Was darf Satire?
In Österreich macht sie sich über tote Politiker lustig. Wie schaut es in Südtirol aus?
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Bild: Udo Leitner
Ein bisschen Spaß muss sein, und das gilt nicht nur für seichte Schlagerlieder. Wer das Kleingedruckte der seriösen Tageszeitungen liest und durch die virtuellen Welten des todernsten Nachrichten-Cyberspace surft, der darf auch an Witzeseiten und Sudoku-Spalten hängen bleiben. Es gibt wenig zu lachen zwischen Syrien-Krieg und Politiker-Fehden, da sei uns ein bisschen Spaß gegönnt. Weil alles ein Gegenstück braucht, einen Widerpart, der das Gleichgewicht bewahrt, hält die Satire der harten Realität den Spiegel vor.
Nicht immer gefällt unseren Politikern, was sie darin sehen. Sind sie ohne weiße Weste abgebildet, drehen sie ihrem Spiegelbild lieber den Rücken zu. Da verstehen sie keinen Spaß. Das macht aber nichts, denn einmal in den Raum gestellt, werden sie ihre Geister nicht mehr los. Und wenn einer dieser eitlen Politiker doch den einen oder anderen Vinschger Geist aus dem World Wide Web verbannen will, dann sendet sel auch eine Botschaft: In Südtirol, da ist Satire nur dann (politisch) korrekt, wenn sie an die Tür des Landeshauptmannes klopft und in Gestalt eines Ultner Bauern spricht.
Einer, der sich nicht gegen seine Verspaßung wehren konnte, war der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider im Jahr 2008. Die Hofnarren des österreichischen Staatsfernsehens heißen Stermann und Grissemann. In Willkommen Österreich platzierten sie ihre Hiebe schon wenige Tage nach Haiders Tod ganz tief unter der Gürtellinie. Es war das erste Mal, dass ich die Sendung sah, und mir stand der Mund weit offen. Stermann: Gibt es auch schon Wunder? Grissemann: Ja, der Kärntner Wirt, bei dem Haider seine letzten Stunden verbracht hat, hat angegeben, dass Haider nur Wasser bestellt hat. Aber einige Gäste haben Wodka-Flaschen gesehen. Stermann: Das heißt ja, Haider konnte Wasser in Wodka verwandeln!
Das ist Satire, die sich in den dunkelsten Grauzonen bewegt und den zarten Südtiroler Lachmuskeln höchstens ein nervöses Zucken entlockt. In Österreich klopft man sich hingegen lachend auf die Schenkel. Das hat mit dem tiefschwarzen österreichischen Humor zu tun und mit der Person Haiders – als umstrittene Persönlichkeit mit ebenso vielen Feinden wie Verehrern. Da war sie, die Fallhöhe – je höher einer in der Gunst seiner Mitbürger steht, desto tiefer unter der Gürtellinie setzt am Ende die Satire an. Das ist das physikalische und also natürliche Gesetz des Gleichgewichts.
Dem Luis sollen noch einige glückliche Jahre beschert sein, aber ein wenig locker machen dürfte man sich hier in Südtirol schon, wenn es um Satire geht. Spaß ist schließlich ein gesundes Korrektiv. Bis wir soweit sind, passt unser großer österreichischer Bruder auf uns auf und zeigt, wie es geht: Richard Theiner fiel Stermann und Grissemann schon zum Opfer.
veröffentlicht am 11. September 2013 2013-09-11T06:00:00+02:00
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