Wir haben Glück und werden vom Hafen abgeholt. Die wundervolle Landschaft können wir allerdings erst am nächsten Morgen betrachten. Blau soweit das Auge reicht, gesprenkelt mit ein paar Tupften Weiß, im Kontrast dazu das Braun und Gelb der kargen Landschaft und, am Anfang recht irritierend, eine beachtliche Anzahl an Betongerüsten. Keine antiken griechischen Säulen, welche ihren, wenn auch geringen Beitrag zu einem idyllischen Ambiente leisten würden, sondern hässliche graue Rohbauten. Am Anfang noch leicht irritierend, ist dieses Bild nach ein paar Tagen bereits zur Gewohnheit geworden und wir schenken den zahlreichen halbfertigen Häusern (oftmals ganze Siedlungen) keine Beachtung mehr. In Santorini, allerdings, auf dem Rückweg zum Hafen, zieht dann doch noch ein hässlicher Betonbunker seine Aufmerksamkeit auf sich. „ Everyone can build a house, it needs a man to call it home“ leuchtet in grellem Rot von der grauen Wand, und mit diesem, wir fanden, sehr zutreffenden Spruch im Gepäck verlassen wir Santorini. Und wir fragen uns nach langer Diskussion, ob es denn nicht vielleicht einfach die Gemütlichkeit der Griechen ist, welche den ein oder anderen Bauherrn dazu verleitet, sein Bauprojekt über den Sommer auf Eis zu legen und auf den kühleren und ruhigeren Winter zu warten.

Glaube niemals an die Menschheit

Die verschiedenen Inseln sind in ihrer Art vielfach sehr unterschiedlich. Landschaft, Meer, Strände aber auch die Anzahl der Touristen, welche sich auf den Inseln aufhalten, variieren von einer Insel zur anderen. Auf Sifnos zum Beispiel bestimmen Ruhe und Gemütlichkeit das Inselgeschehen. Die wenigen Touristen, welche sich hier niederlassen, stören die Idylle kaum. Auf Santorini hingegen geht es zu wie in einem Bienenstock. Schiffe fahren stündlich in den Hafen ein und spucken jedes Mal eine Horde von Urlaubern aus, welche von einer Traube schreienden Zimmervermieter empfangen werden. Touristen spielen hier die Hauptrolle. Dementsprechend aufwendig gestaltet sich auch die Zimmersuche. Nachdem unser Bus endlich die Kraterwand (Santorini ist eine Vulkaninsel) besiegt hat und wir in Firá angekommen sind, machen wir uns auf die Suche nach einem Zimmer. Wir wissen, dass die Preise in Firá gesalzen sind, die Aussicht über das offene Meer und die steil abfallende Küste findet sich auf den Hotelrechnungen wieder. Deshalb probieren wir es im Zentrum des Getümmels erst gar nicht und hoffen, dass wir etwas außerhalb auf niedrigere Preise treffen. Doch als wir im ersten Hotel, in das wir uns hineinwagen nach einem Zimmer unter 80 Euro fragen, lächelt uns die überaus freundliche Rezeptionistin nur mitleidig an: Unter 150 Euro würden wir hier an der
Caldera garantiert nichts finden. Zum Beweis ruft sie einige umliegende Hotels an – nichts zu machen! Da macht sich auf einmal ein junger Mann, welcher die ganze Zeit schon im Raum war, bemerkbar und sagt uns, er könne uns ein Zimmer anbieten, allerdings am anderen Ende der Insel. Das Hotel gehöre seiner Tante und die würde uns dann sicher noch einen „special price“ machen. Doch ich bin misstrauisch. In der ganzen Stadt nichts unter 150 Euro? Dass ich nicht lache! Also lehnen wir dankend ab, und gehen. Keine 100 Meter weiter treffen wir auf ein kleines feines Hotel, fragen nach Disponibilität und Preise, und sieh einer an. Es sind drei Zimmer frei zu jeweils 45 Euro! Wir sind überglücklich, aber auch entrüstet über diese sehr miese Lüge.

Mc Donalds ist trotzdem für etwas gut

Da wir uns bereits in der Nebensaison befinden, fahren die Fähren zwischen den Inseln, aber auch nach Athen relativ selten. Unser Flug geht bereits um 14 Uhr und wir müssen daher schon am Abend vorher von Paros starten. Ein wunderschöner Sonnenuntergang verabschiedet uns, als wir mit der „Blue Star Naxos“ aus der Bucht von Parikia hinaus Richtung Festland fahren. Laut Plan sollen wir um Mitternacht in Athen ankommen. Lange haben wir hin und her überlegt und schlussendlich beschlossen, uns die eine Übernachtung zu sparen und direkt zum Flughafen zu fahren, wo wir hoffentlich die eine oder andere Minute ins Land der Träume entschwinden können. Nach einer recht unspektakulären, aber sehr windigen Überfahrt, kommen wir in Athen an und können direkt auf den Bus umsteigen, der uns zum Flughafen bringt. Eine ganze Weile laufen wir in der großen Halle herum, testen einige Stühle, aber finden nichts was unseren Erwartungen entspricht. Da entdeckt meine Freundin ein Mc Donalds, welches zu dieser Zeit, es ist 2 Uhr nachts, noch recht belebt scheint. Vielleicht gibt es da eine Schlafmöglichkeit, meint sie. Ich, die abgrundtiefe Mc-Donalds-Hasserin, bin nicht sehr begeistert, aber was soll‘s. Wir finden tatsächlich eine Bank, welche sich recht gemütlich anfühlt, und ich verbringen vier Stunden bei durchgehender Partymusik im MCi. Um 6 Uhr weckt uns eine Mitarbeiterin: Wir müssen jetzt leider gehen, der Morgenbetrieb beginnt! Wir gehen, ich für meinen Teil trotz der Gastfreundschaft mit Vergnügen, und diskutieren noch eine ganze Weile über Mc Donalds und seine Schandtaten.

Autorin: Veronika Felder

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