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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 16.11.2018
Meinung40 Wochen

Willkommen in Neuland

Veröffentlicht
am 16.11.2018
Mit Mutterpass, Youtube und einer Hebamme breche ich auf zur längsten Reise meines Lebens.
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Für den Start einer längeren Reise in ein fernes Land braucht es unbedingt einen Reisepass. Dafür muss man sich erstmal einen Online-Termin bei der Quästur besorgen, wochenlang darauf warten und derweil die richtigen Papiere zusammenkramen. Um am Ende vor dem Schalter trotzdem verzweifelt festzustellen, dass die gekaufte Stempelmarke um 50 Cent zu billig war und man die Prozedur schon wieder von vorne beginnen darf. Nicht so für die Reise, die ich im Mai diesen Jahres gebucht habe. Und das, obwohl sie die vermutlich längste meines Lebens werden wird. Erst dann zu Ende, wenn es mit mir auch schon zu Ende sein wird.

„Hakuna Matata!“

Schon spannend, denn über das Land, in das sie mich bringt, hat noch kein Reiseführer etwas geschrieben. Naja, den einen oder anderen Reisebericht gibt es schon. Aber wenn man dann erstmal selbst aufbricht, führt einen der Weg sowieso immer auf ganz eigene Abzweigungen, die – obwohl im selben Zielland unterwegs – am Ende bei jedem eine vollkommen individuelle Reise ergeben. Nicht umsonst kritzeln die sorglosen Traveller Sprüche wie „Carpe diem“, „Hang Loose“ oder „Hakuna Matata“ auf ihre vollgepackten Backpacks. Schließlich müssen sie sich für die perfekte Reise zu jeder Zeit in vollkommenem Vertrauen auf den gegenwärtigen Moment einlassen. Nur so kommt man zu den guten Bekanntschaften und den einzigartigen Erinnerungsfotos!

Ok, ich gebe es zu, so cool wie eine Surferin im zu kleinen Bikini, mit sonnengebleichten, langen Haaren und ausgestrecktem Daumen und kleinen Finger bin ich gerade nicht unterwegs. Mein Bikini zeigt zwar mittlerweile auch reichlich mehr Haut als mir lieb ist, aber nur weil meine Brüste bereits so groß geworden sind, dass ich sie auf meinem runden Bauch spüre, wenn ich mich leicht nach vorne beuge. Außerdem hat sich auch schon der eine oder andere Reisebericht in Form von Schwangerschaftsbüchern auf meinen Nachtschrank geschlichen und gesurft habe ich bisher nur auf den Kanälen der Youtube-Blogger, die dort über Alleingeburten, Windelfreiheit und Lotusmethoden erzählen. Trotzdem fühle ich mich immer noch sexy, glaube an das „Carpe Diem“ und lasse mich mit all den Informationen ganz gelassen jeden Tag auf neue Reise-Abenteuer ein.

„Herzmensch lebt wirklich, unfassbar!“

Heute: den ersten Besuch bei der Hebamme, der mich mit gefühlten 1.000 Treppen bis zum Ziel ganz schön fordert. Oben angekommen gibt es erstmal ein Kennenlernen auf schwarzen Sitzpolstern, bevor auch schon der bisher spannendste Moment der Reise ansteht. Stolz strecke ich der Hebamme meine kleine Kugel entgegen, auf der sie mit einem hellblauen Mikrofon und etwas glitschig-durchsichtiger Creme nach dem Herzmenschen sucht. Weil ich ihn in letzter Zeit schon ein paar Mal bewusst in meinem Bauch blubbern hab hören, weiß ich, wo es ihm am besten gefällt und vermute ihn auch nun gleich am richtigen Platz. Und dann macht er seinem Namen auch schon alle Ehre, streckt sein Herzchen nach oben und zaubert mir und seinem Papa das breiteste Grinsen unseres Lebens aufs Gesicht. Das Pochen doppelt so schnell wie meines und doch noch so klein. Herzmensch lebt wirklich, unfassbar! Direkt unter dieser dünnen Hautschicht in meinem Bauch.
Mittlerweile hat er schon kleine Fingernägel, kann schwitzen und wiegt in etwa so viel wie eine Tafel Schokolade. Und ich musste immer noch nichts dafür tun, dass das so ist. Faszinierend – auch wenn mich die Vorstellung von kratzigen Nägelchen in meinem Inneren etwas gruselt …

Zum Abschied gibt es für Herzmensch ein Geburtsdatum und für mich einen hellblauen Mutterpass mit ins Gepäck – ganz ohne Online-Termine, Warteschlangen und Stempelmarken. Damit steht den nächsten Reise-Etappen nun wohl nichts mehr im Wege. Hakuna Matata!

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