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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 04.10.2013
Leben

Fliegende Kunst

Veröffentlicht
am 04.10.2013
Sie sind sportlich und verrückt. Die Jungs vom Team Flying Art aus dem Vinschgau machen Parkour und Freerunning – eine nicht ungefährliche Sportart.
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Fünf Jungs in locker sitzenden Trainerhosen und langen T- Shirts stehen aufgereiht nebeneinander, oberhalb einer Treppe. Einige Passanten bleiben neugierig stehen. Was haben sie vor? Die Jungs nehmen Anlauf und springen. Synchron drehen sie sich in der Luft und machen einen Überschlag, was zu ungläubigen Blicken einiger älterer Herrschaften führt. Auch ich muss zugeben, dass mir kurz der Atem stockt, bevor die Jungs wieder sicher auf dem harten Beton aufkommen. Schließlich sieht man so etwas nicht alle Tage.

Intensives Training

Ich treffe mich mit fünf Jungs vom Team Flying Art auf einer kleinen Wiese in Latsch. Der 15-jährige Jonas Pircher hat leider keine Zeit. Hier wollen sie mir ihre Sprünge vorführen. Bevor es aber soweit ist, sind zehn Minuten gemeinsames Aufwärmen angesagt. Dann kramen die Sportler noch Schlüssel, Geldtaschen und Handys aus den Hosentaschen und es kann losgehen. Der 17- Jährige Marcus Jensen, der vor drei Jahren als erster der Sechsergruppe mit der Sportart begonnen hat, führt einen sogenannten „Wallflip“ vor. Dafür nimmt er Anlauf, stößt sich mit den Beinen vom Baum ab, dreht sich in der Luft als hätte er nie etwas anderes gemacht und kommt nach nur wenigen Sekunden stehend auf der Wiese an. Auch die anderen zeigen, was sie drauf haben.

Ich bin beeindruckt von der federleichten Wirkung der Sprünge. Dass jahrelanges Training dahinter steckt, kann ich nur erahnen. „Um einen Backflip vom Stand aus perfekt zu beherrschen, braucht es etwa ein Jahr Übung“, sagt Marcus. Auch der 16-jährige Alex Oberhofer hat lange trainiert, um heute über sechs, in einer Reihe sitzende Personen, springen zu können.

Spektakuläre Sprünge

Die Jungs lieben an ihrer Sportart vor allem die Freiheit. „Ich habe vorher Fußball gespielt. Damals hatte der Trainer das Sagen, jetzt kann ich das machen, was ich möchte“, sagt der 15-jährige Robin Diana. „Außerdem lerne ich Dinge, die nicht alle können und ich bin viel in der Natur.“ Das, was die jungen Südtiroler in ihrer Freizeit machen, nennt sich Parkour. Eine Sportart, die es etwa seit den 1980er-Jahren gibt und meist in großen Städten ausgeübt wird. Umso verwunderlicher, dass sechs junge Männer mitten im Vinschgau diesen Sport zu ihrem Lebensinhalt machen.

„Wir sind durch YouTube-Videos darauf aufmerksam geworden und dadurch haben wir uns dann auch kennengelernt“, erzählen sie zwischen ihren spektakulären Sprüngen. Sie treffen sich nach der Schule meistens zum gemeinsamen Üben. „Alleine macht es nicht so viel Spaß“, sagt Diana. Übungsorte sind Dorfplätze, Hinterhöfe, Spielplätze, aber auch die freie Natur und im Winter die Turnhalle. „Das ist das tolle an Parkour. Wir können den Sport überall und jederzeit ausüben“, so René Gamper. Gemeinsam zeigen sie noch einen synchronen Backflip: Einer zählt laut bis drei, dann springen sie gleichzeitig vom Stand aus hoch und drehen sich in der Luft nach hinten als wäre es ein Kinderspiel.

YouTube-Bekanntheit

Der Erfinder David Belle sieht Parkour nicht nur als Sportart, sondern als kreative Kunst. „Wir sehen das genauso, deswegen heißen wir auch Flying Art, fliegende Kunst“, schmunzelt Jensen. Freerunning oder Parkour ist die Kunst, sich durch Rennen und Springen fortzubewegen. Begeistert zeigen sie, was sie noch alles können und das ist eine ganze Menge: Handstand die Treppe hinunter, mit einem Satz auf eine Erhöhung springen, rollen, schwingen und balancieren sind nur einige Beispiele.

Ernsthaft verletzt haben sie sich bisher noch nicht. Prellungen und die ein oder andere Zerrung gehöre aber wie bei jeder Sportart einfach dazu. Um Verletzungen vorzubeugen heißt es dann auch trainieren, trainieren, trainieren. „Wir werden immer besser und dadurch bekannter. Je bekannter wir werden, desto größer ist die Chance, dass wir irgendwann davon leben können“, erzählt Vladimir Holzeisen, der mit seinen 18 Jahren der Älteste der Gruppe ist. Bereits jetzt hat das Team Flying Art einen Sponsor: die Marke Urban Classics, für die sie zurzeit ein Video drehen.

Neben ihren privaten Videos, die sie auf Youtube und Facebook gestellt haben, nimmt auch das neue Video viel Zeit in Anspruch. Aber das ist den Jungs ihre Sportart wert. Sie investieren viel Arbeit und wollen es einmal so weit schaffen wie ihr großes Vorbild Jason Paul, der 22-jährige Weltklasse-Freerunner aus Deutschland. Aber es sind auch die kleinen Dinge im Leben, für die sich das Trainieren bei den Jugendlichen lohnt. Oberhofer fügt den wohl besten Schlusssatz hinzu: „Das tollste ist sowieso, dass wir alle Treppen viel schneller hochkommen als die anderen.“

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